Der Fünfte Elefant
entsprechenden Aktivitäten von ihnen aus-
gingen.
Mumm blies Rauch von sich.
Eigentlich sol te man solchen Leuten nicht erlauben, sich mit
dem eigenen Tod aus der Affäre zu ziehen.
Aber… Er war doch gestorben, oder?
Von Sybil wusste er, dass die Wölfe beide Ufer kontrolliert hat-
ten, und zwar ziemlich weit flussabwärts. Nirgends eine Spur von
Wolfgang. Noch weiter am unteren Verlauf des Flusses gab es
Stromschnel en und einen zweiten Wasserfal . Was ihn nicht um-
bringen konnte, mochte zumindest den Wunsch in ihm wecken,
nicht mehr am Leben zu sein.
Vorausgesetzt natürlich, er hatte sich flussabwärts treiben lassen.
Flussaufwärts… auch dort gab es nur sehr schnell fließendes, weiß
schäumendes Wasser, bis hin zur Stadt.
Nein, unmöglich. Niemand konnte einen Wasserfal hinauf-
schwimmen, oder?
Eine sonderbare Kühle breitete sich in Mumms Nacken aus. A-
ber jede nur einigermaßen vernünftige Person würde das Land
verlassen. Wölfe suchten nach ihm. Tantony hatte ihn wohl kaum
ins Herz geschlossen, und wenn Mumm den König richtig ein-
schätzte, schmiedeten auch die Zwerge Rachepläne.
Es gab nur ein Problem: Wenn man das Bild einer vernünftigen
Person nahm und es auf das von Wolfgang legte, so erkannte man
überhaupt keine Übereinstimmung.
Es gab da eine alte Redensart: So wie ein Hund zum eigenen Er-
brochenem zurückkehrte, so wurde der Narr von seiner Torheit
angezogen. Wenn das stimmte, konnte Wolfgang nicht mehr weit
sein.
Mumm stand auf und drehte sich langsam um. Niemand lauerte
hinter ihm. Geräusche drangen vom Tor zur Straße: Gelächter, das
Geschirr von Pferden, das dumpfe Pochen von Schaufeln, die in
der Nacht gefal enen Schnee beiseite räumten.
Er kehrte in die Botschaft zurück und achtete darauf, dass er
immer mit dem Rücken zur Wand stand. Vorsichtig schlich er zur
Treppe und blickte dabei durch jede offene Tür. Er lief durch den
Flur, sprang, rol te sich auf dem Boden ab und verharrte an der
gegenüberliegenden Wand.
»Stimmt was nicht, Herr?«, fragte Grinsi. Sie beobachtete ihn
vom oberen Ende der Treppe aus.
»Äh, ist dir irgendetwas Seltsames aufgefallen?«, fragte Mumm
und klopfte sich verlegen Staub von der Kleidung. »Und mir ist
klar, dass wir uns hier in einem Haus mit einem Igor aufhalten.«
»Könntest du mir einen Hinweis geben, Herr?«
»Wolfgang, verdammt!«
»Aber er ist tot, Herr. Das ist er doch, oder?«
»Nicht tot genug!«
»Äh, hast du Anweisungen für mich?«
»Wo ist Detritus?«
»Er putzt seinen Helm, Herr!«, sagte Grinsi und schien der Panik
nahe zu sein.
»Bei den Göttern, warum vergeudet er seine Zeit mit so etwas?«
»Äh, weil wir in zehn Minuten aufbrechen müssen, um bei der
Krönungszeremonie zugegen zu sein.«
»Oh, ja…«
»Lady Sybil hat mich aufgefordert, dich zu suchen, und zwar mit
sehr fester Stimme.«
Genau in diesem Augenblick hal te Sybils Stimme durch den
Flur. »Sam Mumm! Komm sofort hierher!«
»Diesen Tonfall meine ich«, sagte Grinsi.
Mumm betrat das Schlafzimmer. Sybil trug ein anderes blaues
Kleid und ein Diadem. Ihre Miene war entschlossen.
»Ist es wieder eine vornehme Angelegenheit?«, fragte Mumm.
»Ich dachte, ein sauberes Hemd würde genügen…«
»Deine Galauniform hängt im Ankleidezimmer«, sagte Sybil.
»Der gestrige Tag war ziemlich lang und anstrengend…«
»Dies ist eine Krönung, Samuel Mumm, keine zwanglose Party!
Geh und zieh dich rasch an. Setz auch – und das möchte ich nicht
zwei Mal sagen müssen – den Helm mit den Federn auf.«
»Aber nicht die rote Strumpfhose«, erwiderte Mumm entgegen
aller Hoffnung. »Bitte!«
»Die rote Strumpfhose ist ein absolutes Muss, Sam.«
»Sie kneift an den Knien«, entgegnete Mumm, aber es war das
Murren des Besiegten.
»Ich sage Igor, er soll dir helfen.«
»Die Dinge müssen ziemlich schlecht stehen, wenn ich meine
Strumpfhose nicht mehr al ein anziehen kann, herzlichen Dank.«
Mumm wechselte die Kleidung und lauschte dabei nach… ir-
gendetwas. Vielleicht nach einem Knarren am falschen Ort.
Wenigstens war es eine Wächteruniform, auch wenn die Schuhe
mit Schnal en versehen waren. Ein Schwert gehörte dazu. Bei der
Kluft des Herzogs fehlte dieses, was Mumm von Anfang an für
ziemlich dumm gehalten hatte. Man wurde zum Herzog, weil man
gut kämpfte, und dann stand man plötzlich mit leeren Händen da.
Glas klirrte im Schlafzimmer, und Lady Sybil hob erstaunt die
Brauen, als ihr Mann
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