Der Fünfte Elefant
funkelnde Reißzähne zu ersetzen.
Bei den Göttern, wozu wir fähig sind, dachte Mumm.
»Igor?«, fragte er, als das Mädchen für alles zwei weitere Koffer
vorbeischleppte.
»Ja, Euer Ekfellenf?«
»Ich bin eine Exzel enz?«, wandte sich Mumm an Inigo.
»Ja, Euer Gnaden.«
»Und außerdem auch noch Euer Gnaden?«
»Ja, Euer Gnaden. Du bist seine Gnaden und seine Exzellenz,
der Herzog von Ankh, Kommandeur Sir Samuel Mumm, Euer
Gnaden.«
»Augenblick, warte mal. Ich weiß, dass ›Seine Gnaden‹ das ›Sir‹
aufhebt. Es ist wie mit einem Ass beim Pokern.«
»Im Grunde genommen hast du Recht, Euer Gnaden, aber hier
legt man großen Wert auf Titel, und deshalb sollte man alle
Trümpfe ausspielen.«
»Während meiner Schulzeit bin ich einmal Tafelwart gewesen,
und zwar mehrere Monate lang. Lässt sich damit etwas anfangen?
Lehrerin Windig meinte, niemand könnte die Tafel so gut putzen
wie ich.«
»Ein nützlicher Hinweis«, entgegnete Inigo mit ausdrucksloser
Miene. »Darauf könnten wir im Notfal zurückgreifen.«
»Unf Igorf war immer ›Herr‹ am liebften«, sagte Igor. »Wie kann
ich fu Dienften sein?«
Mumm deutete auf die Trophäen an der Wand.
»Ich möchte, dass sie so schnell wie möglich abgenommen wer-
den. Das kann ich doch verlangen, Herr Schaumlöffel, oder?«
»Du bist der Botschafter, Herr. Mmph, mmhm.«
»Nun, die Dinger verschwinden von der Wand. Und zwar al e.«
Igor bedachte die nach Kampfer riechende Trophäenmenge mit
einem besorgten Blick. »Auch der Schwertfisch?«
»Auch der Schwertfisch«, sagte Mumm fest.
»Und der Schneeleopard?«
»Beide, ja.«
»Und der Troll?«
» Vor allem der Trol . Kümmere dich darum.«
Igor erweckte jetzt den Eindruck, als wäre die an seine Ohren
grenzende Welt eingestürzt. Allerdings schien das sein normales
Aussehen zu sein.
»Waf foll ich mit ihnen machen, Herr?«
»Das liegt bei dir. Wirf sie von mir aus in den Fluss. Frag Detri-
tus nach dem Troll… Vielleicht sollte er beerdigt werden oder so.
Was gibt es zum Abendessen?«
»Wir haben frischen Walago*, Noggi**, Fclot***, Würftchen und
* Eine Art Feingebäck aus Gardinen.
** Buchweizenknödel mit was drin.
Schweinefleisch«, antwortete Igor, den die Sache mit den Trophä-
en aus der Fassung gebracht hatte. »Ich gehe morgen einkaufen,
wenn mir die Lady Anweifungen gibt.«
»Ist mit Schweinefleisch Schinken gemeint?«, fragte Mumm.
»Fo ungefähr«, erwiderte Igor.
»Und was ist in den Würstchen?«
»Äh… Fleisch?«, fragte Igor und schien bereit, die Flucht zu er-
greifen.
»Gut. Wir probieren sie.«
Mumm ging nach oben, folgte dem Geräusch der Stimmen und
betrat ein Schlafzimmer, in dem Sybil Kleidung auf ein Bett legte,
das so groß war wie ein kleines Land. Grinsi half ihr.
Die Wände waren vertäfelt, und am Holz des Bettes hatte sich
der Irre mit der Laubsäge ausgetobt. Nur der Boden bestand nicht
aus Holz, sondern aus Stein. Kälte ging davon aus.
»Hier sieht’s ein bisschen wie im Innern einer Kuckucksuhr aus,
nicht wahr?«, meinte Sybil. »Grinsi hat sich dazu bereit erklärt,
meine Zofe zu sein.«
Grinsi salutierte.
»Warum nicht?«, fragte Mumm. Nach einem solchen Tag er-
schien ihm eine Kammerzofe mit einem langen Bart vol kommen
normal.
»Die Böden in diesem Gebäude sind ein wenig kalt. Morgen
nehme ich Maß für Teppiche«, sagte Sybil fest. »Ich weiß, dass wir
nicht lange hier bleiben, aber wir sol ten unseren Nachfolgern et-
was Ordentliches hinterlassen.«
»Ja, Schatz. Das ist sicher eine gute Idee.«
»Dort geht’s zum Bad«, fuhr Sybil fort und deutete in die ent-
sprechende Richtung. »Offenbar gibt es heiße Quellen in der Nä-
*** Aus Pastinaken gebackenes Brot. Es sol wesentlich schmackhafter sein als langweiliges Weizenbrot.
he, und das Wasser wird hierher geleitet. Nach einem heißen Bad
fühlst du dich bestimmt besser.«
Zehn Minuten später schloss sich Mumm der Meinung seiner
Frau an. Das Wasser hatte eine seltsame Farbe und einen Geruch,
wie man ihn unter anderem von faulen Eiern erwartete, aber es
war heiß, und Mumm spürte, wie die Anspannung aus seinen
Muskeln wich.
Das nicht sehr angenehme Aroma von halb verdauten Bohnen
umgab ihn, als er sich zurücklehnte und ins Wasser sinken ließ.
Am anderen Ende der großen Wanne schwamm der Bimsstein,
mit dem er sich die Füße abgekratzt hatte. Er beobachtete ihn,
ohne ihn bewusst wahrzunehmen, während er die Gedanken die-
ses
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