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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nach den Maßstäben von Ankh-Morpork, obwohl
    manche Stile nie aus der Mode gerieten, die richtige Figur voraus-
    gesetzt. Sie bürstete ihr Haar, als sie sich näherte.
    »Äh, sie bleibt heute in der Botschaft. Wir hatten eine recht
    schwierige Reise. Du bist die Baronin Serafine von Überwald?«
    »Und du bist Sam Mumm. Sybil hat mir viel über dich geschrie-
    ben. Der Baron kommt gleich. Wir waren auf der Jagd und haben
    dabei die Zeit vergessen.«
    »Ich schätze, es ist viel Arbeit, sich um die Pferde kümmern zu
    müssen.«
    Ein oder zwei Sekunden lächelte Serafine unsicher. »Ha. Ja«, sag-
    te sie. »Igor kann dir einen Drink bringen, wenn du möchtest.«
    »Nein, danke.«
    Die Baronin nahm in einem der großen Polstersessel Platz. »Hast
    du den neuen König kennen gelernt, Euer Exzel enz?«
    »Heute Morgen.«
    »Ich glaube, er hat Probleme.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte Mumm.
    Serafine wirkte überrascht. »Ich dachte, das wüssten alle.«
    »Nun, ich bin erst seit kurzer Zeit hier«, sagte Mumm. »Deshalb
    gehöre ich wahrscheinlich nicht zu ›alle‹.«
    Zufrieden nahm er Serafines Verwirrung zur Kenntnis.
    »Wir… haben gehört, es gäbe ein Problem«, sagte sie.
    »Nun, ein neuer König, die Krönung muss organisiert werden…
    So etwas läuft nie ohne Schwierigkeiten ab«, sagte Mumm. Das ist also Diplomatie, dachte er. Man lügt, allerdings besseren Leuten
    gegenüber.
    »Ja, natürlich.«
    »Angua geht es gut«, sagte Mumm.
    »Möchtest du bestimmt keinen Drink?«, fragte Serafine hastig
    und stand auf. »Ah, da kommt mein Mann…«
    Der Baron kam wie eine Sturmbö herein, die mehrere Hunde er-
    fasst hatte. Sie liefen voraus und sprangen dann um ihn herum.
    »Hallo! Hallo!«, donnerte er.
    Mumm sah sich einem enormen Mann gegenüber. Er war nicht
    dick, auch nicht groß wie ein Riese, aber al es an ihm schien um
    zehn Prozent über den üblichen Maßstab hinauszugehen. Er hatte
    kein Gesicht mit Bart, eher einen Bart mit den Überresten eines
    Gesichts, das sich in der schmalen Lücke zwischen Schnurrbart
    und Augenbrauen zeigte. Er näherte sich in einer Wolke aus sprin-
    genden Körpern, Haaren und dem Geruch alter Teppiche.
    Mumm hatte sich innerlich auf einen ziemlich festen Hände-
    druck vorbereitet, doch als die Pranke zudrückte, musste er sich
    trotzdem noch sehr beherrschen, um keine schmerzerfül te Gri-
    masse zu schneiden.
    »He, freut mich sehr, dass du gekommen bist! Hab viel von dir
    gehört!«
    Aber nicht genug, dachte Mumm und fragte sich, ob er die Hand jemals wieder gebrauchen konnte. Sie blieb fest umklammert. Inzwischen waren die Hunde auf ihn aufmerksam geworden und
    beschnüffelten ihn.
    »Hab den größten Respekt vor Ankh-Morpork«, sagte der Baron.
    »Äh… gut«, erwiderte Mumm. Das Blut kam nicht weiter als bis
    zum Handgelenk.
    »Nimm Platz!«, bellte der Baron. Das schien typisch für seine
    Ausdrucksweise zu sein: Er sprach in knappen, kurzen Sätzen, die
    al e mit einem Ausrufezeichen endeten.
    Mumm wurde zu einem Stuhl geführt. Anschließend warf sich
    der Baron auf den großen Teppich und verschwand unter den
    aufgeregten Hunden.
    Serafine gab ein Geräusch von sich, irgendwo angesiedelt zwi-
    schen einem Knurren und dem »Ts, ts« einer missbilligenden Ehe-
    frau. Gehorsam schob der Baron die Hunde beiseite und sprang zu
    einem Sessel.
    »Du musst uns so akzeptieren, wie wir sind«, sagte Serafine und
    lächelte allein mit dem Mund. »Dies war schon immer ein sehr
    ungezwungener Haushalt.«
    »Ich finde es hier sehr gemütlich«, erwiderte Mumm unsicher
    und blickte sich in dem riesigen Raum um. Trophäen hingen an
    den Wänden, aber wenigstens waren keine Trollköpfe darunter.
    Waffen fehlten ebenfal s. Es gab keine Speere oder rostige Schwer-
    ter, nicht einmal einen zerbrochenen Bogen, was praktisch gegen
    das Gesetz für die angemessene Einrichtung eines Schlosses ver-
    stieß. Wieder sah er zur Wand, zur Schnitzerei über dem Kamin,
    senkte dann den Blick…
    Einer der Hunde – und Mumm gebrauchte das Wort Hund nur
    deshalb, weil sie sich im Innern eines Gebäudes aufhielten, einem
    Ort, an dem man normalerweise keinem Wolf begegnete – beo-
    bachtete ihn. Nie zuvor hatte er einen so abschätzenden Blick bei
    einem Tier bemerkt. Das Geschöpf versuchte ganz offensichtlich,
    einen Eindruck von ihm zu gewinnen.
    Hel es blondes Haar bildete eine Art Mähne und wirkte irgend-
    wie vertraut. Mumm glaubte, Ähnlichkeiten mit Angua zu erken-
    nen,

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