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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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südlich die A  6 von Westen nach Osten. Unendlich viele Möglichkeiten zu verschwinden. Derzeit wurde das Areal von zwei Hundertschaften Bereitschaftspolizei durchkämmt, und es konnte noch Stunden dauern, bis alles abgesucht war.
    Â»Damit hätten wir ja endlich so etwas wie ein Motiv«, stellte Vangelis bei der ersten Lagebesprechung fest, nachdem ich von der Schießerei in Bulgarien berichtet hatte. »Fehlen nur noch die Täter.«
    Â»Die Frage ist, wie viele will Schivkov eigentlich noch umlegen?« Balke kratzte sich am Kopf. »Einen Russen für jeden toten Bulgaren? Dann stehen uns aufregende Zeiten bevor.«
    Â»Von mir aus kann er sie alle zusammen umpusten«, brummte Runkel mit vor Müdigkeit und Enttäuschung kleinen Augen. »Bin ich zur Polizei, um die Mafia zu beschützen?«
    Â»Im Moment sind das für uns potenzielle Opfer«, versetzte ich scharf. »Der Rest ist später Sache der Gerichte.«
    Â»Genau!« Balke wurde laut, was nicht oft vorkam. »Und am Ende darf ich dann mit meinen Steuern wieder mal die Gerichtskosten bezahlen, wenn die Herrschaften von ihren teuren Anwälten rausgehauen werden!«
    Â»Ich weiß nicht, warum«, sagte Vangelis langsam. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Schivkov seine Opfer willkürlich auswählt.«
    Â»Geht mir ähnlich«, sagte ich. »Ich glaube, er hat nach dem Massaker bei der Hochzeit seiner Tochter einen Plan …«
    Â»Hochzeit?«, fragte Balke alarmiert. »Sagten Sie eben Hochzeit?«
    Â»Hatte ich das nicht erwähnt? Die Schießerei hat sich bei der Hochzeitsfeier für seine jüngste Tochter …«
    Balke war schon auf den Beinen. »Bin in einer Minute zurück.«
    Als er atemlos wiederkam, trug er seinen aufgeklappten Laptop im Arm.
    Â»Dauert noch einen kurzen Moment«, sagte er durch die Zähne, während er in fieberhafter Eile irgendwelche Tasten drückte. »Es ist ein Video von der Speicherkarte, die Ihnen Dobrevs Frau mitgegeben hat. Das, was ich erst für ein Kneipenbesäufnis gehalten habe. Ich hatte nur ein bisschen drin rumgeklickt. Aber jetzt, wo Sie es sagen, ich meine, da war irgendwo eine Frau in Weiß.«
    Der Film begann damit, dass einige schwere Limousinen vor einer ländlichen Kirche vorfuhren. Beleibte, dunkel gekleidete Herrschaften bauten sich auf der Treppe auf. Als Letztes erschienen das Brautpaar und die glücklichen Eltern. Der korpulente Bräutigam wurde nur von seiner Mutter begleitet. Schivkovs Frau musste ungefähr drei Zentner wiegen. Die pummelige Braut war jung, strahlend gesund und auf eine ländliche Weise hübsch.
    Schnitt.
    Es folgte die Trauzeremonie, von der wir natürlich kein Wort verstanden, pathetische Musik aus einem rettungslos verstimmten Klavier.
    Â»Klasse Kamera«, meinte Balke und übersprang die Szene.
    Nun durften wir festlich gekleidete und blendend gelaunte Menschen dabei beobachten, wie sie um eine riesige, U-förmige Tafel herum Platz nahmen. Es schienen etwa vierzig Personen zu sein, und es gab eine Menge Gerangel, Geschiebe und Gelächter, bis jeder den ihm zugedachten Stuhl gefunden hatte. Zwei junge Kerle standen kurz davor, handgreiflich zu werden. Dabei schien es darum zu gehen, wer neben einem vielleicht siebzehnjährigen Mädchen sitzen durfte. Erst als sich ein Älterer einmischte und dem kleineren der beiden eine knallende Ohrfeige verpasste, kehrte Ruhe ein. Die Tafel stand in einem saalartigen länglichen Raum mit unbeschreiblich kitschigen Kronleuchtern an der Decke und hohen Fenstern an beiden Längsseiten. Die Kamera war fast ständig in Bewegung, viele Szenen mehr oder weniger verwackelt.
    Lange Tische wurden abgefilmt, die sich unter Schüsseln und Platten, Blumen und Flaschen bogen. Dazwischen immer wieder Menschen. Kräftige, rotgesichtige Bauernburschen schnitten Grimassen in die Kamera, Frauen und Mädchen hielten kichernd die Hand vor den Mund, wenn sie bemerkten, dass sie im Bild waren. Kreischende Kinder spielten Fangen oder versteckten sich unter den Tischen. Immer wieder das Brautpaar, dessen männlicher Teil schon merklich Schlagseite hatte, während die vor Aufregung und Freude rotgesichtige Braut angestrengt an der Linse vorbeistarrte.
    Schnitt.
    Alle hatten ihren Platz gefunden, vor den Fenstern dunkelte es schon. Reden wurden gehalten, ausschweifende Reden. Kinder mussten ruhig gehalten

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