Der fünfte Mörder
in Moskau reanimiert. Da braut sich etwas zusammen, was mit unserer Freundin zu tun hat.«
Der Journalist blätterte hektisch in Papieren, die auÃerhalb meines Sichtfelds lagen. »Seit Wochen herrscht rege Reisetätigkeit zwischen Berlin und Moskau, habe ich erfahren. Erst war es ein hohes Tier aus dem Kanzleramt. Zwei Wochen später Frau Helwich, begleitet von einem Kerl, der so desinteressiert guckte, dass er nur vom BND sein konnte. Vergangene Woche ist dann sogar eine regelrechte Delegation eingeflogen, und wieder war die Staatssekretärin dabei. Alles natürlich unter strengster Geheimhaltung. Auch mein Kontakt hat nur zufällig davon erfahren, weil er jemanden am Flughafen kennt.«
»Und was wollten die Herrschaften in Moskau? Wer waren ihre Gesprächspartner in der russischen Regierung?«
Machatscheck grinste traurig in seine Webcam. »Nix russische Regierung. Man hat sich mit irgendwelchen zwielichtigen Figuren aus der Halbwelt getroffen. Typen, die in Maybachs vorfahren oder in Bentleys und ohne eine Armee von Leibwächtern ihr Haus nicht verlassen. Nur das erste Gespräch hat in der deutschen Botschaft stattgefunden. Später hat man sich immer in einem Hotel getroffen, im Baltschug Kempinski.«
»Wenn Sie jetzt noch sagen, die Herren mit den dicken Autos kämen aus dem Dunstkreis unserer gewissen Person â¦Â«
»Sie treffen den Nagel auf den Kopf.« Machatscheck seufzte wohlig wie ein Raubtier, das die lange gejagte Beute plötzlich ganz nah vor sich sieht. »Da ist eine ganz dicke Suppe am Kochen. Diese Story könnte meine neue Altersversorgung werden, ich spüre es. Meine alte hat sich ja leider zusammen mit einer gewissen schottischen Bank in Luft aufgelöst.«
Am Dienstagmorgen klingelte kurz nacheinander zweimal mein Telefon. Beim ersten Mal war Thorsten Falk am Apparat, der Filialleiter der Bank.
»Ich habe die Bohrmaschine bei eBay eingestellt«, sagte er. »Aber es ist nichts passiert. Der Informant hat sich nicht wieder gemeldet.«
»Also doch nur ein SpaÃvogel, wie ich vermutet hatte.«
Wir beschlossen, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
Der zweite Anruf kam von Balke: »Prembeck ist wieder mal verschwunden.«
»Wir haben keinen Haftbefehl gegen ihn. Er kann verreisen, so oft und wohin er will.«
»Ich dachte nur, Sie sollten es wissen. Seine Busenfreundin in der Wohnung darunter sagt, sie hat seit Tagen nichts mehr von ihm gehört oder gesehen.«
»Meldet er sich normalerweise bei ihr ab, wenn er verreist?«
»Normalerweise verreist er überhaupt nicht, sagt sie. Er hängt die meiste Zeit in seiner Wohnung rum, sitzt vor dem Computer, trampelt herum oder glotzt aus dem Fenster.«
Ich bat Sönnchen, mir eine Verbindung zur Mannheimer Notrufzentrale herzustellen. Es klappte fast sofort.
»Sie haben in der Nacht von Samstag auf Sonntag einen Anruf gekriegt«, begann ich.
»Wir haben in der Nacht von Samstag auf Sonntag ungefähr tausend Anrufe gekriegt«, versetzte der Mannheimer Kollege hochnäsig, dem offenbar nicht klar war, mit wem er es zu tun hatte. »Um was gehtâs denn?«
»Um eine Brandsache.«
»Brandsache. Soso. Wann ungefähr?«
»Kann ich nicht genau sagen. Vor elf.«
Ich hörte Tastaturklappern.
»Da war was, ja. Zweiundzwanzig Uhr siebenundzwanzig, leer stehende Fabrikhalle bei Ketsch. Und?«
»Ich würde gerne die Aufzeichnung hören.«
Nun entspann sich eine kurze Diskussion darüber, dass da ja jeder kommen könne, ich jedoch keineswegs jeder war, sondern der Chef der Heidelberger Kriminalpolizei persönlich. SchlieÃlich sah er ein, dass ich am längeren Hebel saÃ. Es knackte, und wenig später hörte ich Sarah oder Louise â am Telefon konnte ich ihre Stimmen meist nicht unterscheiden â in heller Aufregung den Brand melden. Immerhin hatten meine Mädchen also auch in diesem Punkt die Wahrheit gesagt. Als ich auflegte, schämte ich mich für mein Misstrauen und beschloss, ihnen nichts von meinem Kontrollanruf zu sagen.
Um elf hatte ich wieder einmal eine Pressekonferenz zu überstehen. Die Medienleute interessierten sich inzwischen mehr für die drei Toten, die es innerhalb von nur zehn Tagen gegeben hatte, als für den inzwischen schon leicht angestaubten Bankraub. Liebekind, die Staatsanwältin und ich waren im Vorgespräch übereingekommen, uns
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