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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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weiterhin bedeckt zu halten. Wir verfolgten zahllose Spuren. Wir waren den Tätern näher, als diese in ihren schlimmsten Träumen fürchteten. Aber aus ermittlungstaktischen Gründen wurden Details nicht verraten und Fragen nicht beantwortet. Punkt.
    Der Rest des Tages verstrich mit Nichtigkeiten. Je später der Nachmittag wurde, desto mehr freute ich mich auf Theresa. Um sieben wollten wir uns treffen, in der Wohnung, und heute würde es das Fest werden, das es letztes Mal nicht hatte sein wollen. Champagner hatte ich schon gekauft und kaltgestellt. Um fünf konnte ich kaum noch ruhig sitzen.
    Um zehn nach fünf klopfte Sönnchen. Sie war blass.
    Â»Tut mit wirklich leid, Herr Gerlach«, sagte sie leise, »wenn ich Ihnen die gute Stimmung verhageln muss.«

    Â»Aber das ist ja entsetzlich!« Theresa drückte mich fest an sich. »Ich habe von der toten Frau im Radio gehört, am Vormittag schon. Aber ich konnte ja nicht ahnen …«
    Â»Sie hat alles an Tabletten geschluckt, was sie in ihrem Badezimmerschränkchen gefunden hat.« Die Wärme von Theresas Körpers tat mir gut. Ihre Stimme tat mir gut, ihr Geruch, ihre Nähe. »Nichts von diesen Tabletten war wirklich tödlich, verstehst du? Es war ein völlig idiotischer und dilettantischer Selbstmordversuch. Aber der Pillencocktail hat bewirkt, dass sie eingeschlafen ist. Im Schlaf hat sie sich erbrochen, und daran ist sie dann erstickt. Zwei, drei Stunden nachdem ich sie verlassen habe, muss sie schon tot gewesen sein.«
    Â»Und heute hat man sie erst gefunden.«
    Â»Der Gerichtsvollzieher. Er wollte einen Fernseher abholen, für den seit Monaten keine Raten mehr bezahlt wurden. Als sie nicht geöffnet hat, hat er die Tür aufbrechen lassen.«
    Gemeinsam lauschten wir den Geräuschen von der Straße. Beschwingte Schritte, das Lachen von Menschen ohne Sorgen, das müde Brummen eines Autos auf der Suche nach einem Parkplatz.
    Â»Ich hätte es merken müssen«, sagte ich schließlich und löste mich von meiner Geliebten. »Es war so was von offensichtlich, dass diese Frau am Ende war. Ich hätte …«
    Â»Du kannst nicht die ganze Welt retten«, fiel sie mir ins Wort und zog mich in einer Weise an sich, die keinen Widerstand zuließ. »Manchmal ist man machtlos. Sogar du.«
    Später setzten wir uns nebeneinander auf das kleine bunte Sofa, das Theresa im Frühjahr organisiert hatte. Ich lehnte meinen Kopf gegen ihre Schulter. Nichts brauchte ich jetzt mehr als einen Menschen, der mich hielt. Der verstand, was in mir vorging.
    Auch an diesem Abend gab es keinen Sex. Auch dieses Mal blieb die Champagnerflasche ungeöffnet. Stattdessen gab es viel Stille und gemeinsames Atmen und ein wenig Liebkosen.
    Die Fenster standen offen. Die Luft, die hereinwehte, war weich.
    Draußen war ein wunderschöner Maiabend.
    Wonnemonat, was für ein Wort!
    Ich wurde das Bild nicht los. Rosalind Dobrev, die hässliche, magere Frau mit dem viel zu schönen Vornamen. Wie sie mir gegenübersaß, an ihrem billigen Küchentisch, die Tasse in ihrer Hand, aus der sie kaum trank. Ihr unruhiger Blick, dem es nicht mehr gelingen wollte, irgendetwas festzuhalten von dieser Welt.
    Mir war kalt.
    Â»Was steht in ihrem Brief?«, fragte Theresa irgendwann.
    Â»Das Übliche. Ich kann nicht mehr. Niemand ist schuld. Für die Kinder ist es besser so.«
    Die große geblümte Kaffeetasse in ihren schmalen, knochigen Händen.
    Theresa streichelte mich und schwieg. Sie wusste, hier gab es nichts zu sagen.

28
    Zu Hause angekommen, fand ich die Wohnung dunkel. Die Zwillinge waren jedoch nicht etwa ausgeflogen, wie ich im ersten Moment fürchtete, sondern lagen brav in ihren Betten. Ich wünschte ihnen eine gute Nacht, ging ins Wohnzimmer und schaltete meinen PC ein.
    Kaum war der Rechner betriebsbereit, poppte ein Fensterchen auf und verkündete, ein gewisser Herr Machatscheck wolle mich sprechen.
    Inzwischen war es halb zwölf.
    Â»Ich glaube, ich habe da was für Sie«, begann der Journalist. Sein Mondgesicht bewegte sich heute ein wenig ruckelig, die Stimme war jedoch klar. »Ich habe einen alten Kontakt aufgetan zu einer Kollegin, die ich von einer NATO -Tagung in Prag kenne. Die Frau ist absolut verlässlich. Und sie konnte mir einige Hintergrundinformationen beschaffen zu Ihrem Anton Schivkov.«
    Â»Ich bin ganz Ohr.«
    Â»Diese

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