Der fünfte Mörder
aufgeräumt. »Am Telefon keine Details und keine Namen.«
»Letztes Jahr haben Sie mir von einer Geschichte erzählt, die in der Nähe von Moskau spielte und bei der etwa fünfzig Frauen ums Leben kamen. Es ging um einen Brand in einer psychiatrischen Klinik.«
»Hm.« Plötzlich zögerte Machatscheck. »Das ist nun wirklich nichts fürs Telefon. Wir treffen uns, okay? Sagen wir: In exakt vierundzwanzig Stunden am selben Ort wie letztes Mal?«
Wie schon damals kam mir seine Geheimniskrämerei übertrieben vor. Andererseits schien es in unserem aktuellen Fall viele Dinge zu geben, die ich noch vor einer Woche eher in einem billigen Spionageroman als in der Heidelberger Wirklichkeit vermutet hätte.
Es kam nichts in die Zeitung. Und vermutlich hätte mich auch niemand erkannt, wenn ich keine Sonnenbrille getragen hätte. Zugunsten meines kranken Autos verzichtete ich auf das Mittagessen. Eine Streife brachte mich nach Schlierbach, die Kollegen hängten den Peugeot ans Abschleppseil, und eine halbe Stunde später kurvten wir auf den Hof der kleinen und wenig vertrauenerweckenden Reparaturwerkstatt südlich von Wieblingen. Auf dem betonierten Hof vor dem lilafarbenen Tor standen mehr oder weniger ausgeschlachtete Wracks von mehr oder weniger alten Autos herum. In einer Ecke ein Riesenstapel abgefahrener Reifen. Auf der anderen Seite schmierige und rostige Fässer undefinierbarer Farbe.
Der Firmeninhaber hatte uns offenbar gehört. Er trat gemessenen Schrittes durch das hohe Tor aus seinem Reich, blinzelte ins Licht, während er seine schwarz verölten Hände an einem nicht weniger schmutzigen Lappen abwischte. Fachmännisch murmelnd umrundete er meinen Peugeot, während ein junger Kollege in Uniform das Abschleppseil im Kofferraum des Streifenwagens verstaute und versuchte, so zu tun, als wäre ihm die Angelegenheit kein bisschen peinlich.
»Was hat er?«, fragte der Mann im dunkelblauen Overall schlieÃlich. Ein stark angerostetes Schild über dem Garagentor verriet, dass er Jeremias May hieÃ.
»Kolbenfresser, haben sie in der anderen Werkstatt gesagt.«
»Oh, oh«, lautete Herrn Mays Kommentar.
»Die wollten ihn gar nicht mehr reparieren. Lohnt sich nicht mehr, hieà es.«
»Ja, ja«, meinte er.
»Ich habe gehört, Sie hätten eventuell noch Möglichkeiten?«
»Maschine tauschen lohnt wirklich nicht mehr bei Ihrem Prachtstück. Aber man könnt ihn vielleicht schon noch reparieren. Natürlich nur, wenn der Zylinder nicht allzu viel abgekriegt hat, und das Pleuel â¦Â«
Weitschweifig erzählte er etwas von Ausbohren, Honen, neuem Kolben mit ÃbermaÃ, schwacher Kompression, und ich begann, meine letzten Hoffnungen fahren zu lassen.
»Und was würde das kosten?«, fragte ich am Ende kleinlaut.
Herr May warf den Kollegen in Uniform einen langen Blick zu, als hätte er sie erst jetzt entdeckt. Die standen mit dem Rücken zu uns an ihren Wagen gelehnt und rauchten.
»Zweitausend«, sagte Herr May nach Sekunden mit schmalen Augen. »Falls nichts schiefgeht, fuffzehnhundert.«
»Mit Steuer oder ohne?«, fragte ich vor dem Hintergrund böser Erfahrungen.
»Mit«, erklärte Herr May und trat zwei Schritte näher. »Ohne Verwaltungskram gehtâs natürlich auch ein bisschen billiger.«
Zum Glück lachten meine Kollegen gerade über einen Witz, in dem es um FuÃball und Hoffenheim ging. Ich bin nämlich ganz entschieden gegen jede Form von Schwarzarbeit. Ich war das immer schon. Unsere Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn jeder nach Kräften seinen Teil der Kosten trägt.
»Kommt nicht infrage«, erklärte ich tapfer.
»Sie müssen es wissen«, sagte Herr May achselzuckend. »Ist Ihr Geld.«
»Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf«, sagte der gröÃere meiner beiden Abschlepper, während wir in die Stadt zurückfuhren. »Der Typ sieht aus, als würd erâs auch ohne Rechnung machen.«
»An so etwas bin ich nicht interessiert!«, fuhr ich ihn an. »Wo kämen wir hin, wenn wir auch noch anfangen würden mit dieser Unsitte?«
Er zog den Kopf ein und schwieg.
»Wir machen so was natürlich auch nicht, Herr Kriminaloberrat«, beeilte sich der Fahrer zu beteuern. »Ich meine, wo kämen wir schlieÃlich hin â¦Â«
Zweitausend Euro minus Umsatzsteuer und die
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