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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Wohnungstür Radau und Geschrei waren. Schließlich öffnete sich doch die Tür. Ein kleines Mädchen mit schokoladeverschmiertem Mund starrte uns neugierig an, kreischte: »Mamiii! Die vom Kinderamt sind wieder da!« und flitzte davon.
    Augenblicke später erschien die Mutter mit verquollenen Augen. Sie wirkte noch abgekämpfter als bei meinem ersten Besuch. Wieder stritten im Wohnzimmer am Ende des Flurs Kinder zum lärmenden Fernseher. Irgendwo plärrte sich das Baby die Seele aus dem Leib. Das Gesicht der Mutter hatte die Farbe von angeschimmeltem Käsekuchen.
    Â»Was ist denn jetzt schon wieder?« Sie musterte uns böse und hielt die Tür fest. »Ich weiß, dass die Kinder laut sind. Ihre Kollegen von der Trachtengruppe sind auch schon da gewesen.«
    Â»Wir brauchen etwas von Ihrem Mann«, sagte ich. »Ein Taschentuch. Haare oder seinen Kamm.«
    Â»Machen Sie nur. Nehmen Sie ruhig alles mit, was Sie von ihm finden. Bin froh, wenn mich nichts mehr an den Drecksack erinnert.«
    Balke hatte sich schon an ihr vorbeigedrängelt und war im Badezimmer verschwunden.
    Â»Haben Sie in der Zwischenzeit etwas von Ihrem Mann gehört?«, fragte ich – mehr, um die Zeit zu vertreiben, als in der Hoffnung auf eine Antwort.
    Â»Mal angerufen.« Sie schlug die Augen nieder und wirkte plötzlich unendlich müde. Der Lärm im Wohnzimmer ebbte vorübergehend ab. Etwas schepperte zu Boden. Auch der Fernseher war still, und selbst das Baby schien die Luft anzuhalten. Dann ging der Fernseher wieder an, und das Gezänk begann von Neuem.
    Â»Wann?«, fragte ich.
    Â»Dienstag. Glaub ich. Vorgestern war doch Dienstag, oder?«
    Â»Was hat er gesagt?«
    Â»Er schickt Geld.«
    Â»Und hat er Geld geschickt?«
    Â»Gestern, ja. Ein Jüngelchen ist gekommen und hat einen Umschlag gebracht.«
    Ich bat sie, das Jüngelchen zu beschreiben, aber sie konnte sich nicht einmal an die Haarfarbe erinnern.
    Â»Student, nehm ich an«, murmelte sie abwesend. »Hat jedenfalls so ausgesehen. Wie ein Student.«
    Â»Hat er irgendwas gesagt?«
    Â»Wer?«
    Â»Der Student.«
    Â»â€ºSind Sie Frau Dobrev?‹, hat er gesagt. Und dann hab ich ja gesagt, und dann hat er mir den Umschlag in die Hand gedrückt und sich wieder verpisst.«
    Â»Wie viel Geld war in dem Umschlag?«
    Â»Noch nicht aufgemacht«, verstand ich mit Mühe.
    Inzwischen stand Balke wieder bei uns und hörte zu.
    Â»Den Umschlag und das Geld muss ich leider mitnehmen«, eröffnete ich der Frau. Aber selbst das schien sie nicht weiter zu interessieren.
    Â»Sie kriegen selbstverständlich eine Quittung. Und falls das Geld aus legaler Quelle stammt, dürfen Sie es natürlich behalten.«
    Es dauerte geraume Zeit, bis der Umschlag in einer Küchenschublade gefunden war. Er war aus braunem Papier, Format DIN A5. Balke trug noch Latexhandschuhe und riss ihn an Ort und Stelle auf. Feierlich zog er einen Packen druckfrische Einhundert-Euro-Scheine heraus.
    Â»Zwanzig«, sagte er Sekunden später. »Zweitausend.«
    Â»Schade drum«, sagte Frau Dobrev mit unstetem Blick. »Hätt sie gut brauchen können, die schönen Scheinchen.«
    Balke hatte im Badezimmer nichts Verwertbares gefunden, erfuhr ich auf der Treppe. Dobrevs Zahnbürste war neu und unbenutzt. Am Boden waren zwar unzählige Haare verstreut gewesen, aber von allen möglichen Personen. Davon hatte Balke einige zusammengeklaubt und eingetütet.
    Â»Nehme an, er hat sich schon länger nicht mehr bei seiner Frau blicken lassen«, sagte er.
    Â»Vorläufig genügt es, dass wir DNA von Schivkov haben«, entschied ich. »Wenn er in dem Tunnel war, dann wird Dobrev nicht weit gewesen sein.«

    Von der ersten Sekunde an lief alles schief. Nichts war so, wie ich es mir ausgemalt hatte.
    Theresa war schon da, als ich – einige Minuten zu spät und mit klopfendem Herzen – die Tür zu unserer gemeinsamen kleinen Wohnung in der Ladenburger Straße hinter mir schloss.
    Wir küssten uns.
    Aber es war nicht wie früher.
    Da war immer noch etwas zwischen uns.
    Wir setzten uns an den Tisch.
    Wir sahen uns an.
    Â»Du bist immer noch sauer«, stellte Theresa fest. »Darf ich wissen, aus welchem Grund?«
    Â»Das weiß ich doch selbst nicht«, stöhnte ich. »Ich bin auch gar nicht sauer. Ich bin irgendwie … durcheinander.«
    Â»Weil ich meinen

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