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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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nichts?«, fragte ich noch einmal nach.
    Â»Du kannst sogar umsonst in Australien anrufen, wenn du willst.« Sarahs Stimme klang, als säße sie neben mir und nicht vor dem PC in ihrem Zimmer. Das Bild war ein wenig ruckelig und nicht ganz synchron zum Ton. »China, Amerika, total egal.«
    Versuchsweise tippte ich Machatschecks Namen ein, und Augenblicke später poppte ein kleines Fensterchen auf, das mir erklärte, er sei online. Noch bevor ich Zeit fand, mich zu wundern, schellte ein altertümliches Telefon unter meinem Tisch. Es dauerte einige Augenblicke, bis ich begriff, dass das fremde Geräusch aus meinem PC kam.
    Â»Schönen guten Abend, lieber Herr Gerlach«, hörte ich Machatschecks überraschend klare Stimme. »Der Anfang hat ja offenbar geklappt.«
    Â»War wirklich ganz einfach.«
    Er lachte nachsichtig. »Ich habe mich eine ganze Weile mit dem Zeug herumgequält. Aber wenn es mal funktioniert, dann ist es Gold wert.« Er wurde ernst. »Diese Dinge sind eine meiner letzten Hoffnungen in diesen trostlosen Zeiten. Es gelingt den Mächtigen dieser Welt einfach nicht mehr, die niederen Klassen auf Dauer unwissend zu halten. Selbst die Iraner werden der Informationsflut längst nicht mehr Herr. Und seit es im hintersten mandschurischen Bauerndorf moderne Handys mit Internetzugang gibt, weiß auch die Landbevölkerung Chinas, dass ihre Landsleute im Südosten dicke Autos fahren und es sogar im Winter warm haben.«
    Â»Irgendwelche Neuigkeiten in unserer Sache?«
    Â»Ich habe einen alten Bekannten in Belgrad kontaktiert. Er hat gute Kontakte nach Sofia und wird sich erkundigen. Eines kann ich aber jetzt schon sagen: Über offizielle Kanäle erfährt man nichts.«
    Das Jagdfieber eines alten Wolfs funkelte in seinen Augen.

    Am Freitagmorgen fand ich die Direktion in Aufruhr.
    Â»Voronin ist tot!«, erfuhr ich von Balke, der mir in der Tür atemlos entgegenkam. »Erschossen.«
    Â»Wie?« Ich machte kehrt und folgte ihm. »Wo?«
    Klara Vangelis erwartete uns mit dem Wagenschlüssel in der Hand neben einem der Dienstwagen, nickte uns stumm zu. Wir stiegen ein.
    Â»In Baden-Baden hat er sich nicht blicken lassen«, sagte Balke während der Fahrt. »Er ist bei einer Frau in Nußloch untergekrochen. Eine Verwandte, nehme ich an. Jedenfalls hat der Name auch russisch geklungen. Voronin heißt sie aber nicht.«
    Zwei Streifenwagen des örtlichen Polizeireviers und ein Notarztwagen, die vor dem Gartenzaun eines zitronengelb gestrichenen Hauses standen, ersparten uns die Suche nach der richtigen Hausnummer. Der Tatort lag ganz im Osten des Örtchens am Westhang des Kraichgau. Etwa zwanzig Meter dahinter stieg das Gelände fast senkrecht an.
    Das Vorgärtchen verriet Liebe zu Symmetrie und bunten Farben. Alle Fenster zur schmalen Wohnstraße hin waren vergittert.
    Balke läutete. Eine breite Matrone undefinierbaren Alters öffnete mit mürrischer Miene und ließ uns wortlos ein.
    Das Treppenhaus war eng und finster. Es roch nach scharf gebratenem Speck. Von einer gleichgültigen Handbewegung der Frau geleitet, stürmten wir die knarrende Holztreppe hinauf. Oben hatte schon vor unserer Ankunft Gedränge geherrscht.
    Der Arzt verließ eben das Zimmer, in dem der Tote lag.
    Â»Nichts mehr zu machen«, verkündete er mit Eunuchenstimme und steckte sich eine filterlose französische Zigarette an. »Kopfschuss. Wahrscheinlich war er sofort tot.«
    Ein uniformierter Kollege gab ihm Feuer. Der Notarzt stieg keuchend und gefolgt von einem hageren Sanitäter mit grauem Pferdegesicht die Treppe hinunter.
    Â»Wir kümmern uns mal um die Frau«, hörte ich ihn noch sagen.
    Voronin lag mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken am Fußboden. Ein athletisch gebauter großer Mann, dessen Geburtsort ich eher in Schweden als in Russland vermutet hätte. Er trug marineblaue Boxershorts, überall am Körper und im Gesicht sah ich Verbände und Pflaster von seinem Unfall auf der Autobahn. Das Fenster des Raums, in dem er offensichtlich die Nacht verbracht hatte, ging nach hinten zu einem licht- und trostlosen Gemüsegarten. Am Ende des Gartens eine steile, ockergelbe Lösswand. Darüber begann der Wald.
    Der Schuss hatte Voronin nicht in die Stirn getroffen wie die Wasserleiche, deren Name mir schon wieder entfallen war, sondern neben dem rechten Ohr. Am linken Hinterkopf war das

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