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Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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einer halben Stunde hier sein zur Wochenbesprechung. Ach nein …« Sie machte eine konfuse Handbewegung, bei der ihr um ein Haar das Zigarillo hinunterfiel. »Die habe ich ja abgesagt. Letzte Woche, nachdem Piotr …«
    Klara Vangelis erhob sich und verschwand lautlos.
    Â»Nachdem zum ersten Mal auf ihn geschossen wurde?«
    Die Witwe nickte stumm und strich die Spitze ihres übelriechenden Zigarillos am Aschenbecher ab, wobei die Hälfte der Asche auf dem Tisch landete.
    Â»Wer könnte Grund haben, Ihren Mann zu töten?«
    Â»Keine Ahnung.« Sie nahm zwei hektische Züge. »Von seinen Geschäften weiß ich kaum was. Er wird schon hie und da wem auf den Fuß getreten sein. So ist das halt im Business. Seine Geschäftspartner sind ja auch keine Chorknaben.«
    Â»Wie groß schätzen Sie das Vermögen Ihres verstorbenen Mannes?«
    Sie zuckte die über die Jahre knochig gewordenen Schultern unter dem dünnen, elegant fallenden Seidenkleid.
    Â»Mit solchen Sachen habe ich mich nie groß beschäftigt, wie gesagt. Das Geld war eben da, und es ist immer genug gewesen. Woher es gekommen ist, hat Piotr mir nicht erzählt, und ich wollt’s auch gar nicht wissen. Das Haus dürfte zwei bis drei Millionen wert sein. Unten in der Stadt haben wir eine Boutique. Wir führen nur gute Sachen: Prada, Dolce & Gabbana, René Lezard. Ich bin die Geschäftsführerin, aber natürlich gehört die Boutique Piotr. Wir haben Gütertrennung, wissen Sie. Er hat auch Devisengeschäfte gemacht, hab ich mal aufgeschnappt.«
    Â»Darf ich fragen, seit wann Sie verheiratet waren?«
    Sie stopfte das Zigarillo in den Aschenbecher, starrte es böse an und begann von einer Sekunde auf die andere, hemmungslos zu weinen. Ihr vermutlich mit zäher Disziplin zur Schlankheit gezwungener Körper bebte und zitterte, ihre Stimme klang wie die Schreie eines verirrten kleinen Vogels.
    Â»Scheiße«, sagte sie nach Minuten, nahm die Hände vom mascaraverschmierten Gesicht und zog lautstark die Nase hoch. »Scheißescheißescheiße!«
    Ich reichte ihr ein Papiertaschentuch und wiederholte meine Frage: »Wie lange waren Sie verheiratet?«
    Â»Drei Jahre. Piotr war schon früher … Zweimal. Schreckliche Weiber, die alle bloß hinter seinem Geld her waren. Die Erste, eine Russin, hat so oft gedroht, ihn umzubringen. Aber er hat sie ja nie ernst genommen, der Depp. Immer hat er nur gelacht. Und jetzt sieht man …« Sie sah mich groß an. »Ich kann Ihnen die Adresse geben von der fetten Schlampe. Sie wohnt in Lichtental draußen. Sie können gleich hinfahren und sie verhaften, das Dreckstück.«
    Â»Was war Ihr Mann eigentlich von Beruf? Er hat ja vermutlich etwas gelernt.«
    Wieder zuckte sie die Achseln. Ȇber seine Vergangenheit hat er nicht gern erzählt. Ich weiß, dass sein Vater Lehrer gewesen ist und die Mutter auch. Piotr hat mal bei einer Bank gearbeitet, früher, in Russland, das weiß ich. Es ist ihm wohl nicht schlecht gegangen. Aber irgendwann hat er wohl gedacht, dass er da nichts werden kann, und ist in den Westen.«
    Â»Wann war das?«
    Â»Vor fünfzehn Jahren? Oder so.«
    Mit zitternden Fingern steckte sie sich ein neues Zigarillo an, nahm einen gierigen Zug. Von oben hörte ich schwere Schritte auf knarrendem Parkett und halblaute Stimmen. Etwas polterte zu Boden. Draußen war Wind aufgekommen. Der Himmel hatte sich im Lauf des Vormittags bezogen.
    Â»Wissen Sie, was er damals für einen Wagen gefahren hat?«
    Â»Das erste Auto, das er sich in Deutschland gekauft hat, war ein Mercedes. Das hat er mir oft erzählt. Gebraucht. Aber S-Klasse natürlich.«
    Â»Demnach dürfte er damals noch nicht Millionär gewesen sein.«
    Â»Wohl nicht, nein.«
    Â»Und seit wann besitzt er diese Villa?«
    Â»Acht Jahre, glaub ich. Ja. Acht Jahre.«
    Â»Und Sie können mir nicht sagen, wie er in der kurzen Zeit zu so viel Geld gekommen ist?«
    Â»Nein. Kann ich nicht.«
    Ich erhob mich zum Zeichen, dass ich keine weitere Frage hatte. Und natürlich hatte ich am Ende doch noch eine: »Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt, Ihr Mann und Sie?«
    Â»In der Boutique.« Sie begann erneut zu weinen, fing sich aber wieder. »Ich hab da gearbeitet, wissen Sie. Und da haben wir uns kennengelernt.«
    Â»Waren Sie damals schon

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