Der Fürst der Dunkelheit
gönnen.”
Davon hatte Mark zwar nichts gesagt, aber er wollte doch bestimmt nicht, dass Heidi ganz allein durch die Stadt lief. Nicht wenn an seinen Erzählungen etwas Wahres war.
Nicht wenn sich geflügelte Kreaturen plötzlich in Vampire verwandeln und ein paar Schritte von der Bourbon Street entfernt Menschen anfallen konnten.
“Ähm, klar.” Mark schenkte Heidi sein freundlichstes Lächeln. “Ich führe Sie gern mal zum Essen aus.”
“Ich habe aber das Gefühl, dass ich hierbleiben sollte”, sagte Heidi starrköpfig.
Eigentlich wäre Lauren lieber selbst mit Heidi essen gegangen, um vielleicht eine Vorstellung davon zu bekommen, was plötzlich mit ihr los war.
Aber wäre das auch sicher? Selbst vorgewarnt und bewaffnet, mit ihrem Kreuz und einer etwas kleineren Wasserpistole in ihrer Handtasche, konnte sie sich wirklich gegen etwas wehren, an dessen Existenz sie kaum glaubte?
“Vielleicht sollte ich mit Heidi einen Happen essen gehen, und du könntest hierbleiben”, schlug Lauren vor.
Mark starrte sie mit finsterem Blick an.
Okay, keine gute Idee.
Er sah Heidi an. Seine Stimme war fest, er blickte ihr unverwandt in die Augen. “Heidi, lassen Sie uns zusammen etwas essen gehen.”
“Na gut.”
Zu Laurens Verblüffung stand Heidi auf, als wäre sie nie dagegen gewesen. Als ob es plötzlich die natürlichste Sache der Welt wäre.
Mark legte seine Hände auf Laurens Schultern. “Du rührst dich nicht vom Fleck. Und sei vorsichtig.”
“Wir sind hier in einem Krankenhaus. Draußen im Gang ist ein Polizist.”
“Sei vorsichtig”, wiederholte er.
“Natürlich.”
Was sollte ihr denn schon in einem Zimmer in einem Krankenhaus zustoßen?
“Wir bleiben nicht lange weg. Kommen Sie, Heidi”, sagte Mark.
Lauren griff nach einer Zeitschrift und schob einen Stuhl an Deannas Bett. Kaum waren die beiden gegangen, berührte sie die Stirn ihrer Freundin. Die Temperatur schien jetzt normal zu sein. Sie sah gut aus, die Atmung war gleichmäßig, und als Lauren mit zwei Finger ihren Puls fand, war er regelmäßig.
Und noch immer schlief sie wie eine Prinzessin, die auf den Kuss der wahren Liebe wartet, dachte Lauren verschmitzt.
Sie stand kurz auf, rückte den Fernseher zurecht. Sie zappte durch die Kanäle, gereizt, weil es nichts gab, was sie sich gern angesehen hätte. Nicht einmal die Shows, die sie sonst ganz unterhaltsam fand, konnten sie heute Abend reizen.
Sie entschied sich schließlich für einen Zeichentrick-Kanal.
Spongebob
, das war ganz okay für den Augenblick.
Mit einem Auge sah sie fern, mit dem anderen blätterte sie eins von Heidis Magazinen durch, als eine Schwester hereinkam, um nach Deanna zu sehen. Lauren spannte sich sofort misstrauisch an. Na großartig. Sollte sie etwa plötzlich alles und jeden verdächtigen?
Die Schwester hängte einen neuen Infusionsbeutel auf und versicherte Lauren, dass Deanna große Fortschritte mache und mit etwas Glück bald wieder zu sich kommen würde. Alle Lebenszeichen sähen gut aus, der Blutverlust sei bald wieder ausgeglichen.
Lauren dankte ihr, und nachdem die Schwester weg war, versuchte sie sich wieder zu beruhigen. Sie blätterte eine Seite um, aber sie machte sich Sorgen.
Was hatte sie da bloß getan?
Aggressiv
, das war noch die reinste Untertreibung, wenn es um ihr Verhalten an diesem Abend ging. Aber leid tat es ihr auch wieder nicht. Vorübergehend hatte sie alles vergessen können, dieses ganze Entsetzen, das plötzlich in ihr Leben eingedrungen war. Durch Mark hatte sie sich sinnlich, erotisch und schön gefühlt. Es war, als ob sie ihn schon ewig kennen würde, als ob alles auf der Welt ganz normal wäre.
Als ob …
Als ob sie nicht gerade erst mit den Untoten gekämpft hätten, als ob ihre beste Freundin nicht hier im Koma läge. Er schien genau der Richtige zu sein, der perfekte Mann, in den sie sich leicht verlieben könnte.
“Lauren.”
Beinahe wäre sie aus dem Stuhl gesprungen. Dann blickte sie aufs Bett.
Zuerst schien es nicht so, als ob Deanna sich überhaupt bewegt hätte. Aber dann streckte sie sich, als liege sie unbequem. Ihre Hände zitterten, glitten zu ihrem Hals.
Ihre Augen blieben geschlossen, aber ihre Lippen bewegten sich. Sie wisperte etwas. Lauren beugte sich über sie.
“Ich bin hier, Deanna. Was ist?”
“Die Wahrsagerin.”
Lauren hielt den Atem an. “Ich bin da, Deanna. Es ist alles in Ordnung”, brachte sie endlich heraus. “Was ist mit der Wahrsagerin?”
“Die Wahrsagerin”,
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