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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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hob mein Glas und trank den eisgekühlten Torgiano.
    Wenn wir nur geahnt hätten, was Fortuna in ihrem Füllhorn für uns bereithielt!
    »Zwei Feldherren vor der Schlacht«, hörten wir eine Stimme hinter uns. »Inspiziert ihr das Schlachtfeld?«
    Ich fuhr herum.
    Eleonora nahm der Amme den kleinen Luca aus dem Arm und schickte sie fort. Dann kam sie zu uns herüber.
    »Ich hatte nicht vor, Urbino noch heute Nacht zu erobern, Eleonora.« Ich erhob mich und küsste ihre Hand.
    Francesco beobachtete mich wie ein Tiger, dem ein anderer seine Beute streitig macht. Sprungbereit hockte er auf der Mauer.
    »Vielleicht eroberst du nicht ganz Urbino, Raffaello! Aber das eine oder andere Bett …« Ihr Lächeln war verführerisch. Sie wusste, dass sie ihren Gemahl damit provozierte. »Francesco jedenfalls muss das Schlachtfeld nicht mehr inspizieren. Er kennt alle Stellungen.« Bevor Francesco auf ihre Vorwürfe wegen seiner Affäre mit Clarissa Buffa reagieren konnte, küsste sie mich zärtlich auf die Lippen. »Ich freue mich, dich zu sehen, Raffaello! So wie Luca!« Sie reichte mir meinen Sohn.
    Luca sah mich neugierig an. Konnte er sich noch an mich erinnern, obwohl ich Urbino vor acht Monaten verlassen hatte? Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und ließ es erstrahlen. Ich küsste ihn auf die Wange.
    Francesco sprang von der Mauer, auf der wir gesessen hatten. »Ihr seht aus wie die Heilige Familie mit Kind«, lästerte er. »Ich muss jetzt zurück. Heute Abend habe ich noch zwei Audienzen.«
    Er wollte Eleonora einen Kuss auf die Wange geben, aber sie wich ihm aus. Francesco verzog verächtlich die Lippen und verschwand hinter einer Hecke in Richtung Palazzo Ducale.
    »Wie du siehst, Raffaello: Es hat sich nichts geändert«, seufzte Eleonora und setzte sich neben mich auf die Befestigungsmauer. »Er liebt mich nicht, und ich liebe ihn nicht. Er geht jede Nacht zu seiner geliebten Clarissa. Hin und wieder erinnert er sich seiner dynastischen Pflichten. Dann kommt er in mein Bett. Seine Art, mich zu entkleiden, ist wie das Schälen einer Orange vor dem Verzehr. Seine Art, sich an mir zu befriedigen, ist demütigend. Du solltest seine Wutausbrüche erleben, wenn ich ihm jeden Monat gestehen muss, dass ich nicht schwanger bin. Francesco ist ein Herrscher, ein Tyrann, sogar im Bett. Ich hasse ihn!«
    Luca sah seine Mutter erschrocken an. Mit seiner kleinen Hand streichelte er tröstend ihre Wange.
    Sie ergriff die Hand ihres Sohnes. »Luca nennt Francesco Papa«, sagte sie und brach in Tränen aus.
    Ich nahm sie in den Arm. »Das hatten wir doch so besprochen, Eleonora. Luca ist Francescos Erbe, sein erstgeborener Sohn – der nächste Herzog von Urbino. Natürlich nennt Luca ihn seinen Vater.«
    »Luca hat Angst vor Francesco …«, begann sie.
    Ich küsste ihr die Tränen von den Wangen.
    »Ich habe auch Angst vor ihm«, schluchzte sie so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte.
    »Angst?«, fragte ich entsetzt. »Vor Francesco?«
    »Du bist sein Freund, Raffaello. Sein Vertrauter. Dich respektiert er, weil du ihm selbstbewusst Widerstand leistest, weil du niemals vor ihm in die Knie gehen würdest. Er braucht dich, und das weiß er. Du hast unzählige Freunde: Leonardo da Vinci, Donato Bramante und Giuliano da Sangallo. Und einflussreiche Gönner noch dazu: Niccolò Machiavelli, Alessandro Farnese und Giovanni de’ Medici. Sogar der Papst ist dir wohlgesonnen. Du bist Francescos einziger Freund: Alle anderen sind seine Gefolgsleute. Uns andere behandelt er wie … wie Leibeigene.«
    »Wen behandelt er so?«, fragte ich.
    »Mich! Wenn ich einen gut aussehenden Mann wie Giuliano de’ Medici oder Baldassare Castiglione auch nur anlächele oder ihm die Hand zum Kuss reiche, wird er eifersüchtig. Und gewalttätig. Fioretta! Seine Schwester hat sich mir unter Tränen anvertraut. Sie hat sich in Gian Andrea Bravo verliebt, den Vertrauten von Herzog Guido. Die beiden treffen sich nachts im Garten. Als Francesco dahinter kam, hat er sie geschlagen! Fioretta hat ihr Bett drei Tage lang nicht verlassen.«
    »Hat Francesco dich auch geschlagen?«, fragte ich leise.
    Eleonora nickte. »Wenn er uns so sehen könnte – Hand in Hand, meinen Kopf an deiner Schulter –, würde er uns beide umbringen. Die Herzogin, die in ihren Hofmaler verliebt ist – das kann Seine Gnaden nicht dulden!«
    »Was sagt Herzog Guido dazu?«
    »Nichts, Raffaello. Er ist zu krank, seine Schmerzen fesseln ihn ans Bett. Francesco herrscht als Regent

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