Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
uneingeschränkt im Palazzo und im Herzogtum. Selbst Francesco Buffa, der Sekretär des Herzogs, spielt dieses Spiel mit – nicht nur weil seine Tochter Clarissa die Geliebte des nächsten Herzogs ist. Giuliano de’ Medici beobachtet und schweigt. Genauso wie Baldassare Castiglione, Pietro Bembo und Bernardo da Bibbiena.«
    »Und Caterina de’ Medici? Sie hat keine Angst vor Francesco – ebenso wenig wie vor Cesare Borgia.«
    »Francesco hat in einem Wutanfall Caterinas Laboratorium verwüstet. Niemand weiß, wie viele unschätzbar wertvolle Tinkturen dabei zerstört wurden«, seufzte Eleonora leise. »Seitdem schweigt Caterina.«
    »Was ist mit Herzogin Elisabetta?«
    »Francesco hat ihr gedroht, ihre Affäre mit deinem Vater Giovanni Santi bekannt zu machen.«
    Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Luca sah mich fasziniert an und griff in meine Haare.
    »Er plant irgendetwas – es geht um Fioretta«, sagte Eleonora. »Herzog Guido will sie mit einem Sforza aus der Familie von Ludovico il Moro von Mailand verheiraten.«
    »Francesco hält Herzog Guidos Plan für eine strategische Fehlentscheidung. Die Sforza sind seit der französischen Invasion nicht mehr an der Macht, und Ludovico il Moro ist ein Gefangener von König Louis XII .«, seufzte Eleonora. »Francesco sucht selbst einen Ehemann für seine Schwester. Erst vor wenigen Tagen war wieder einer seiner Favoriten hier.«
    »Wer ist es?«, fragte ich.
    »Das weiß Gott allein – und Francesco! Der Mann kam incognito. Er trug eine Maske. Ich habe nur seine Augen gesehen …«

    Ende Juli hörte ich von Leonardo aus Florenz, dass Michelangelo in Bologna den Bronzeguss der Statue von Papst Julius vollendet hatte. Mit einem gewissen Zynismus vermerkte Leonardo in seinem Brief, dass die gigantische Statue nur zur Hälfte aus der Gussform gekommen war – der Rest war im Schmelzofen stecken geblieben.
    Leonardo hatte Michelangelo nie vergessen, dass er ihn wegen des Reiterstandbildes von Francesco Sforza in Mailand beschuldigt hatte, ständig Dinge anzufangen, die er nicht zu Ende führen könnte. Leonardo hatte jahrelang erfolglos versucht, das Cavallo in Bronze zu gießen. Schließlich war sein gigantisches Terrakottamodell bei der Eroberung von Mailand durch die Franzosen zerstört worden.
    Nach all den Monaten harter Arbeit feierte Bologna Michelangelos Misserfolg wie einen Sieg über Papst Julius. Wie gedemütigt er sich fühlen musste! Drei Tage später, am 9. Juli 1507, hatte Michelangelo erneut den Schmelzofen angeheizt. Sein Zorn war gewiss heißer gewesen als die glutflüssige Bronze. Wenige Tage später kam die abgekühlte Statue aus der Form. Doch bis zu ihrer Aufstellung vor der Kirche San Petronio würden noch Wochen und Monate des Feilens und Polierens vergehen …

    »Wieso kannst du mich nicht im Palazzo Ducale malen? Giuliano de’ Medici hast du doch auch nicht in deine Werkstatt gebeten«, schmollte Fioretta.
    Ich malte Fiorettas schöne, geheimnisvolle und traurige Augen. Ihre sinnlichen, zusammengepressten Lippen.
    Sie war alles andere als glücklich verliebt. Sie hatte Angst vor Francesco. Das hatte sie mir vor wenigen Tagen während unseres Ausrittes in die Hügel um Urbino gestanden. Gian Andrea Bravo, der Vertraute des Herzogs, hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht. Die beiden Liebenden waren sicher, dass Herzog Guido dieser Ehe zustimmen würde …
    Am selben Abend hatte Francesco mich gebeten, Fiorettas Porträt zu beginnen, damit es bis zur geplanten Hochzeit im Herbst fertig war.
    War Gian Andrea Bravo oder der geheimnisvolle Fremde Fiorettas künftiger Ehemann?
    Ganz in Gedanken setzte ich ein Glanzlicht auf ihre Nasenspitze und betonte die Lidränder mit einem Hauch von Elfenbeinweiß.
    »Dieser Holzstuhl ist unbequem. Und bewegen darf ich mich auch nicht«, beschwerte sich Fioretta. »Du hast so viele Skizzen von mir gemacht, Raffaello! Ich weiß genau, dass du aus dem Gedächtnis malen kannst. Wieso muss ich dir nun auch noch Modell sitzen?«
    »Ich will mich mit dir unterhalten. Könntest du ein wenig lächeln, Fioretta?«, unterbrach ich sie und griff nach dem feinen Pinsel mit dem Karminrot für die Lippen.
    »Ich habe nichts zu lachen.«
    »Ich weiß, Fioretta. Tu es für mich, nicht für deinen künftigen Ehemann.«
    »Du weißt von Francescos Plänen?«, fragte sie überrascht.
    »Eleonora hat mir davon erzählt …«
    Fioretta nickte. Sie war mit Eleonora befreundet, obwohl sie wusste, dass ich mit ihr eine romantische

Weitere Kostenlose Bücher