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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Lilien.
    »Welche Ehre für Florenz, Maestro Raffaello! Ich warte seit Monaten auf deine Rückkehr aus Urbino«, sagte der Gonfaloniere, als er mich eintreten sah. »Die Republik Florenz hat einen Auftrag für dich. Nein, eigentlich sind es zwei große Fresken«, verriet er geheimnisvoll. »Aber das hatte ich dir ja geschrieben.«
    Unaufgefordert setzte ich mich auf den Sessel vor seinem Schreibtisch. »Welches Thema?«, fragte ich vorsichtig.
    »Es sind Schlachtszenen …«, begann Piero Soderini.
    »Nein, Gonfaloniere!« Ich erhob mich wieder. »Wenn Ihr glaubt, dass ich die Schlacht von Anghiari und die Schlacht von Cascina auf die Wände des Ratssaals male, habt Ihr Euch getäuscht.«
    Ich wandte mich zum Gehen.
    »Aber Maestro Raffaello, ich bitte dich: warte …«
    Ich blieb stehen. »Warum gebt Ihr nicht Sandro Botticelli den Auftrag …«
    »Nein!«
    »… oder Andrea del Sarto? Maestro Andrea ist ein guter Freskenmaler.«
    »Nein! Und nochmals nein! Du bist neben Leonardo und Michelangelo der Einzige, der es schaffen kann.«
    » Neben Leonardo und Michelangelo, Gonfaloniere? Hat denn einer von beiden seit meiner Abreise nach Urbino sein Bild vollendet?«, fragte ich mit gespieltem Erstaunen.
    Soderini stöhnte über meine Unbeugsamkeit. »Also gut, Maestro Raffaello! Du bist der Einzige, der die beiden Fresken an die Wand bringen kann. Du bist selbstbewusst und siegessicher wie Cesare Borgia«, beschwerte er sich.
    »Wie Cesare schlage ich keine verlorenen Schlachten, Euer Gnaden, weder die von Anghiari, noch die von Cascina. Entweder ich verwende eigene Entwürfe, oder die Wände im Ratssaal bleiben leer. Solltet Ihr Euch für letztere Alternative entscheiden, könnte ich Euch einen meiner Gehilfen schicken, der die Wände weiß streicht …«
    Piero Soderini kapitulierte bedingungslos.
    Endlich! Endlich hatte ich einen offiziellen Auftrag der Republik Florenz erhalten! Und nicht nur irgendeinen Auftrag – ich sollte den Ratssaal freskieren. Ich sollte das schaffen, woran Leonardo und Michelangelo gescheitert waren.
    Vergnügt und wohl ein wenig übermütig verließ ich den Saal der Lilien, um in den Palazzo Taddei zurückzukehren. Und stieß auf der Treppe mit Michelangelo zusammen, der zum Gonfaloniere wollte.
    Michelangelo blieb drei Stufen unter mir stehen und sah zu mir hoch. Auch ich blieb stehen. Unbeweglich.
    »Der Gonfaloniere hat dir den Auftrag gegeben, nicht wahr?«, fragte er schließlich.
    Ich nickte.
    »Wirst du die Schlachten malen?«, fragte er. »Soll ich dir den Karton der Schlacht von Cascina in deine Bottega bringen lassen? Ich habe gehört, dass du in San Marco arbeitest …« Michelangelo schien sehr gefasst, obwohl er annehmen musste, dass ich seine Entwürfe zu meinem eigenen Ruhm benutzen würde. Jeder andere Maler hätte es getan.
    »Ich werde keine der beiden Schlachten vollenden, Michelangelo«, sagte ich sanft, um ihn nicht zu verletzen. »Ich werde weder dich noch Leonardo kopieren. Ich werde mir mein Thema selbst wählen.«
    »Das ist … ungewöhnlich! Was willst du malen?«
    »Den Triumph der Freiheit .«
    Michelangelo lachte schallend. »Glaubst du daran, dass es so etwas wie die Freiheit wirklich gibt?«
    »Du nicht?«
    »Nein, Raffaello! Nicht, seit ich Papst Julius’ Lieblingskünstler bin. Und sein liebster Streitpartner! Im Vatikan zu arbeiten ist eine Form der Sklaverei.«
    »Wirst du nach Rom zurückkehren?«, fragte ich.
    »Nein. Ich habe von Piero Soderini einen Auftrag für einen Herakles erhalten, der dem David gegenüber auf der anderen Seite des Portals der Signoria stehen soll. Endlich kann ich wieder Marmor schlagen.«
    »Was ist mit Julius’ Grabmal?«
    »Ich habe den Papst gebeten, dass er mir erlaubt, den Moses und den Paulus hier in Florenz zu schlagen. Und die Sklaven. Die Marmorblöcke auf der Piazza San Pietro sind ohnehin alle zerstört. Und danach werde ich den angefangenen Matthäus für den Dom fertig stellen.«
    »Das sind acht große Figuren! Wo wirst du arbeiten?«
    »In meinem Haus in der Via dell’Anguillara. Das ist nicht weit von hier.« Er druckste herum. »Wenn du hier in der Signoria arbeitest, könnten wir uns hin und wieder sehen. Zum Essen, meine ich …«
    »Das könnten wir«, sagte ich.
    Er war noch nicht fertig mit dem, was er mir sagen wollte. Aber er konnte seine Gefühle nicht in Worte fassen. Er stieg eine Stufe hoch und dann noch eine und blieb stehen, um zu mir hochzusehen. »Es tut mir Leid, wenn ich dich vor einem Jahr

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