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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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konnte. Wusste der Papst von Guidos Tod, bevor der Herzog tot war? Mit anderen Worten: Hatte der Papst seinen todkranken Schwager ermorden lassen? Er brauchte einen starken Mann als Bannerträger im Krieg gegen Frankreich!
    Und warum bat mich Francesco nach Urbino? Ich war der Einzige, der die Wahrheit über den Mord an Signor Bravo wusste. Ich konnte jederzeit meinen Spielzug machen, und das wusste Francesco. Ich hatte ihn in der Hand. Wollte er mich aus dem Weg schaffen, weil ich ihm gefährlich werden könnte?
    Wie gerne hätte ich Niccolò Machiavelli um Rat gefragt, aber er war in Innsbruck am Hof von Maximilian. Und Piero Soderini, der mir als einem engen Freund der herzoglichen Familie sein Beileid aussprach, konnte und wollte ich mich nicht anvertrauen.
    Es gab nur einen Weg, die Wahrheit herauszufinden. Dieser Weg führte nach Urbino.

    »Ich hatte gehofft, dass du kommst, Raffaello! Aber ich habe nicht daran geglaubt«, gestand Francesco, als er mich im Arbeitszimmer des Herzogs in seine Arme schloss. Obwohl er die Haltung wahrte, die Baldassare Castiglione in seinem Libro del Cortegiano gefordert hatte, schien es mir, als würde er sich an mir festhalten.
    »Ich habe lange gezögert«, gestand ich ihm.
    »Das kann ich verstehen«, sagte er und ergriff meine Hand, um mich auf den Balkon zu führen, von wo aus wir einen fantastischen Blick über die Hügel um Urbino hatten. Über das Fürstentum, das nun seines war.
    »Glaubst du, dass eine Versöhnung zwischen uns möglich ist?«, fragte er mich. Als ich wortlos in den Sonnenuntergang starrte, sagte er bitter: »Dein Schweigen ist auch eine Antwort, Raffaello! Du glaubst also auch, dass ich Onkel Guido ermordet habe?«
    »Was ich glaube und was nicht, kann dir gleichgültig sein, Francesco.«
    »Das war es nie, Raffaello! Und das ist es auch jetzt nicht. Sag mir, was du denkst! Wir waren immer offen zueinander, haben uns die Wahrheit gesagt«, erinnerte er mich.
    Ich wandte mich zu ihm um und sah ihm in die Augen. »Die Wahrheit, Francesco? Was ist die Wahrheit? Du bist Herzog von Urbino – ohne päpstliches Placet! Du hast dich selbst ernannt.«
    »Ich hatte meine Gründe …«, wich er aus. Er sah mich nicht an, starrte über die von der untergehenden Sonne vergoldeten Hügel.
    »Welche?«, fragte ich scharf.
    Dieses eine Wort war schmerzhafter für ihn als die Klinge meines Degens, als ich ihn bei unserem Duell am Arm verletzt hatte.
    »Der Gonzaga-Clan will in Urbino die Macht übernehmen! Du weißt: Tante Elisabetta ist die Schwester von Francesco Gonzaga, dem Marchese von Mantua. Onkel Guido hatte sie in seinem Testament als Regentin eingesetzt, bis ich fünfundzwanzig Jahre alt bin. Meine Gemahlin Eleonora ist Francesco Gonzagas Tochter. Baldassare Castiglione aus Mantua war ein Gefolgsmann des Marchese, bevor er sich in die Dienste von Onkel Guido stellte. Und Giuliano de’ Medici hofft auf die Unterstützung aus Mantua, um die Medici zurück nach Florenz zu bringen. Der halbe Palazzo Ducale spielt dieses Spiel mit verdeckten Karten – schon seit Monaten! Es ist der sehnlichste Wunsch des Marchese, Herzog von Urbino und Gonfaloniere der Kirche zu werden.«
    Ich schwieg. Francesco Gonzaga war ein ruhmsüchtiger, arroganter Fürst. Wie sein Schwager Alfonso d’Este versuchte er seit Monaten erfolglos, mich als Maler und Architekt zu gewinnen. Doch ging es ihm um meine künstlerischen Fähigkeiten, oder wollte er mich als Freund und Vertrauten von Francesco della Rovere in Mantua festhalten?
    »Du glaubst also, dass der Marchese Gonzaga Guido ermordet hat?«, begehrte ich auf.
    Mein Freund legte mir die Hand auf den Arm. »Ich musste handeln, Raffaello! Ich musste Herzog werden, bevor der Marchese sich beim Papst ein Breve besorgt, das ihn zum Herzog von Urbino und Bannerträger der Kirche ernennt.«
    Ich schüttelte seine Hand von meinem Arm. Wie gerne hätte ich mit meinen Zweifeln dasselbe getan! »Wieso musste Luca sterben?«, fragte ich. »Er kam in der Thronfolge nach dir, Francesco! Wieso sollte der Marchese den kleinen Luca della Rovere ermorden und nicht dich als Nachfolger des Herzogs?«
    »Du glaubst mir kein Wort, nicht wahr? Du denkst, ich habe Onkel Guido ermordet, um Herzog zu werden. Und du glaubst, ich habe Luca beseitigt, um meinen und Clarissas Sohn als Erben einzusetzen.« Als ich schwieg, fuhr er fort: »Du glaubst, du könntest nun über mich richten, mich vernichten in diesem Spiel, das wir seit Monaten spielen. Lass uns

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