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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Perspektive erneut verschoben. Welche vernichtenden Wortgefechte hatten die beiden della Rovere sich noch vor Monaten geliefert. Und nun war Francesco wegen des Mordes an Alidosi vom Papst exkommuniziert und seiner Titel beraubt worden. Er sollte hingerichtet werden. Gedemütigt und in Ketten hatte Francesco jeden Grund, seinen Onkel zu hassen. Aber auch, ihn zu ermorden?
    Dann versuchte ich, mir Giovanni mit der Karaffe in der Hand vorzustellen. Wie er sich auf das Bett setzte, das Glas mit dem vergifteten Wasser füllte, den Kopf des Papstes anhob, um ihm das Glas an die Lippen zu halten. Ich schüttelte den Kopf, nicht nur um den Schwindel in meinem Kopf zu vertreiben. Giovanni – niemals! Er war kein Mörder. Selbst ein gerechtes Urteil im Mordprozess gegen Francesco della Rovere, das mit dessen Hinrichtung enden würde, fiel Giovanni schwer. Er würde sich mehr quälen als Francesco, während er im Hof der Engelsburg zum Richtblock des Henkers geführt wurde.
    Und Gian Giordano Orsini, der Schwiegersohn des Papstes? Ihm traute ich einen solchen Mord ohne weiteres zu. Er besaß die nötige Kaltblütigkeit, eine solche Tat zu begehen. Und er hatte den nötigen Ehrgeiz. Und doch – schrieb ich ihm diese Eigenschaften nur zu, weil ich ihn hasste? Weil er Felices Gemahl war, der Vater meines Sohnes? Weil er mich in Florenz gedemütigt hatte? Ja, ich hasste Gian Giordano Orsini aus vollem Herzen. Und ich wünschte mir nichts lieber auf der Welt, als dass er jetzt die Tür öffnete und das Schlafzimmer des Papstes betrat.
    Ich barg mein Gesicht in den Händen und wischte mir den Fieberschweiß aus den Augen. Meine Hände zitterten. Nicht nur wegen des Fiebers. Ich umklammerte die Armlehnen mit beiden Händen, um nicht vom Stuhl zu fallen.
    Dann wartete ich.
    Stundenlang.
    Der Mond war untergegangen, und es war finster im Schlafzimmer, als mich ein Geräusch an der Tür weckte.
    Ich war eingeschlafen!
    Lautlos setzte ich mich auf und starrte zur Tür hinüber. Leise ächzend bewegte sich der Türgriff. Die gusseisernen Türangeln knirschten und quietschten ein wenig, als die Tür vorsichtig geöffnet wurde.
    Ich hielt die Luft an.
    Jemand betrat den dunklen Raum.
    Der Mörder blieb stehen, verdeckt durch die Tür, sodass ich ihn nicht erkennen konnte. Wer war es? Ich beugte mich eine Handbreit vor, um meinen Blickwinkel zu ändern, aber der Stuhl knarzte, und so blieb ich regungslos sitzen, wo ich war.
    Er hatte mich nicht bemerkt. Lautlos trat er einen Schritt vor und schloss die Tür hinter sich. Ich konnte nichts erkennen außer einem Schatten in einer langen Robe, der eine geschliffene Glaskaraffe in der Hand hielt.
    War das Gewand eine purpurfarbene Soutane oder ein langer Mantel, wie ich ihn benutzte, um nachts maskiert vom Vatikan in die Via Giulia zurückzukehren?
    Der Schatten verharrte an der Tür und lauschte auf Geräusche in der Loggia und auf den regelmäßigen Atem des Papstes. Dann trat er einen Schritt vor, und noch einen, und ich sah die Farbe der Robe im diffusen Sternenlicht.
    Der Mörder trug einen purpurfarbenen Mantel! Eine Soutane!
    Giovanni!, schoss es mir durch den Kopf. Giovanni war der Mörder! Eine Welle der Übelkeit schwappte dem Bedauern hinterher, und beinahe hätte ich mich übergeben. Die eine Hand presste ich auf meinen Mund, um kein Geräusch zu verursachen, mit der anderen zog ich lautlos meinen Dolch.
    Er hatte das Bett erreicht.
    Ich sprang auf und stellte mich ihm in den Weg, bevor er die Glaskaraffe auf den Tisch neben dem Bett stellen konnte. »Keine Bewegung!«, befahl ich.
    Der Schatten schnappte überrascht nach Luft. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass jemand in dieser letzten Nacht seines Lebens am Bett des sterbenden Papstes wachen würde.
    »In nomine Dei!« , befahl ich. »Gib mir die Karaffe!«
    »Nein«, flüsterte der Schatten. »Im Namen Gottes!« Und dann ging er auf mich los, um an das Bett des Papstes zu gelangen.
    Mit meinem Dolch wehrte ich mich gegen die zugekorkte, mit Wasser gefüllte Kristallkaraffe, die mich an Kopf und Armen traf. Ich schwankte und wäre beinahe gefallen.
    Er wollte sich nun auf den Papst stürzen, aber ich zerrte am Atlasstoff des Purpurmantels und hielt ihn vom Bett fern. Irgendwie schaffte ich es, ihn mit meinem Dolch am Arm zu verletzen.
    Durch die Geräusche des Kampfes alarmiert, stürmte Paris de Grassis mit einem Kerzenleuchter in den Raum. Meine Schweizer Gardisten folgten ihm mit gezogenen Degen. Paris trat heran und

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