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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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teurem Nussöl. Der unverwechselbare Duft von rötlicher Terra di Siena verband sich mit dem dumpferen Geruch der schweren umbrischen Erde. Mit Goldocker und einer winzigen Prise Karminrot erstellte ich auf Leonardos Palette verschiedene Schattierungen für die Farbe der Haut, die ich mit gemahlenem Elfenbein aufhellte. Ich schloss die Augen und atmete tief die berauschenden Düfte der Farben ein, aus denen meine Träume gewebt waren.
    Dann begann ich seine Augen zu malen, die mich spöttisch zu beobachten schienen. Mit dem feinen Pinsel zog ich Wimpern und Lidfalte, dann schattierte ich die Augenlider und die halbmondförmigen Brauen. Ihre Augen waren blau. So blau wie die himmlischen Sphären kurz vor einem feurigen Sonnenaufgang. Zwei Glanzlichter setzte ich unter die Lidfalten. Dann trat ich einen Schritt zurück.
    Und zweifelte an mir selbst.
    Es waren nicht seine Augen. Sondern ihre.
    Erneut trat ich an die Tafel, um die Nase und den Mund zu malen. Die Schatten in den Mundwinkeln deutete ich nur an, die geschwungenen Lippen in der Farbe von Rosen lächelten nicht. Ihre Wangen waren mit einem Hauch von Morgenröte überzogen. Goldene Locken hatten sich aus der strengen Haartracht gelöst.
    So hatte sie mich angesehen, als sie mich verließ!
    Ich musste mich setzen und war minutenlang nicht fähig, meinen Blick von ihrem schönen Gesicht zu wenden. Kein Zweifel, ich hatte Felice gemalt!
    Leonardo hatte Recht: Jedes Gemälde ist das Spiegelbild des Malers! Ich sah mich selbst – in ihren Augen.
    Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in den Händen. Ich hatte sie zu spät gefunden, um mehr als eine Nacht mit ihr zu verbringen, und zu früh verloren, um sie für den Rest meines Lebens zu lieben. Tränen rannen über mein Gesicht, als ich mich erhob, um das Bild zu vollenden.
    Die Sonne neigte sich auf den Horizont, als Leonardo zurückkehrte.
    Er trat wortlos neben mich, um das Ergebnis meines inneren Ringens zu betrachten. Verstohlen beobachtete ich seine Reaktion, als sein Blick immer wieder von der Madonna Lisa zur Madonna Felice und wieder zurück irrte. »Jetzt verstehe ich, was du meintest, als du sagtest, du malst mit Licht, nicht mit Schatten. Und mit Farbe, nicht mit Schattierungen«, gestand Leonardo.
    »Ich bin wie alle Menschen«, sagte ich. »Ich sehe die Welt so, wie ich sie gerne hätte, und nicht so, wie sie tatsächlich ist.«
    »Seine Heiligkeit wird nicht begeistert sein, seine Tochter Felice zu sehen, wie Gott sie erschaffen hat«, wandte er ein.
    »Das geht nur Felice und mich etwas an!«, sagte ich scharf.
    »Und Gian Giordano Orsini. Ich habe gehört, dass sie ihn heiraten soll. Papst Julius gibt sie dem mächtigsten Mann in Rom zur Gemahlin. Willst du dem Conte Orsini das Bild schicken? Für sein Schlafzimmer?«
    »Nein!«
    »Wirst du es ihr schicken?«
    »Nein!«
    »Wirst du es überhaupt zu Ende malen?«
    »Es bleibt wie es ist: nonfinito .«
    Unvollendet – wie mein Blick in jenen düsteren Spiegel, in dem ich mich selbst zu erkennen glaubte.

    Die Madonna Felice ließ ich in Leonardos Werkstatt stehen, bis die Farbe getrocknet war. Ich wollte einen Grund haben, zu ihm zurückzukehren. Denn ich wollte seine Art zu komponieren, zu zeichnen und zu malen studieren: das bewegte und mit Leben erfüllte Gekritzel, die Federstriche, die sich zu einem unentwirrbaren Knäuel aus Linien verwickeln. Die Veränderungen der Haltung der Figuren, die Bewegungen, Gesten und Handlungen. Die Unbestimmtheit der Skizze und die Andeutungen, die die geistige Bewegung des Künstlers ausdrücken – und die unendliche Vielfalt von Möglichkeiten, die den Geist des Betrachters zum Nachdenken herausfordern und zu neuen Perspektiven führen.
    Es war später Nachmittag, und ich machte mich auf den Weg zurück nach Hause zum Palazzo Taddei. An einem Marktstand hinter den Ziegelmauern von San Lorenzo kaufte ich mir eine Hand voll gebrannte Mandeln, die ich genüsslich verspeiste, während ich langsam einem Eselskarren folgte, der die Via San Gallo entlangratterte.
    Nach Hause! Ich war erst ein paar Tage in Florenz und nannte den Palazzo Taddei mein Zuhause. Wie anders hatte ich mir meinen Aufenthalt in Florenz vorgestellt! Noch vor ein paar Tagen war ich arbeitslos gewesen, hungrig und durstig. Ich hatte auf der Marmorbank des Palazzo Medici geschlafen und von einer Bottega geträumt: eine kleine Wohnung mit einem Bett und einem Tisch und in einer Ecke meine Staffelei. Stattdessen lebte ich wie ein Nobile in einem

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