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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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dagegen tun?«, fragte ich gereizt.
    »Fliegen lernen!«, war Leonardos Antwort.

Kapitel 5
Dem Himmel so nah
    V or mir rumpelte der schwerfällige Ochsenkarren mit Leonardos Ornitottero über die Straße nach Fiesole. Die Flugmaschine mit ihren riesigen Flügeln zwang einige Bauern, ihre mit Früchten und Gemüse, mit Eiern und Käse, Fleisch und Geflügel beladenen Eselskarren in die sumpfigen Wiesen rechts und links neben der Straße zu lenken. Ihre derben toskanischen Flüche wehten hinter uns her.
    Wo war Leonardo?
    Ich drehte mich im Sattel um und hielt nach ihm Ausschau, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. Seit wir an diesem sonnigen Morgen zusammen mit Sandro Botticelli und Andrea Sansovino das Fluggerät auf den Karren verladen hatten, war er verschwunden.
    Taddeo, der uns mit seinem Gefolge von Freunden und solchen, die er dafür hielt, begleitete, lenkte seinen Hengst neben meinen. Er trug eine römische Toga und einen vergoldeten Lorbeerkranz im Haar. Seine Augen waren durch eine Karnevalsmaske verdeckt.
    »Ave Caesar!« , begrüßte ich ihn. » Moriturus te salutat – der Todgeweihte grüßt dich.«
    »Heil dir, Ikaros!«, rief Taddeo vergnügt und riss sich den Lorbeerkranz vom Kopf, um mir vom Sattel aus seine Reverenz zu erweisen. »Hast du dir das auch gut überlegt? Ikaros fiel vom Himmel, als er der Sonne zu nahe kam!« Taddeo deutete auf den Wagen mit Leonardos Flugmaschine.
    »Nikolaus Kopernik, der klügste Astronom Europas, hat mich davon überzeugt, dass die Sonne zu weit entfernt ist, als dass sie mir gefährlich werden könnte. Meine Schwingen sind auch nicht aus Wachs und Federn, sondern aus Holz und Seide und von Leonardo da Vinci, dem besten Ingenieur der Welt, konstruiert«, sagte ich.
    »Ich bin beeindruckt! Wo steckt unser Genie eigentlich heute Morgen?«, fragte Taddeo gut gelaunt.
    »Er hält uns mal wieder zum Narren. Er verbirgt sich hinter einer dieser Masken.« Ich deutete über meine Schulter auf die Reiter, die uns in einigem Abstand folgten. »Vielleicht ist er der Hermes Trismegistos dort drüben. Oder Lucifer, der Lichtbringer, dort auf dem tänzelnden Pferd. Die Maske entspräche ganz seinem subtilen Sinn für Humor«, witzelte ich.
    Mein Blick blieb an einer jungen Frau in der Maske der Göttin Aphrodite hängen. Ich hatte in den vergangenen Monaten auf den Empfängen des Principe und während der Bankette in den Palazzi seiner einflussreichen Freunde die Nobiltà von Florenz kennen gelernt. Sie hatte ich noch nie zuvor gesehen. Ich hätte mich erinnert. An ihre dunklen Augen. An ihr geheimnisvolles Lächeln.
    Taddeo hatte meinen Blick gesehen. »Das ist Eleonora Gonzaga. Die Tochter von Francesco Gonzaga, dem Marchese von Mantua, und seiner schönen Gemahlin Isabella d’Este.«
    Madonna Eleonora erwiderte meinen Blick. Ich nickte ihr höflich zu, und sie lächelte. Ihre Augen funkelten, strahlender als die mit Saphiren besetzte Ghirlanda in ihrem Haar.
    »Was macht die Tochter des Marchese in Florenz?«, fragte ich, ohne Eleonora Gonzaga aus den Augen zu lassen. »Sucht Aphrodite ihren Adonis?«
    »Sie scheint Adonis schon gefunden zu haben«, neckte mich Taddeo mit einem Seitenblick auf die Tochter des Marchese, die mir zulächelte. »Eleonora Gonzaga lernt die Lingua Latina im Kloster von Santa Croce. Vielleicht sogar Griechisch, wer weiß!«
    Wir hatten den Fuß des Monte Céceri bei Fiesole erreicht.
    Sandro Botticelli, Andrea Sansovino und ich sprangen von den Pferden und hoben Leonardos Fluggerät vom Karren, während sich unser Gefolge zu einem Picknick auf Brokatkissen und persischen Teppichen niederließ. Taddeo lag als Gaius Julius Caesar neben einem Kohlebecken, trank Wein, naschte getrocknete Feigen und genoss die ersten warmen Strahlen der Frühlingssonne. Baccio trug die Maske des Gottes Apollon, Niccolò das griechische Gewand des Platon.
    Meine eigene Maske als Ikaros war nicht weniger kostbar. Ich trug hautenge Hosen aus schimmernder weißer Seide, eine Tunika und zwei von Sandro Botticelli aus Draht, Papier und Federn gebastelte Engelsflügel, die aus einem Gemälde von Pietro Perugino stammen konnten.
    Als der Ornitottero abgeladen war, kamen einige Neugierige, um sich Leonardos Flugmaschine aus der Nähe anzusehen.
    »Willst du wirklich zu Gott aufsteigen, Maestro Raffaello?«, fragte die Tochter des Marchese, die plötzlich neben mir stand.
    Sie hatte die Maske der Aphrodite abgenommen. Ich sah in ihr Gesicht und war einen Augenblick sprachlos. Ich

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