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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Grenze zwischen dem Getreidefeld und der Wüste gezogen wurde, die für EuroForce-Käfer unüberwindlich war. Und die Käfer, das wusste niemand besser als Björn, waren das Rückgrat der EF zur Kontrolle der Wüste. Mit den Coptern und den kampfstarken, aber sehr teuren Kugelblitzen allein war keine lückenlose Überwachung möglich. Die Wüstenbuggys fuhren unter dem Sand dahin. Nasrid hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass diese Operation von größter Wichtigkeit war. Und zur Überraschung seiner Leute hatte er Björn das Kommando übertragen. Björn war fest entschlossen, ihn nicht zu enttäuschen.
    Ihre Zähne klapperten vor Kälte. Sie hatte nicht bedacht, wie kalt es nachts in der Wüste war, und schimpfte sich jetzt alle zwei Minuten eine Vollidiotin, die noch nicht einmal die notwendigsten Vorbereitungen treffen konnte, wenn sie ausbüchste. Wie ein Kind!, dachte sie, wie ein dummes Kind! Die Wasserschläuche baumelten ihr um den Leib. Einer davon war leck. Ihre Hose wurde durchnässt, das machte die Kälte noch unangenehmer. Der überladene Rucksack begann schon, ihren Rücken und ihre Schultern aufzuscheuern, denn das Rollerbike gab ihm einen ungünstigen Schwerpunkt, sodass er nicht ruhig an ihrem Körper anlag, sondern mit jedem Schritt hin- und herschwang. Ihre Schuhe waren schon voller Sand. Die Kälte hielt sie nicht davon ab, über all die anderen Gefahren nachzudenken, die hier in der Wüstennacht auf sie lauern mochten. Schlangen, dachte sie, was ist eigentlich mit Schlangen? Es dauerte eine Zeit, bis sie sich daran erinnerte, dass Schlangen wechselwarme Tiere waren und von der Kälte gelähmt wurden. Aber konnte man sich darauf wirklich verlassen? Dunkel war es wenigstens nicht, im Gegenteil, der Mond war fast voll und übergoss die Landschaft mit einem silbernen Geisterlicht, das ihr fast in den Augen wehtat. Treibsand. Man konnte in Treibsand auf Nimmerwiedersehen verschwinden, bevor man auch nur begriff, was vor sich ging. Und es gab doch sicher Nachtpatrouillen der EF, die erst schossen und dann nachfragten? Ich muss verrückt geworden sein, dachte sie mehr als einmal. Aber sie lief weiter, ihrer Ansicht nach in Richtung Süden. Als ihre Füße zu schmerzen begannen, fragte sie sich, ob sie das Rollerbike aus dem Rucksack holen sollte. Vielleicht wurde es ja auch mit einer sandigen Umgebung fertig. Sie hatte zwar nie davon gehört, dass jemand versucht hätte, Rollerbikes als Geländefahrzeuge zu benutzen, aber sie konnte es ja mal probieren. Wegen des diffusen Lichts entschied sie sich zunächst dagegen. Kleinere Steine und Felsbrocken warfen verwirrende Schatten, manchmal schien das ganze Vexierbild der vor ihr ausgebreiteten Mondlandschaft umzukippen. Dann musste sie mit geschlossenen Augen innehalten. Bei der dritten Pause fiel ihr plötzlich ein, das heute der 8. Juli war. Sie beglückwünschte sich laut selbst zu ihrem fünfzehnten Geburtstag und lachte. Im Osten sah sie einen Lichtstreif am Horizont und schöpfte neue Hoffnung.
    Als die Sonne aufgegangen war, währte ihre Freude nicht lange. Bald war die Luft so heiß und trocken, dass sie über ihren Schweiß und bei jedem Atemzug lebenswichtige Feuchtigkeit verlor. Eine Stunde später brannte die Sonne auf sie herab. Der Durst wurde übermächtig, und da ein Schlauch ohnehin leck war, was sollte sie da noch Wasser aufsparen? Sie setzte den Schlauch an den Mund und erschrak über ihre eigene Gier – für die sie sofort bestraft wurde: Während der nächsten zehn Minuten lief der Schweiß in Bächen an ihr herunter und sie hatte bald genauso großen Durst wie vorher. Sie erinnerte sich daran, dass sie die arabischen Klamotten, die von den Bodyguards des Weißen in El Dschaem stammten, in ihren Rucksack gestopft hatte. Sie kramte sie heraus und tauschte sie gegen ihre europäischen Kleider. Trotzdem war ihr klar, dass sie bei dieser Hitze kaum eine Überlebenschance hatte. Schatten war alles, was sie jetzt wollte, und Wasser. Sie entschloss sich, das Rollerbike doch auszuprobieren. Lange laufen konnte sie ohnehin nicht mehr. Sie hatte so ihre Zweifel, als sie das gebrechlich wirkende Gefährt mit seinen kleinen Rädern auf den Boden stellte, aber sie hoffte auch auf den Fahrtwind. Als sie den Startknopf drückte, geschah gar nichts. Sie prüfte die Energieanzeige am Lenker: »No battery.«
    Nasrid, dachte sie, du Schwein! So leicht konnte man also an Dummheit sterben, sich in einen Haufen weißer Knochen verwandeln, vom Sand

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