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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Tief tauchte er die Hände und Arme in das eiskalte Wasser, schaufelte es sich über Brust und Kopf und wusch Erde und Blut von seiner Haut.
    Als Wolf kehrte er zu der Grabstätte zurück, setzte sich nieder und hob die Schnauze gen Himmel weit über den Baumwipfeln. Sie wogten hin und her, als würde sein tiefes Jaulen sie in Schwingung versetzen. Der Klageruf blieb unbeantwortet. Jäh brach er ab. Der Wolf wirbelte herum und jagte in gestrecktem Lauf auf das einzige ihm verbliebene Ziel zu. Ni-ke! Zwei Silben, in denen Labsal und Trost lagen.

    Grishan leckte sich über die Lippen. Die Haut der Gans war über dem offenen Feuer kross gebraten, und der Duft ihres Fleisches ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Eine Gans für ihn allein, und keine Debatte darüber, wem das beste Stück oder die Innereien gebührten, denn Berenike hatte mit zwei kleinen Eiern vorliebgenommen. Über seine Mahlzeit hinweg grinste er sie glücklich an und vergrub die Zähne in der knusprigen Gänsebrust. Der Genuss des ersten, heißen Bissens wurde vom Ruf eines Jagdhorns unterbrochen. Beinahe hätte er das Fleisch wieder ausgespuckt. Berenike machte eine beschwichtigende Handbewegung.
    „Keine Sorge, niemand wird dir deine Gans streitig machen.“
    Es sorgte sich weitaus weniger um die gebratene Gans als um Berenike und Mica in der Köhlerhütte. Der Vampir war in einen leichenähnlichen Tiefschlaf gefallen, aus dem eine ganze Batterie Jagdhörner ihn nicht wecken konnte. Langsam und ohne von dem zarten Fleisch etwas zu schmecken, kaute und schluckte er. Hufgetrappel näherte sich ihrem kleinen Lagerfeuer. Seine Schultern verhärteten, als er vier Pferde zwischen den Bäumen sah. Ihre Reiter trugen große Federhüte, Stulpenstiefel und rehbraune Kleidung aus gutem Tuch. Eine herrschaftliche, wenn auch kleine Jagdgesellschaft trabte auf sie zu, mit Armbrüsten bewaffnet.
    Noch die Pfanne in der Hand, aus der sie die Rühreier gegessen hatte, stand Berenike auf und ging ihnen entgegen. Ihre Stimme hallte klar und bestrickend über die kleine Lichtung.
    „Guten Morgen, edle Herren.“
    Die vier Jäger teilten sich auf, bildeten einen weiten Kreis und zügelten ihre Rösser. Die Tiere stampften, sich weitaus stärker bewusst als ihre Reiter, wen sie da eingekreist hatten. Berenike berührte die Nüstern eines Pferdes, und wie auf ein stummes Kommando standen alle vier plötzlich still. Einzig ihre Schweife schlugen hin und her. Unter ihren Hüten hervor begafften die vier Männer die Frau in ihrer Mitte. Grishan schielte zu einem dicken Ast in seiner Reichweite. Er war schnell genug, um danach zu greifen und einzuschreiten. Instinktiv wusste er, dass Berenike andere Pläne hatte. Er spürte ihren Willen gleich einem Samtband, das sich sacht um seinen Hals legte.
    „Eine Zigeunerdirne und ein Rumtreiber“, sagte der Mann mit den größten Federn auf seinem Hut. Synchron zu seinem Mund bewegte sich ein schmaler Schnurrbart über seinen Lippen. „Ich dulde keine Rumtreiber auf meinem Land.“
    Ohne mit der Wimper zu zucken, nahm Berenike die Beleidigung hin und sah zu ihm auf. „Wir haben die Hütte zu einer kurzen Rast genutzt, Mylord. Sie steht leer.“
    Sein spitzes Kinn ruckte in Grishans Richtung. „Dieses Federvieh in seiner Hand ist sicher gestohlen. Mit Diebesgesindel gehe ich in aller Härte vor, Weib.“
    „Nein, Mylord, wir haben uns die Mahlzeit ehrlich verdient.“
    „Pack!“, warf einer der anderen Jäger abfällig ein.
    „Auch das ist falsch. Wir sind lediglich Wanderer auf dem Weg zur Küste.“
    Berenike gab sich friedfertig, obwohl es in ihr gären musste, ein Weib und Pack genannt zu werden. Zwar wusste Grishan sehr wenig über ihre Abstammung, aber dass ihr Blut älter war, als diese vier sich rühmen konnten, war gewiss. Über ihren Kopf hinweg tauschten die Reiter Blicke. Ungut waren sie. Ungut und hinterhältig, angesichts einer schönen Frau, die sie für hilflos hielten.
    „Du und dein Begleiter werdet mit mir kommen!“, befahl der große Federhut.
    „Das ist uns leider unmöglich, Sir.“
    Die Männer lachten auf. Rau und kalt. Abschätzig wurde Berenike gemustert. Sie war leicht mit einer Zigeunerin zu verwechseln, denn ihr Kleid hatte schon bessere Tage gesehen, ihre Haut war dunkel und ihr Haar floss tiefschwarz und offen bis zu ihrer Taille. Dennoch hätte jeder mit einem halbwegs klugen Kopf nur einen Blick in ihre Augen werfen müssen, um den Irrtum zu erkennen. Für einen Augenblick kehrte

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