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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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und kniff ihrem Bruder fest in die Wange, sodass er sein dreistes Lächeln einstellte.
    „Ich hoffe du weißt, wie man Eier in einer Pfanne brät, Grishan.“
    Seine Nase kräuselte sich. „So ungefähr.“
    Also wusste er ebenso viel wie sie darüber. Sie winkte ihn vor die Hütte, hinaus in das fahle Licht eines neuen Tages. Vögel zwitscherten in den Bäumen.
    „Nun, wir werden es gemeinsam ausprobieren. Erste Lektion: Manchmal musst du etwas gehörig in den Sand setzen, um ein fabelhaftes Ergebnis zu erhalten.“
    Auf diese Weisheit hin wurde sie mit einem zweifelnden Blick bedacht. Durch und durch gehörte er zu einer Raubkatze, die es an Raffinesse mit ihr aufnehmen konnte. Nicht heute und auch nicht morgen, aber gewiss in wenigen Jahren. Es stimmte Berenike fröhlich, dass Grishan einem Alphawolf in nichts nachstehen würde.

    Sancho hatte hartnäckig darauf beharrt, dass es ihm als Omega zukam, das Gepäck zu tragen, zumal es ohnehin sehr wenig war. Jetzt jedoch, da er ein Wolf war, hatte seine Begeisterung für eine Kleiderrolle auf seinem Rücken und die beiden Stiefelpaare, die zu seinen Seiten hinabhingen, stark nachgelassen. Als er sich schüttelte, pendelten die Stiefel um seinen Bauch. Seinen Omega so zu sehen, beschämte Juvenal. Sancho war nicht mehr der Jüngste. Tatsächlich war er ein alter Mann, und wenn man es diesem auch nicht ansah, so war die Schnauze des Rudelwolfes vollständig ergraut und verriet sein hohes Alter. Juvenal ging vor ihm in die Hocke.
    „Es tut mir aufrichtig leid, Sancho. Dich so zu sehen, ist auch für mich eine Zumutung.“
    Selbst der Letzte in der Rangordnung besaß Würde, und diese wurde jedem Wolf geraubt, dem man ein Bündel auf den Rücken schnürte. Sancho war außerstande, jedes einzelne Wort zu verstehen, aber ihm blieb bewusst, dass sie ihre Kleidungsstücke brauchten, sobald sie an die Küste gelangten. Er spitzte aufmerksam die Ohren und zog die Lefzen zurück. Es ähnelte einem wölfischen Lächeln, als wollte er Juvenal daran erinnern, welches Bild er selbst bot, splitternackt in der Morgenröte vor einer Scheune. Es wäre respektlos gewesen, den Omega unter dem Kinn zu kraulen. Wollte Juvenal ihm Anerkennung zollen, musste er sich verwandeln. Er ging auf Hände und Knie und sammelte sich.
    Sein Geist zog sich weit in sich selbst zurück, blendete alles aus und konzentrierte sich auf seinen Körper. Eine kühle Brisestrich über seine Arme und Beine, seinen Rumpf und durch sein Haar. Er schien zugleich aus sich herauszuwachsen und in sich hineinzuschrumpfen. Woher die Werwölfe die Kraft zur Verwandlung bezogen, war ihm unbekannt. Sie schien direkt aus dem Erdboden aufzusteigen, ihn auszufüllen und sich in ihm anzustauen, bis an den Rand des Erträglichen. Ein jäher, stechender Schmerz durchzuckte ihn, gefolgt von einem Gefühl tiefer Befreiung, als er in seine Wolfsgestalt explodierte. Die Farben erloschen zu Grautönen, während die Luft gleichzeitig geschwängert wurde von Gerüchen und Botschaften. Das Heu in der Scheune, der Rauch aus dem Schornstein eines Bauernhauses, fruchtbare Erde und sogar der Bratenduft der beiden Gänse, an denen sie sich kurz zuvor gesättigt hatten. Er schob seinen schweren Kopf über die Schulter seines Rudelwolfes, schuf Nähe und bezeugte ihm seinen Dank. Auf dieselbe Weise schmiegte Sancho sich an ihn. Sie verharrten Brust an Brust, erspürten den Herzschlag des anderen. Nach einer Weile lösten sie sich voneinander. Juvenal trabte Sancho voran auf den Wald zu. Der Omega setzte die Pfoten exakt in die kaum sichtbaren Abdrücke seines Leitwolfes. Immer wieder vergewisserte sich Juvenal, dass sein Rudelwolf nicht zu weit zurückfiel. Die Stiefel schwangen an seinen Seiten, die Kleiderrolle hüpfte auf seinem Rücken. Sancho trabte frohgemut hinter ihm drein.
    Im Wald hielten sie sich außer Sichtweite der Landstraße. Über ihren Köpfen verstummten die Vögel und setzten in ihrem Gesang wieder ein, sobald Sancho und er zwischen den Bäumen verschwanden. Tief sog Juvenal den satten Geruch des Erdreichs ein. Intensiv und belebend. Er umrundete sperrige Äste und Baumstämme, die ihnen den Weg versperrten, um seinem bepackten Omega den Weg zu erleichtern. Sancho schnaubte darüber, scherte aus und setzte über einen Baumstamm. Schau her, schien sein Japsen zu verkünden, meine Last ist leicht! Juvenal quittierte den Übermut mit einem leisen Knurrlaut. Sein Omega sollte sich nicht verausgaben. Es galt, eine weite Strecke

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