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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Dunkelheit Juvenal verschluckt hatte. Die Wartezeit erschien endlos. Er brauchte zu lange für den kurzen Weg nach oben. Unruhig trat sie von einem Fuß auf den anderen.
    „Juvenal?“, rief sie ins Haus.
    Schnelle Schritte. Ein Poltern. Das Rauschen von Wasser, als wäre ein Damm gebrochen. Juvenal bog in den schmalen Gang ein, den Koffer auf der Schulter, das Katana in der freien Hand. Er war verdammt schnell! Auf halbem Weg warf er ihr den Koffer zu, um sich von der Last zu befreien. Das durch den Gang fliegende Gepäckstück nahm ihr die Sicht. Sie fing das schwere Teil auf und ließ es fallen. Die Kreatur hatte Juvenal eingeholt. Ein langer Tentakelarm umschloss seinen Hals, ein anderer hatte sich um seine Hüften gelegt. Mit einem Ruck wurde er angehoben und zurückgerissen.
    „Lauf!“, schrie er ihr zu, bevor er in den schwarzen Tiefen des Vestibüls verschwand.
    Sie krallte sich in den Türrahmen. Nach allem, was er für sie getan hatte, konnte sie nicht einfach davonlaufen. Die Armbrust! Sie bückte sich, öffnete den Koffer und tastete nach der Waffe. Dann zerrte sie die Kleider heraus. Wo waren die Pfeile? Ihre Suche kostete zu viel Zeit. Da die Armbrust ohne Pfeile nutzlos war, schleuderte sie sie beiseite. Unbewaffnet lief sie ein Stück in den Gang hinein. Ihre Augen gewöhnten sich an das Dunkel. Mitten im Vestibül kämpfte Juvenal gegen ein Wesen, das jede Ähnlichkeit mit einem Werwolf, einer Lamia oder auch nur mit einer Sterblichen verloren hatte. Alles an diesem Geschöpf war lang. Die Glieder, der Leib, der Kopf. Dort, wo gemeinhin ein Mund saß, öffnete sich ein Schlund. Wasser schoss daraus und ergoss sich über Juvenal. Er wurde schier unter der Wassermasse erdrückt und verschwand darin. Sein Schwert war nutzlos. Berenike nahm Anlauf, raste durch die schwarze Röhre auf das Wesen zu.
    „He!“, schrie sie.
    Ein lang gezogener Kopf und ein schwammiger Rumpf hoben sich. Mit dem nächsten Schritt stieß sie sich ab und zielte mit gestreckten Beinen auf den Brustkorb der Kreatur. Diesmal blieb die erhoffte Wasserfontäne aus. Sie prallte gegen einen Leib, der gleichermaßen zäh wie nachgiebig wirkte. Ihr Rücken schlug auf die Dielen. Gemeinsam mit ihrem Gegner rutschte sie in einer Spur aus Eiswasser durch das Vestibül. Tauartige Glieder umschlangen ihre Schenkel, ein Schwall aus fauligem Brackwasser traf ihr Gesicht. Sie konnte sich nirgends festhalten. Ein Tentakelarm presste die Luft aus ihren Lungen, während ein Wasserfall auf sie niederging. Die Schlitterpartie endete mit einem donnernden Knall. Atemlos wischte Berenike sich über das Gesicht und setzte sich auf.
    Die Kreatur war mit dem Hinterkopf gegen die Kante der offenen Eingangstür gekracht und hatte diese zugeschlagen. Es blieb kaum Zeit, die schlaffen Tentakelarme loszuwerden. Sie waren kalt und eigenartig trocken in all der Nässe. Das Ding hob den Kopf und spie die nächste Brackwasserfontäne aus. Die schlaff gewordenen Glieder wollten sich erneut um Berenike schlingen. Hände packten sie unter den Achseln, rissen sie aus der Gefahrenzone und schleiften sie auf dem Hosenboden den genommenen Weg zurück. Die Tentakel schlugen dicht neben ihr auf, krümmten sich nach ihren Beinen. Sie zog die Knie an und wurde zeitgleich auf die Füße gehoben. Schwer sank sie gegen einen Körper. Das einzig Stabile in all dem Wasser, in dem sie bis zu den Knöcheln standen.
    „Raus hier!“
    Juvenal umfasste ihre Hand. Es ähnelte einem Albtraum in einer Endlosschleife. Erneut rannten sie durch die schwarze Röhre des Ganges, setzten über ihren offenen Koffer hinweg und gelangten in den Hinterhof. Überall waren ihre Kleider verstreut. Berenike war es gleichgültig. Fort – nur fort wollte sie. Hand in Hand mit einem Werwolf bückte sie sich durch eine Pforte. Nass bis auf die Haut rasten sie durch die Straßen und verteilten mit jedem Schritt Wassertropfen. Sie schlugen Haken um Kutschen und Sänften. Passanten mit erschrockenen Gesichtern wichen ihnen aus. Erst als der Abstand zur Curzon Street groß genug war, bogen sie in eine verlassene Gasse ein, sanken gegen eine Hauswand und schöpften Atem. Berenike rutschte in die Hocke. Juvenal ließ ihre Hand los und stützte die Hände auf die Oberschenkel.
    „Danke“, sagte er.
    „Wofür?“
    „Du hast mein Leben gerettet.“
    „Eine wahrhaft seltsame Entwicklung“, bemerkte sie und zupfte an ihrem nassen Oberteil.
    Zum ersten Mal hörte sie sein Lachen. Tief war es, und irgendwie

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