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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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herab. Der Dieb war kein Dieb, sondern ein sogenannter Gentleman auf Abwegen, das verriet das teure Tuch seiner Kleidung.
    „Zu Hilfe“, stammelte der Mann und machte Anstalten, davonzukriechen.
    Die Hilfe ereilte ihn durch einen Kinnhaken, der ihn vollends außer Gefecht setzte. Juvenal raubte ihm auch das Hemd und die Weste und schlüpfte hinein. Die Kleidung war etwas zu eng, aber besser als gar nichts. Ohne sonderliches Bedauern ließ er den Fremden zurück und beeilte sich, Berenike einzuholen.
    Auf der Tyburn Street verließ er den Hyde Park und hatte Glück. Berenike lief direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite, leicht zu finden, da sie in ihrem altrosa Kleid noch auffälliger war als ein Mann ohne Schuhe und Strümpfe. Köpfe drehten sich nach ihr. Menschen lehnten sich aus ihren Kutschen oder Sänften, um einen Blick auf sie zu erhaschen. Berenike war von einer Entschlossenheit erfüllt, die sie vergessen ließ, dass sie die Menschenkinder über ihre Identität täuschen musste. Der Schleier hatte sich von ihr gehoben, und zum Vorschein kam eine exotische Fürstin in einem verschossenen Kleid. Vor ihr teilten sich die Passanten und ließen sie durch, nur um hinter ihr die Köpfe zusammenzustecken und zu wispern. Überhaupt nicht gut.
    Juvenal folgte ihr in die Stanhope Street und von dort aus in die Curzon Street. Vor dem Haus, aus dessen Fenster sie vergangene Nacht gesprungen war, blieb sie stehen und sah von links nach rechts. Er hechtete in einen Hauseingang. Zögerlich nahm Berenike die flachen Stufen und verschwand im Inneren. Da es viele Wege gab, um ein Gebäude wieder zu verlassen, verließ er seine Deckung und lief über die Straße. Die Tür war angelehnt. Er drückte sie auf und trat ein. Berenike wirbelte herum. Ihr erster Blick galt seinen bloßen Füßen. Von dort aus wanderte er nach oben zu seinem Gesicht.
    „Falls du hier bist, um mich zurückzubringen, musst du Gewalt anwenden“, schleuderte sie ihm entgegen.
    Von einem Gewaltausbruch war er weit entfernt. Dieses Haus forderte jeden seiner Instinkte heraus. Wasserlachen auf den Dielen. Nasse Seidentapeten an den Wänden. Aus allen Ecken drangen der Geruch von Schimmel und das hohle Tropfen von Wasser. Dazwischen lange Pausen der Stille.
    „Was ist hier geschehen?“
    „Das habe ich versucht, Euch zu erklären. Eine Kreatur griff mich an. Hier, in diesem Haus. Sie sucht nach einem Kristall und ist überzeugt, dass einer von uns ihn gestohlen hat.“
    Zweifelnd runzelte er die Stirn. „Ein Angriff mit Wasser?“
    „Sie besteht aus Wasser. Oder sie lenkt es nach ihrem Willen. Abigail Lamb besuchte sogar den Ball mit mir, so trefflich war ihre Täuschung.“
    „Eine Kreatur aus Wasser mit dem Namen Abigail. Das klingt ein wenig …“
    „Ich weiß selbst, wonach das klingt“, unterbrach sie ihn ungeduldig. „Nachdem du nun die Ansicht meines Bruders über meinen Geisteszustand teilst, kannst du zu ihm zurückkehren und ihm ausrichten, dass ich London verlasse. Ohne ihn, aber mit meinem Gepäck.“ Sie wies nach oben.
    „Das wird ihm nicht gefallen.“
    Sein Einwand kam lahm. Ihre Abreise war die einfachste und beste Lösung. Zumindest für ihn, denn ihre Wirkung auf ihn war ungebrochen und untergrub seinen Seelenfrieden. Sie deutete seine Musterung falsch und warf den Kopf zurück.
    „Wenn du Hand an mich legst, verstößt du gegen die Regeln der Sippen, Juvenal.“
    „Ich hatte eigentlich …“
    Sie fiel ihm hitzig ins Wort. „Ich kenne eure Chroniken ganz genau. Werwölfen ist es verboten, das Blut der Sterblichen zu vergießen, es sei denn, sie handeln in Notwehr. Und ich habe nicht vor, dich herauszufordern.“
    Sie hatte ihn bereits herausgefordert mit diesen verdammten Federn. „Du bist kein Menschenkind.“
    „Mein Gift ist verloren, meine Kraft lässt nach. Jederzeit kann ich einem Vampir zum Opfer fallen, so wie es bei Branwyn geschehen ist. Ich bin auf dem Weg, eine Sterbliche zu werden“, zählte sie auf. „Somit bin ich für dich tabu.“
    Mica hatte ihr gewaltigen Unsinn in die Ohren geblasen und sie in eine tiefe Krise gestürzt, denn ein Blick in ihre Mandelaugen war ausreichend, um ein Geschöpf der Nacht vor sich zu wissen. Davon abgesehen besaßen Menschen keine Fänge. Weiß blitzten die Spitzen auf, als sie fortfuhr.
    „Ich gestalte meine eigene Zukunft. Sollte sie so kurz werden, wie mein Bruder behauptet, gehört sie noch immer mir. Lieber riskiere ich es, den Vampiren ausgeliefert zu sein

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