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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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streckte die Arme. „Ich bitte dich, Vater, fürchte mich nicht. Umarme mich ein letztes Mal.“
    Sie musste eingreifen. Ohne lange zu überlegen, sprang Berenike auf und setzte über die Brüstung, bevor es zu einer Umarmung kommen konnte. Während sie nach unten fiel, blitzte die Absurdität ihres Verhaltens hinter ihrer Stirn auf. Sie eilte einem Werwolf zu Hilfe. Zugleich fand sie eine Rechtfertigung. Immerhin teilte sie mit Juvenal eine Vergangenheit, und obwohl diese blutig war, war es mehr, als sie mit diesem Wasserding teilte. Ein helles Knurren verfing sich in ihrer Kehle, als sie zwischen Juvenal und seinem vermeintlichen Sohn aufkam.
    „Lamia, du begehst einen Fehler“, blubberte es über scharf geschnittene Lippen.
    Augen von der Schwärze eines Mahlstroms sahen durch sie hindurch. Die Kreatur ignorierte das Schwert. In einem knappen Bogen schwenkte Berenike die Klinge und schlug sie in die Halsbeuge des Geschöpfs. Hinter ihr schnappte Juvenal nach Luft. Er sah ein Wesen getroffen, das aussah wie sein Sohn, und das war vermutlich ebenso grauenvoll wie die hohe Wasserfontäne, in die Gilian zerbarst. Eiskalte Tropfen gingen auf sie nieder. Aus den Wänden kam ein Schmatzen und ein Tapetenstreifen rutschte herab und klatschte in das Wasser auf den Dielen.
    „Bei allen Höllenhunden, was ist das für ein Dämon?“
    Berenike wich zu ihm zurück. Sein Profil hob sich bleich aus dem dunklen Vestibül hervor.
    „Es kann jeden Augenblick neu entstehen. Wir müssen hier raus. Am besten durch die Hintertür.“
    Es widerstrebte ihr, durch die Pfützen zu laufen. Das Wasser bewegte sich, erschien wie ein brackiger Tümpel, obwohl es höchstens bis zu den Knöcheln reichte. Es floss zusammen. Ein dünner Nebelfaden stieg auf, nahm feste Form an. Sie wich weiter zurück, während Juvenal stehen blieb und fassungslos zusah. Sie stieß ihn mit der flachen Seite des Schwertes an.
    „Juvenal, zurück!“
    Aus dem Faden wurde eine Gestalt. Gilian war zurück, und hinter ihm hervor, vielleicht auch aus ihm heraus, trat Selene.
    „Töte den Werwolf, Berenike“, gluckerte sie.
    „Scheiße!“, stieß Juvenal aus.
    Zeitgleich mit Berenike wirbelte er herum. Der Gang zur Hintertür war so schmal, dass sich ihre Schultern berührten, als sie ihn entlangstoben. Wasser spritzte unter ihren Füßen auf.
    „Der Spiegel der Sonne ist mein!“, donnerte es mehrstimmig.
    Berenike blickte über die Schulter. Aus zwei waren vier geworden, und sie kamen näher. Vor ihren Füßen schlug das Wasser Wellen. Es war keine Zeit, den Riegel der Hintertür aufzuziehen. Angesichts der Gefahr in ihrem Rücken genügte ein knapper Blickwechsel, um sich zu verständigen. Sie wurden schneller. Im letzten Moment warf Juvenal sich vor Berenike, schützte sie mit seinem Leib vor einem harten Zusammenprall mit dem Holz. Mit Schwung brachen sie durch die Tür, taumelten in den Hinterhof und verloren das Gleichgewicht. Nase an Nase kam sie auf Juvenal zu liegen und starrte in seine dunklen Augen. Dann stemmte er sie an den Hüften nach oben, als wöge sie nichts und sprang auf. Sie drehten sich dem Haus zu. Die Tür war aus den Angeln gebrochen, der schmale Gang finster und leer. Er kniff die Augen zusammen.
    „Wo ist es?“
    „Keine Ahnung, vielleicht wagt es sich nicht hinaus und hat aufgegeben.“ Noch während sie es sagte, wurde ihr siedend heiß. „Mein Koffer! Er ist noch im Haus. Ich brauche ihn.“
    „Bist du wahnsinnig? Dieses Ding …“
    „Darin ist meine ganze Habe. Ich muss den Koffer holen.“
    Sie brauchte das Geld, den Schmuck, die Armbrust. Ein Katana war zu wenig, um eine halbwegs sichere Zukunft zu beginnen. Obwohl es ihr bewusst war, kostete es Überwindung, in den dunklen Gang hineinzugehen. Der Odem aus Brackwasser quoll bis in den Hinterhof. Juvenal packte ihren Oberarm und zog sie zurück. Ingrimm und Anspannung flackerten in seinen Augen. Die Kanten an seinem Kiefer traten so scharf hervor, als könnte man sich daran die Haut aufritzen.
    „Wenn einer von uns hineingeht, bin ich das. Gib mir das Schwert.“
    Über Juvenal wurde vieles behauptet, aber von Hilfsbereitschaft war nie die Rede gewesen.
    „Weshalb willst du mir helfen?“
    Wortlos riss er ihr das Katana aus der Hand und stürmte in das Haus. Was sollte sie davon halten? Offenbar trug er ihr das aufreizende Spiel in der Kellerzelle nicht nach. So etwas war wohl wahre Größe. Sie trat auf die Schwelle und blickte die lange Röhre entlang, deren

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