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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Unverfänglichkeiten nach, die eine Unterhaltung erlaubten. Doch ihr Kopf war wie leergefegt. Nichts, was mit Juvenal zusammenhing, schien ihr unverfänglich. Nach einer ganzen Weile des Schweigens holte er tief Luft.
    „Berenike, du machst mich wahnsinnig.“
    Von diesem Eingeständnis überrumpelt, ließ sie die Hände sinken und blinzelte.
    Leise, beinahe amüsiert fuhr er fort. „Könntest du damit aufhören, vor mir mit deinem Haar zu spielen?“
    „Ich wollte nicht … ja, natürlich.“ Auf ihren Wangen brannte Verlegenheit. Sie verschränkte die Hände im Schoß und presste die Lippen fest aufeinander, um keinen falschen Eindruck zu erwecken. Einmal hatte sie sich eine Blöße vor ihm gegeben. Das reichte. Stille senkte sich herab, dehnte die Minuten ins Endlose. Je länger ihr Schweigen währte, desto weniger wusste sie, wohin sie blicken sollte. Er drehte sein Glas in der Hand. Der Wein schimmerte dunkel wie Blut.
    „Ich bedaure meine harschen Worte dir gegenüber. Sie haben dich verletzt, und das ist das Letzte, was ich will.“
    Er kam einer Entschuldigung so nah, wie es ihm möglich war, ohne seinen Stolz preiszugeben. Etwas unsicher erwiderte sie sein Lächeln. Mit einem Seufzen trank er. Über den Rand des Glases sah er ihr in die Augen. Ein Blick, der ihren Herzschlag beschleunigte. Lamia hatten die Kunst der Verführung perfektioniert. Bisher hatte sie nicht geahnt, dass Werwölfe ähnliche Talente besaßen.
    „Das ist in Ordnung“, erwiderte sie und drehte ihm ihr Profil zu.
    „Nein. Ich hätte es besser erklären müssen. Du hast mein Leben gerettet, und zum Dank werfe ich mich auf dich und behandele dich wie … eine Hure.“
    Niemand konnte eine Ewige zu einer Hure degradieren. Zumal sie sich in seinen Armen keineswegs so gefühlt hatte. „So war es nicht, Juvenal.“
    Er ging über ihren Einwurf hinweg. „Du verdienst weitaus mehr Respekt, als ich ihn dir entgegengebracht habe. Ich habe vieles falsch gemacht.“
    Bei dieser Rechtfertigung begannen ihre Augen zu brennen. Er hielt alles für einen Fehler. Am Ende würde er noch so weit gehen und ihr seine Freundschaft anbieten. Sein Einlenken war eine größere Beleidigung als es harsche Worte sein konnten. Das unmerkliche Beben ihrer Mundwinkel ergriff ihre Unterlippe. Flugs grub sie die Zähne hinein und schloss die Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Ein scharfer Atemzug drang an ihr Ohr.
    „Nike, ich möchte auf keinen Fall, dass du weinst. Ich wollte lediglich …“
    Lakonisch fiel sie ihm ins Wort. „Denkst du etwa, ich will das? Eine Lamia weint nicht, und selbst wenn, sind ihre Tränen aus Diamant, anstatt nass und salzig.“ Sie wischte sich die Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln und drehte sich ihm zu. Es war unmöglich, ihren Kummer zu verbergen, der ihr Gesicht in alle Richtungen zerrte, bis es schmerzte. Ihr Sehfeld verschwamm. Nun weinte sie doch. Tränen kitzelten über ihre Wangen. Sollte er es ruhig sehen. Seine Abweisung musste sie hinnehmen, aber er sollte erkennen, dass es keine Lamia war, die er von sich stieß.
    „Nike …“, entfuhr es ihm heiser.
    „Du hast kein Recht, mich so zu nennen. Es ist ein Name, den mir nur jene geben, die mich lieben.“
    Er biss so hart die Zähne aufeinander, dass die Wangenmuskeln spielten. Diese Nacht hatte ihm durch Melodys Tod einen herben Schlag versetzt und sein innerer Aufruhr erleichterte es ihr, in seiner düsteren Miene zu lesen. Jeder Gedanke zeichnete sich darin ab. Er liebte sie, war jedoch zu stolz auf seine verdammten Prinzipien, um es einzugestehen. Lieber griff er zu Ausflüchten und sinnlosen Entschuldigungen. Er war ein solcher Lügner. Schmerz und Enttäuschung entrissen ihr ein Aufschluchzen. Dabei wollte sie stark und allem gewachsen sein. Kein heulendes Elend vor den Augen des Mannes, dem ihr Herz gehörte. Sie schlug die Hände vors Gesicht. Ihr Schluchzen hallte entsetzlich laut durch den Salon. Zu ihrem Kummer kam nun auch noch Scham. Gewiss war er auf leisen Sohlen hinausgegangen, um sie ihrem Unglück zu überlassen.
    Seine Hände umfassten so plötzlich ihre Handgelenke, dass sie zusammenzuckte. Er war noch da, ruhte auf den Knien vor ihr. So nah, dass sie die Fältchen in seinen Augenwinkeln zählen konnte. Wortlos umfasste er ihr Gesicht und küsste die Tränen fort. Zuerst von ihren Wangen, dann von ihren Wimpern. Der sanfte Druck seiner Lippen presste ihr Herz zusammen. Dicht an ihren Lippen hielt er inne.
    „Es wäre falsch, Nike.“
    Nike.

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