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Der Fürst des Nebels

Der Fürst des Nebels

Titel: Der Fürst des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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nach ihm aus. Langsam verwandelten sich die Züge des Gesichtes, und die vertraute Physiognomie des Clowns, die Maske des Dr. Cain, kam zum Vorschein. Wut und glühender Haß lagen in seinem Blick. Max wollte zur Tür laufen und fliehen, aber seine Glieder gehorchten ihm nicht. Nach einigen Augenblicken verschwand die Erscheinung im Dunkel, und Max blieb wie gelähmt fünf volle Sekunden lang stehen. Sobald er wieder zu Atem gekommen war, rannte er zum Ausgang, ohne nach hinten zu schauen. Hastig stieg er auf sein Fahrrad und brachte Abstand zwischen sich und das Friedhofstor. Das pausenlose Treten in die Pedale half ihm, nach und nach die Kontrolle über seine Nerven zurückzugewinnen. Ihm wurde klar, daß er Opfer einer Täuschung geworden sein mußte, seine eigenen Ängste hatten ihm einen makabren Streich gespielt. Trotzdem, zum Grab Jacob Fleischmanns zurückzukehren, um seine Uhr wiederzubekommen, war für Max im Moment unvorstellbar. Nachdem er sich beruhigt hatte, nahm er erneut den Weg zur Bucht auf. Aber diesmal suchte er nicht seine Schwester und Roland, sondern den alten Leuchtturmwärter, für den er sich einige Fragen zurechtgelegt hatte.
    Der Alte hörte mit höchster Aufmerksamkeit zu, als Max von dem Vorfall im Friedhof berichtete. Schließlich nickte er heftig mit dem Kopf und bedeutete Max, er möge sich neben ihn setzen.
    »Kann ich offen mit Ihnen reden?« fragte Max. »Ich hoffe sehr, daß du das tust, mein Junge«, antwortete der Alte. »Also los.«
    »Ich habe den Eindruck, daß Sie uns gestern nicht alles erzählt haben, was Sie wissen. Und ich frage mich, weshalb ich so etwas denke. Es ist nur ein dumpfes Gefühl«, sagte Max.
    Das Gesicht des Alten blieb ruhig.
»Und was denkst du sonst noch. Max?« fragte er. »Ich denke, daß dieser Dr. Cain, oder wer immer das sein soll, etwas tun wird. Ziemlich bald«, fuhr Max fort. »Und ich denke, daß all die Dinge, die sich in diesen Tagen ereignen, nur Vorzeichen sind für das, was kommen muß.«
    »Das, was kommen muß«, wiederholte der Leuchtturmwärter. »Das ist eine interessante Art, es auszudrücken, Max.«
    »Hören Sie mal, Señor Kray«, unterbrach ihn Max, »ich habe mich eben zu Tode erschrocken. Schon seit Tagen ereignen sich äußerst merkwürdige Dinge, und ich bin sicher, daß meine Familie, Sie, Roland und ich selbst in irgendeiner Gefahr schweben. Das letzte, was ich jetzt ertragen kann, sind noch mehr Geheimnisse,«
    Der Alte lächelte.
»So gefällst du mir. Fordernd und direkt«, lachte er, doch seine Heiterkeit wirkte unecht. »Du wirst schon sehen. Max, wenn ich euch gestern die Geschichte von Dr. Cain erzählt habe, habe ich das nicht getan, um euch zu unterhalten oder um mich selbst an alte Zeiten zu erinnern. Ich habe es getan, damit ihr erfahrt, was sich gerade abspielt, und damit ihr vorsichtig seid. Du bist seit einigen Tagen besorgt; ich dagegen lebe seit fünfundzwanzig Jahren zu einem einzigen Zweck in diesem Leuchtturm: um diese Bestie zu bewachen. Es ist das einzige Ziel meines Lebens. Auch ich will offen mit dir reden. Max. Ich werde nicht fünfundzwanzig Jahre über Bord werfen, nur weil ein eben angekommener junger Bursche beschließt, Detektiv zu spielen. Vielleicht hätte ich euch nichts erzählen sollen. Vielleicht ist es am besten, wenn du alles vergißt, was ich dir gesagt habe, und wenn du dich von diesen Statuen und von meinem Enkel fernhältst.«
Max wollte protestieren, doch der Leuchtturmwärter hob die Hand und wies ihn an, seinen Mund zu halten.
»Was ich euch erzählt habe, ist mehr, als ihr wissen müßt«, entschied Victor Kray. »Erzwinge die Dinge nicht. Max. Vergiß Jacob Fleischmann, und verbrenne diese Filme noch heute. Das ist der beste Rat, den ich dir geben kann. Und jetzt, junger Mann, fort von hier.«
    Victor Kray beobachtete, wie Max auf seinem Fahrrad bergab davonfuhr. Er hatte einen harten und ungerechten Wortwechsel mit dem Jungen gehabt, aber im Grunde seiner Seele war er überzeugt davon, daß das das Vernünftigste war, was er tun konnte. Der Junge war intelligent, und er hatte ihm nichts vormachen können. Max wußte, daß er etwas vor ihnen verbarg, aber es würde ihm trotzdem nicht gelingen, die Tragweite dieses Geheimnisses zu erfassen. Die Ereignisse überstürzten sich, und nach fünfundzwanzig Jahren wuchsen die Beklemmung und die Angst, die er vor der neuen Ankunft des Dr. Cain empfand, ins Unermeßliche – jetzt, an seinem Lebensabend, da er sich am schwächsten und

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