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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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kommen.
    Auch Tobias stürmte jetzt die Leiter hinauf. Doch kaum war er auf der obersten Etage des Gerüsts angelangt, flog ihm bereits eine Maurerkelle entgegen. Tobias zog den Kopf ein, riss die Pistole hoch und schoss. Ein lauter Knall ertönte, und ein Ziegel neben dem Kopf des Franzosen zerplatzte zu rotem Staub.
    Der Arzt fluchte und sprang zu einer anderen Leiter hinüber, die auf das überhängende, spitzgiebelige Turmdach führte.
    Schräg unter ihm, beim Lastkran, ertönte in diesem Augenblick ein beängstigendes Quietschen. Tobias blickte hinunter und entdeckte, dass das Seil viel zu schnell nach unten sauste.
    Borchert, der mittlerweile bis zum Lasthaken gerutscht war, heulte laut auf, als es auf diese Weise abwärts ging. Erst knapp zwei Meter über dem Erdboden gelang es Heine, die Talfahrt aufzuhalten. Borchert plumpste unsanft auf den Schloßvorplatz, stand wieder auf und winkte gleich darauf tapfer nach oben.
    »Halten sej ut!« erschallte seine Bass-Stimme. »Ik kümm gleich wedder hoch.«
    Tobias tastete fluchend nach seinem angeschossenen Ohr und wandte sich wieder dem Arzt zu. Von diesem waren jetzt nur noch die Füße zu erkennen, die über den Rand des Turmdachs baumelten. Er stieß ein hässliches Lachen aus und versetzte der Leiter einen Stoß. Sie kippte über das Baugerüst hinweg und segelte in die Tiefe. Kurz darauf war er verschwunden.
    Tobias schrie erbost. Er sah sich um, und sein Blick fiel auf die Leiter unter ihm. Warum nicht? Schnaufend zog er sie zu sich hoch und hievte sie mühsam gegen die Dachkante, dorthin, wo der Arzt gerade entschwunden war. Er hatte kostbare Zeit verloren. Als er endlich selbst die Höhe des steilen Turmdachs erreicht hatte, war von dem Franzosen keine Spur mehr zu sehen. Dafür entdeckte er schräg über ihm eine lange, auf das Dach montierte Planke mit Sprossen, die bis zur höchsten Spitze mit dem Wetterhahn führte. Tobias zog sich nach oben und erreichte tatsächlich wenig später die Turmspitze. Schwer atmend schaute er sich um. Plötzlich merkte er, in welch schwindelerregender Höhe er sich befand. Angstvoll klammerte er sich an der metallenen Wetterfahne fest und versuchte, die Panik abzuschütteln. Eine starke Windbö schlug ihm ins Gesicht und fuhr ihm durch die blutverschmierten Haare.
    Längst hatte er de Lagarde wieder ausfindig gemacht. Sein Gegner war auf den Dachschindeln rechts von ihm hinunter zum Dach des Hauptflügels gerutscht und balancierte nun barfuss auf dem Giebel des Hauses auf einen Kamin zu. Die Schuhe hielt er in der Hand. Sein Ziel war offenbar ein Dachfenster, das nur fünf Meter von dem Kamin entfernt lag. Wutentbrannt zog Tobias die Pistole aus dem Hosenbund und feuerte erneut. Wieder ertönte ein lauter Knall, und der Arzt verharrte mitten in der Bewegung.
    »Je regrette beaucoup.« De Lagard wandte sich kalt lächelnd zu Tobias um. »Daneben! Wenn isch rischtig gezählt habe«, rief er aus einiger Entfernung, »war das Ihre letzte Kugel!«
    Tobias holte aus und warf die Pistole mit großem Schwung nach seinem Gegner. Der zog überrascht den Kopf ein und blickte ihn verächtlich an. Klappernd prallte die Waffe gegen den Schornstein, schlitterte die Schindeln hinunter und fiel über die Dachkante.
    »Sie entkommen mir nicht!« brüllte Tobias.
    Er nahm die Klinge seines Säbels quer zwischen die Zähne. Dann rutschte er, indem er sich mit Händen und Füßen an den Dachpfannen festklammerte, langsam die Turmschräge hinunter zu dem Dach, auf dem der Franzose stand. Vorsichtig drehte sich Tobias zu ihm um und setzte sich rittlings auf den First. Er nahm die Klinge wieder zur Hand und schob sich vorsichtig auf seinen Gegner zu. Der hatte inzwischen den Schornstein erreicht und erwartete ihn nur einige Meter entfernt.
    »Sie geben ein entwürdigendes Schauspiel ab, Monsieur«, höhnte der Arzt. »Doch wenigstens herrscht jetzt pari.« Er hob seine bandagierte Hand und deutete damit auf das verletzte Ohr.
    Tobias unterdrückte den dumpfen Schmerz an seinem Kopf und funkelte seinen Gegner zornig an. »Es interessiert mich nicht, was Sie denken. Diesmal bringen wir es zu einem Ende. So oder so.«
    Wieder fuhr ihm der Wind ins Gesicht. Doch statt ihm Kühlung zu verschaffen, verschlimmerte der Luftzug die Schmerzen.
    »Große Worte.« De Lagarde schürzte die Lippen, stellte seine Schuhe auf dem Kamin ab und zog mit spielerischer Geste sein Rapier. Ohne Eile balancierte er Tobias auf dem Dachsims entgegen.
    »Sehen wir, ob den

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