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Der Gärtner von Otschakow

Der Gärtner von Otschakow

Titel: Der Gärtner von Otschakow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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erhellte sein Gesicht. »Wohin sind Sie denn heute Morgen verschwunden? Ich hatte Ihnen Tee mit Wurst gebracht!«
    Igor trat noch drei Schritte auf den Burschen zu, nur fehlte diesen letzten Schritten schon die Strenge und Entschlossenheit. Er blieb vor Wanja stehen und drückte dessen ausgestreckte Hand.
    »Oder mussten Sie zu Ihrem Auftrag?«, erriet der Bursche und rückte seinen rutschenden Weinschlauch zurecht.
    »Und du, schon wieder?« Igor wies mit einer Kopfbewegung auf den Wein.
    »Also… wir hatten uns doch… geeinigt… ich kann auch jetzt gleich die Unterschrift…«
    »Schon gut!« Igor winkte ab, verstimmt und aus dem [86] Konzept gebracht sowohl von dieser seltsamen Parallelwirklichkeit als auch von seinen eigenen, nicht ganz erfüllten Erwartungen.
    »Gehen wir zu mir, ich habe schon etwas Interessantes für Sie gefunden!«, fuhr der Bursche, freundschaftlich lächelnd, fort.
    »Du bist doch Wanja Samochin?«, fragte Igor, um sich endgültig davon zu überzeugen, dass das, was jetzt mit ihm geschah, die Fortsetzung der letzten Nacht war.
    »Eben der! Kommen Sie!«
    Und sie schritten durch die Dunkelheit, wie beim letzten Mal. Nur sah Igor sich nicht mehr überall um, sondern ging ruhig hinter Wanja Samochin her, der auf der Schulter mühelos seinen Schlauch mit dem gestohlenen Wein trug.
    So leise sie konnten, betraten sie Wanjas Haus. Wanja führte Igor in dasselbe Zimmer mit demselben altmodischen Sofa.
    »Ziehen Sie sich aus, machen Sie es sich bequem, ich bin gleich wieder da!«, flüsterte er.
    Zwei Minuten später kehrte er mit einem Glas Wein zurück, wieder bis an den Rand gefüllt.
    »Hier, auf die Nacht!«, sagte er leise. »Für einen tiefen Schlaf!«
    Igor saß, noch angezogen, auf dem Sofa. Nur die Mütze hatte er abgenommen.
    Etwas flüsterte ihm ein, dass diese Parallelwirklichkeit, sobald er sich hinlegte und einschlief, verschwinden würde, und dann fände er keine Antwort mehr auf die Fragen, von denen es mit jeder Minute mehr gab.
    Er nahm Wanja Samochin das Glas aus der Hand, trank den Wein aus und hatte auf der Zunge wieder denselben [87] scharfen, säuerlichen Geschmack. Dann bedeutete er Wanja mit einer Kopfbewegung, sich zu ihm aufs Sofa zu setzen.
    Wanja setzte sich.
    »Was wolltest du mir also Interessantes erzählen?«, fragte Igor ihn.
    »Aber ich… habe ja noch nichts unterschrieben!«
    »Dann nimm ein Papier und schreib!«, sagte Igor.
    Wanja erhob sich, verließ das Zimmer und kam gleich darauf mit einem Heft und einem blechernen Tintenfässchen wieder, in dem ein Füllfederhalter hin- und herschwankte. Er setzte sich an den ovalen Tisch mit dem Tischtuch.
    »Diktieren Sie, Genosse Leutnant!«, bat er.
    Igor zögerte. Dieses Mal fand er irgendwie nur allzu langsam in die Rolle eines Milizleutnants des Jahres 1957 hinein.
    »Gut, schreib!«, sagte er nach einer Pause. »Ich, Iwan, Vatersname, Samochin, bin einverstanden, freiwillig zusammenzuarbeiten…«
    Wanja Samochin beugte sich über das Heft und kratzte mit der Feder, die er hin und wieder in das Tintenfässchen tunkte.
    Igor wartete, bis das Kratzen aufhörte. Wanja hob den Kopf und sah den Milizionär fragend an.
    »Freiwillig zusammenzuarbeiten mit den Organen der Miliz«, fuhr Igor fort. »Und bin bereit, ihnen, unter Einsatz meines Lebens, im Kampf gegen verbrecherische Elemente zu helfen…«
    Wanja sah plötzlich auf, Bestürzung und Verlegenheit im Gesicht.
    »Stimmt was nicht?«, fragte Igor.
    »Mein Leben einzusetzen habe ich nicht versprochen«, [88] sagte Wanja leise. »Also, helfen kann ich, aber das mit der Lebensgefahr – nein-nein. Meine Mutter hat ein schwaches Herz…«
    »Gut«, seufzte Igor. »Schreib ohne die Lebensgefahr, einfach helfen…«
    »Ihnen zahlt man für die Gefahr ja einen Zuschlag und gibt Ihnen eine Waffe!« Wanja warf, ehe er sich wieder seinem Blatt zuwandte, einen vielsagenden Blick auf das Pistolenhalfter des Milizionärs.
    »… ihnen im Kampf gegen verbrecherische Elemente zu helfen«, wiederholte Igor. »Ort, Datum, Unterschrift.«
    Nachdem er unterschrieben hatte, riss Wanja das Blatt sorgsam aus dem Heft, faltete es doppelt und reichte es Igor.
    Sachlich nahm Igor die Erklärung an sich und schob sie in die Brusttasche seines Hemdes.
    »Dann gehe ich jetzt schlafen?«, fragte Wanja.
    »Ach, vielleicht…«, überlegte Igor laut.
    »Was ›vielleicht‹?«, fragte Wanja vorsichtig.
    »Vielleicht spazieren wir ein bisschen durch die Stadt. Und du zeigst mir die

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