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Der Gamma-Stoff

Der Gamma-Stoff

Titel: Der Gamma-Stoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gunn
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»Vielleicht dienten sie nur dazu, ein einfaches kleines Mädchen vor Tränen zu bewahren, weil es nicht schön war, weil niemand mit ihm spielen wollte. Vielleicht sollte es der Meinung sein, daß es in Wirklichkeit eine verkleidete Prinzessin war, daß sich unter dem häßlichen Entchen ein schöner Schwan verbarg. Damals glaubte ich daran, und als du im Sterben lagst, glaubte ich es wieder. Ich wollte glauben, daß ich die Macht hatte, dich zu retten, daß der Zauber Wirklichkeit war.«
    »Deine Mutter hatte recht«, sagte Sibert schläfrig. »Du bist eine Prinzessin, ein Schwan – der Zauber ist echt. Beim nächsten Mal …«
    Beim nächsten Mal gab es weißes Hühnerfleisch für Sibert, und frische Brühe. Er setzte sich ein wenig auf. In der Brust hatte er nur noch geringe Schmerzen.
    Er wurde schnell müde und sank nach ein paar Minuten auf das Kissen zurück.
    »Deine Mutter hatte recht«, wiederholte er. »Aber es handelt sich nicht um ein Märchen. Du hast neues Blut, dessen Immunitätsfaktoren – die Gammaglobuline – der Zelldegeneration Einhalt gebieten, als wäre der Tod nicht mehr als eine Krankheit.«
    Er erzählte ihr die Geschichte Marshall Cartwrights, dieses wunderbaren Wesens, das insgeheim durchs Land gezogen war, um eine unsterbliche Sippe in die Welt zu setzen. Er berichtete ihr vom Institut und seinen Gründern, er erzählte ihr, daß er, ohne es zu ahnen, die Absichten dieser Organisation gefördert hatte, bis ihm durch einen Zufall in die Hände geriet, was alle anderen suchten.
    »Wie hast du mich gefunden?« fragte sie.
    »Ich stöberte in alten Krankenakten. Dabei stieß ich auf die Unterlagen über einen Geburtsfall: Janice McFarland, ledig. Sie hatte eine Tochter namens Barbara geboren. Sie brauchte Blut; sie lag im Sterben. Der behandelnde Arzt war ein Dr. Russel Pearce. Er muß deinen Vater gekannt haben.«
    »Warum?«
    »Ich fand diesen Zettel an einen der Laborberichte geheftet: ›Baby gesund, Mutter liegt im Sterben. Cartwright verständigen. Einzige Chance.‹«
    »Das ist aber doch sehr wenig.«
    »Als ich Locke die Informationen herauslockte, wußte ich, daß ich recht hatte. Es paßte alles zusammen.«
    »Du hast mich also vorher aufgespürt«, sagte sie mit schwacher Stimme.
    »Ja«, sagte er leise, »aber dann passierte etwas Merkwürdiges. Ich verliebte mich in das Mädchen, das ich suchte.«
    Ihr Gesicht veränderte sich.
    »Oh, welch ein Glück!« sagte sie befreit. »Einen Augenblick lang dachte ich –«
    »Daß ich ein Vampir bin, der sich nur für dein Blut interessiert?« Er schüttelte mahnend den Kopf. »Babs! Babs!«
    »Verzeih.« Sie drückte ihm die Hand. »Dann bist du zu mir zurückgekommen«, drängte sie.
    »Les – ich habe ihn nur unter diesem Namen gekannt – erwartete mich von seinem Beobachtungsposten in der Wohnung im ersten Stock aus. Und Mrs. Gentry beobachtete ihn, wahrscheinlich ohne zu wissen, welche Aufgabe er hatte.«
    »Dann wollte er dich also erschießen, weil du ihm meinen Namen nicht gesagt hast«, sagte Barbara schnell.
    »Nein, das nicht. Er wußte, daß ich ihn nicht preisgeben würde – ich mußte möglichst schnell stumm gemacht werden. Als ich sofort in das Appartementhaus zurückkam, waren sie davon überzeugt, dich finden zu können. Aber ich schoß zuerst. Mrs. Gentry schoß mich an und kam ums Leben, als ich zurückfeuerte. Das übrige weißt du.«
    »Das übrige?« Sie lächelte. Ihr Lächeln schien das ganze Zimmer zu erhellen. »Das übrige wird ausgleichen, was wir durchgemacht haben. Es wird so herrlich werden, Eddy – so wunderbar, daß es unmöglich und unwirklich klingt. Wenn das stimmt, was du sagst, werde ich nie sterben, und ich kann dich jung erhalten, und wir können immer Zusammensein.«
    »Wenn es nur so einfach wäre!« Er seufzte.
    »Und warum sollte es nicht so sein?«
    »Die Macht des Reichtums und die Angst vor dem Tod sind eine schreckliche Allianz. Nach fünfzig Jahren der Enttäuschung hat das Institut Blut geleckt. Es wird die Spur nicht aufgeben, bis es dich findet – und mich beseitigt.«
    »Was können wir tun?«
    »Ich denke dauernd nach: Was für eine Art Mensch war dein Vater? Und ich überlege mir: er muß doch irgendeine Vorsorge getroffen haben, um dich zu schützen, irgendein Versteck, Hilfe. Sobald ich reisefähig bin, machen wir uns auf die Suche.«
     
3.
     
    Der Zwölfzylinder-Ford rollte mit weniger als hundertzwanzig Stundenkilometern auf der Autostraße dahin. Es war ein staubiger,

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