Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag
ich gehört habe, hatte er geschäftliche Probleme. Ich würde gern wissen, wie ernsthaft diese Probleme sind. Oder waren. Sie sollen sozusagen herausbekommen, wie sein augenblickliches Befinden ist.«
»›Befinden‹?«
»In dem Sinne, daß er sich in Freiheit befindet und nicht im Gefängnis oder so etwas.«
Devereaux machte eine kurze Pause und sprach dann ruhig und gemessen, als müßte er einem Kind etwas erklären. »Ich bin Anwalt, nicht Privatdetektiv. Anwälte tun das, was Sie jetzt gerade sagen, nur im Fernsehen.«
Wieder ließ MacKenzie Hawkins’ Antwort keine Sekunde auf sich warten. »Das glaube ich nicht. Wenn jemand Gründungsmitglied einer Gesellschaft werden möchte, dann
sollte der Firmenanwalt doch herausfinden, ob der Betreffende stubenrein ist, oder nicht?«
»Nun, das würde davon abhängen, in welchem Maße er Teilhaber werden soll, denke ich.«
»In beträchtlichem Maße.«
»Sie meinen, dieser Angelo Dellacroce hat sein Interesse bekundet?«
»Ja, in gewisser Weise. Aber er soll nicht denken, ich sei unhöflich, indem ich Nachforschungen anstelle — wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Devereaux bemerkte, daß seine Hand jetzt doch etwas zitterte. Das war ein schlechtes Zeichen — besser als Magenschmerzen, aber trotzdem beunruhigend. »Ich habe schon wieder dieses seltsame Gefühl. Sie enthalten mir Dinge vor, die Sie mir sagen sollten.«
»Alles zu seiner Zeit. Können Sie tun, was ich von Ihnen verlange?«
»Nun, es gibt hier eine Firma in der Stadt, die mein Büro immer benützt — jedenfalls früher benützt hat. Wahrscheinlich tut sie das immer noch. Die könnten mir vielleicht helfen.«
»Ausgezeichnet. Gehen Sie hin. Aber vergessen Sie nicht, Sam, wir haben eine Anwalt-Mandant-Beziehung. Das ist genauso, als wären Sie ein Arzt oder ein Priester oder eine gute Hure. Mein Name wird nicht erwähnt.«
»Auf den letzten Hinweis hätte ich verzichten können«, entgegnete Devereaux.
Verdammt. Jetzt knurrte sein Magen. Er legte auf.
» Angelo Dellacroce!« Jesse Barton, Seniorpartner, Sohn des Firmengründers von Barton, Barton und Whistlewhite, lachte. »Sam, Sie waren zu lange weg vom Fenster!«
»Ist es so schlimm?«
»Wir wollen einmal so sagen — wenn unser gemeinsamer Bostoner Freund und Ihr vormaliger Arbeitgeber — ich unterstelle, daß er immer noch Ihr Arbeitgeber ist — Aaron Pinkus zu der Ansicht gelangen sollte, daß Sie Dellacroce
ernsthaft für irgendeine Geldangelegenheit in Betracht ziehen, würde er Ihre Mutter verständigen.«
»So schlimm?«
»Ich mache keine Witze. Aaron würde Zweifel an Ihrem Verstand äußern und persönlich Ihr Namensschild von der Bürotür entfernen.« Barton beugte sich vor. »Dellacroce ist Cosa Nostra und Mafia. Er steckt so dick in den verschiedenen Wohltätigkeitsrackets, daß der Kardinal ihn persönlich jedes Jahr zum Alfred E. Smith-Dinner einlädt. Und natürlich kann ihm keiner etwas anhaben. Er ist der Schrekken jedes Distriktsanwalts und Staatsanwalts. Die kommen nicht an ihn ran, aber nicht, weil sie es nicht versuchen.«
»Dann darf Aaron nichts von meiner ganz unschuldigen Erkundigung erfahren«, erwiderte Sam mit vertraulicher Stimme.
»Ihre Indiskretion ist bei mir sicher. Übrigens, ist es eine Indiskretion? Ist Ihr Klient wirklich so naiv?«
Sams Magen versuchte, an seiner Stelle zu antworten. Er begann ganz schnell zu reden, um das Geräusch zu übertönen. »Nach meiner Ansicht ja. Ich entledige mich da einer alten Verpflichtung, Jesse. Mein Mandant hat mir in Indochina Kopf und Kragen gerettet.«
»Ich verstehe.«
»Er ist also für mich wichtig«, fuhr Sam fort. »Und Sie finden, daß er naiv ist. In bezug auf diesen Dellacroce.«
»Das sollten Sie nicht so ohne weiteres hinnehmen«, meinte Barton und griff nach dem Telefon. »Miß Dempsey, ich brauche Phil Jensen am Apparat, bitte.« Jesse legte den Hörer wieder auf. »Jensen ist der zweite Mann im Büro des Staatsanwalts. Im Bundesdistrikt, nicht in der Stadt. Die haben Dellacroce auf dem Kieker, seit Phil dort eingetreten ist, und das ist jetzt schon fast drei Jahre her. Jensen hat auf ein Jahresgehalt von leicht sechzig Riesen verzichtet, um den bösen Leuten eins auszuwischen.«
»Wie lobenswert!«
»Quatsch. Er möchte Senator oder noch was Besseres werden. Dort verdient man das wahre Geld ...« Das
Telefon klingelte. Barton hob den Hörer ab. »Danke ... Hallo, Phil? Hier ist Jesse. Phil, da ist gerade ein alter Freund bei mir,
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