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Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Titel: Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Lethem
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seinen eigenen Intensitäten Ausdruck verschaffte als zum Prisma derIntensitäten anderer wurde, so war er doch trotzdem der Begabte. Er hatte bald eine Frau. Er hatte einen Manager. Sollte die Kunst dieser beiden ihn also ruhig von seinen Brüdern trennen, eine Kunst, die er aus eigener Kraft nicht hätte heraufbeschwören können. Das war ihre jüdische Kunst. Er erteilte sich die Absolution für das unsägliche Stereotyp, weil er sie uneingeschränkt bewunderte.
    »Heute lechzt man nach diesen engagierten Songs, die junge Hörer aufrütteln, die glauben wollen, dass ihnen jemand etwas voller Überzeugung vorspielt, der noch nicht ganz so tatterig ist wie Pete Seeger, Gott segne ihn. Deine Sache mit diesen Blues-Refrains ist phantastisch, da musst du dranbleiben, und ich glaube, so ein Album kann ich im Handumdrehen in einer Spitzenposition bei einem Spitzenlabel unterbringen. Ihr habt ja keine Ahnung, wer hier schnüffeln kommt. Neulich hat einer gefragt, ob ich so was wie ’ne weiße Odetta unter meinen Künstlern hätte. Ein Haufen alter Kocker sitzt da und träumt von einer weißen Odetta; man fasst es nicht. Nur aus Neugier: Hast du zufällig irgendwas von dem Stoff schon mal mit den Boys gebracht?«
    Miriam schüttelte den Kopf. »Sie haben die Songs nicht gehört. Sie wissen nicht mal, dass es sie gibt.«
    »Gut. Das macht es etwas leichter, dich rauszuholen. Guck dir an, wie sie dasitzt. Wie alt bist du, fünfzehn? Sie überlegt sich, was für dich das Beste ist. Sie könnte meinen Job machen, Tommy. Wenn ich mich auf meinen Berg zurückgezogen habe, kann sie ihn haben. Wusstest du, dass ich einen Berg kaufe?«
    »Nein.«
    »Nicht billig. Ich kauf ihn für Watts, der überhaupt nicht praktisch veranlagt ist. Im Endeffekt muss die Trennung absolut sein, Tommy, zwischen diesem Stoff und deinen früheren Aktivitäten darf es keinerlei Verbindung geben. Ein Glück, dass du zu mir gekommen bist, denn wenn sonst jemand versuchen würde, eine meiner Bands zu sprengen, würd ich ihm die Eier in einen Schraubstock spannen. So mach ich’s selber.«
    Tommy und Miriam hatten nur einmal fast gestritten, und das war,nachdem sie ihn unter Druck gesetzt hatte, die Wohnung in der Mott Street zu mieten, nachdem sie ihm strikt verboten hatte, die neuen Songs zu erwähnen, nachdem sie bei Konzerten ein paarmal mit schnippischen Bemerkungen reagiert hatte – einmal hatte sie bei Rye eine Zigarette geschnorrt und sich dann sofort umgedreht und sich um einen der von ihm ausrangierten Backstage-Groupies gekümmert –, als Tommy Angst gehabt hatte, er müsse sich zwischen seinen Brüdern und ihr entscheiden, und ihr deswegen vorgeworfen hatte, sie könne seine Brüder nicht ausstehen.
    Miriam hatte ihn unsentimental angesehen. »Ich erzähl dir mal eine Geschichte von Rose«, sagte sie.
    »Was hat die denn damit zu tun?«
    »Hör sie dir einfach an. Als ich ungefähr zwölf war, wohnte in den Gardens ein Mann namens Abraham Schummel, dem war die Frau gestorben, und er hatte seine Arbeit verloren, und dann drehte er durch und schrieb den Leuten allen möglichen schizophrenen Quatsch an die Mauern, und am Ende hatte er einen Nervenzusammenbruch. Sie haben ihn abgeholt, und sein Haus stand leer. Dann haben sich ein paar Nachbarn zusammengetan, um die Mittel für eine privatmedizinische Behandlung aufzutreiben und Schummel in sein Haus zurückkehren zu lassen, und Rose hat sich geweigert. Und du darfst nicht vergessen, dass sich Rose damals für den Inbegriff der Nachbarschaftlichkeit hielt, Nachbarn müssten Nachbarn helfen, war ihr Dauerspruch, und mit zwölf hatte ich noch keinen Schimmer, was sie eigentlich gegen Schummel hatte, für mich war er einfach vom Pech verfolgt. Aber Rose hat gesagt, und zwar wortwörtlich, Er war schon immer ein Arschloch. Wenn man Abe Schummel von seiner Geisteskrankheit heilt, sagte sie, hat man ein geistig repariertes Arschloch. Wenn man ihm Haus und Arbeit zurückbeschafft, hat man ein Arschloch mit Haus und Arbeit. Manche Dinge sind nicht zu reparieren.«
    »Und ich soll aus deiner schönen Parabel den Schluss ziehen, dass meine Brüder so sind wie dieser Schummel. Unreparierbare Arschlöcher.«
    »Dafür wird man erwachsen und lernt jemanden kennen, der die eigene Familie nicht mag, Tom. Also red dir nicht mehr ein, das wäre deine persönliche Last, ein Problem, das nur du allein lösen kannst. Es macht dich frei, sie als genauso alltägliche Arschlöcher anzusehen wie den Rest der

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