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Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Titel: Der Garten der verlorenen Seelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Bein.
    «Ja?» Sie zuckt zusammen.
    Nurto wringt das kleine Handtuch aus und drückt es Kawsar in die Hand, als Zeichen für sie, sich zwischen den Beinen zu waschen.
    Nurto wendet dem Bett den Rücken zu und geht mit der Schüssel in die Küche, um mehr Wasser zu holen.
    Kawsars Hand fährt über die grauen Haarstoppeln, die durchs lebenslange Rasieren spärlich geworden sind, und über die glatte Hautfläche über ihren Genitalien. Sie schrubbt das Narbengewebe, das schlaffe Fleisch, in der Hoffnung den muffigen Geruch wegzubekommen, der höchstwahrscheinlich den Großteil der Woche an ihr hängt. Für diesen Teil ihres Körpers hegt sie keinerlei Sympathie, er hat ihr nur Schmerz und Enttäuschung gebracht, und wäre es möglich, würde sie ihn ohne Bedauern wegschrubben. Manchmal kommt es ihr so vor, als hätte dieBeschneiderin nach einem Blick auf den hübsch möblierten Raum, die dicke Matratze, auf die Kawsar sich legte, und die Risse in ihrer eigenen Kleidung beschlossen, dem Mädchen einen Streich zu spielen. Vielleicht hatte sie die Öffnung völlig geschlossen oder zu tief geschnitten oder sogar Dornen in ihren Schoß gepflanzt, damit sie unfruchtbar wurde. An diesem Tag wurde Kawsar ganz bestimmt geschwächt, wohingegen Dahabo und die anderen Mädchen gestärkt aus der Beschneidung hervorgegangen waren. Wer auch immer die verbitterte alte Zauberin in heidnischen Zeiten gewesen sein mochte, die diese Praktik ersonnen hatte, sie muss die anderen überzeugt haben, dass sich damit die Starken von den Schwachen unterscheiden ließen und Mädchen, die diese Prozedur nicht überlebten, nicht die Milch wert waren, die man für ihr Gedeihen brauchte. Sollte es ein paar von ihnen doch noch gelingen, weder ganz tot noch richtig lebendig, herumzuhumpeln, nun, dann konnte man sie, solange sie nicht im Weg standen, eben tolerieren. Diese Haltung hatte seit Generationen den Frauen Härte verliehen, die Fähigkeit, sich nicht darum zu scheren, wer zurückblieb, bis sie schließlich den anderen hinterherhumpelten.
    Nurto kommt mit der Schüssel zurück, diese Härte ist auch ihr ins Gesicht geschrieben. Kawsar lässt das Handtuch auf den Boden fallen und sich von dem Mädchen den Rücken mit einer Bürste schrubben, deren Borsten vom ausgiebigen Gebrauch schon ganz platt gedrückt sind. Es tut gut, wenn die taube Haut wieder zum Leben erwacht, aber bald hat sich die Bürste zu den beiden wund gelegenen rosa Stellen über ihrem Hintern hinuntergearbeitet.
    «Das reicht», sagt Kawsar und zieht die Luft zwischen den Zähnen ein.
    Mit einem Handtuch, das vom Waschmittel ganz steif ist, trocknet Nurto sie ab und hilft ihr in frische, nach Weihrauch duftende Kleider.
    Das ist nicht die Sauberkeit, die sie gewöhnt ist – manche Hautstellen sind nicht einmal vom Wasser benetzt worden –, aber es reicht, dass sie sich wieder wie ein Mensch fühlt; Seife, warmes Wasser und die Berührung einer Hand besitzen inzwischen diese Macht.
    Ein heftiger Regen prasselt gegen die Fenster, lenkt Kawsar von ihren Gedanken ab; ein Polizeiauto, das die Einhaltung der Ausgangssperre überwacht, wirft ein schwaches, dottergelbes Licht in den Raum. Kalte Regenfälle bewirken bei Kawsar genau das Gegenteil – sie bringen Wärme, ein Gefühl der Fülle und des Wohlseins, die Erinnerung an Farahs Hand, die sich über das schlagende Herz in ihrem Schoß legt. Diese Jugendtage im grünen Dämmer geschlossener Fensterläden haben sich tief in das Gedächtnis ihres Körpers gegraben: das über ihnen klappernde Blechdach, der durch die Ritzen flüsternde Wind und Farah, der neben ihr auf der niedrigen Liege schläft, dessen wandernde Hand vom Bund ihres Unterrocks gebremst wird. Kawsar erinnert sich, wie sie seinen Arm fester um sich legte, sein Körper sich an ihren schmiegt und sie ihn durch halb geschlossene Lider betrachtete, an jenen Morgen oder Nachmittagen, wenn er sich weigerte, durch den gelben Matsch zurück ins Büro zu gehen. Nie liebte sie ihn mehr als in dieser Benommenheit, wenn sie wie Zwillinge waren, in einer Haut, ihre Glieder so ineinander verschlungen, dass sie nicht mehr spüren konnte, wo sein Fleisch aufhörte und ihres begann, oder sie ihren Geruch von seinem nicht unterscheiden konnte. Stunden vergingen in einem Schlaf, der so tief, so üppig war, dass sie wusste, wie sich Betrunkene fühlten, wenn sie am Straßenrand in Bewusstlosigkeit versanken, ein entrücktes Lächeln auf den Lippen. Wenn Farah sich schließlich regte,

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