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Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Titel: Der Garten der verlorenen Seelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Farah angezogen, als wäre er eine Puppe, jeden Tag seine Kleider gewaschen und gebügelt und abends seine Stiefel mit Kiwi-Schuhcreme poliert. Sie achtete auf seine Erscheinung so sehr wie auf ihre eigene. Schön wollten sie aussehen, wenn sie ihr Land von den Briten zurückeroberten.
    Kawsar nimmt noch einen Schluck Wasser und spricht das Gebet für die Sterbenden. Eine schlichte Kugel kann sie akzeptieren – nicht nötig, dass sie ihre Zeit an eine alte Frau verschwenden –, aber Kawsar befürchtet, die Soldaten könnten sie aus dem Bett zerren oder zwingen, aufzustehen. Sie will ihnen das Gold und das Bargeld unter der Matratze geben, wenn sie ihr versprechen, sie in Ruhe liegen zu lassen. Sie stellt sich das Radio neben das Ohr, dreht die Lautstärke herunter und schaltet es ein. Seit Jahren ist der Äther im Krieg zwischen dem Diktator und den Rebellen hart umkämpft, jetzt allerdings knistert Oodweynes Stimme aus dem Lautsprecher, klingt mit jedem Wort klarer und triumphierender.
    «Bürger, wir sind zu äußerst einschneidenden Maßnahmen gezwungen worden. Wir haben an unsere Genossen im Norden appelliert, sie mögen unsere Meinungsverschiedenheiten mit friedlichen Mitteln beilegen; wir haben sie inständig gebeten, es nicht zuzulassen, dass unsere Souveränität von den Feinden des somalischen Volkes und ihren Kollaborateuren unterminiert wird. Unsere Geduld im Angesicht des Terrorismus hat uns die Sympathien der ganzen Welt eingebracht, selbst der Präsident der Vereinigten Staaten schickt Hilfe, damit wir die Bedrohung, der wir uns gegenübersehen, eliminieren: ein US-Marineschiff mit Versorgungsgütern wird demnächst im Hafen von Berbera erwartet. Wir verfügen über die Mittel und den Willen, einen Sieg zu erringen, wie unser Land ihn in seiner Geschichte noch nicht erlebt hat, und alle Antirevolutionäre werden bitter erfahren, was es bedeutet, sich dem Staat und dem Fortschritt entgegenzustellen.»
    Ehe die Ansprache wiederholt wird, würgt Kawsar seine Stimme ab. Wenn alles, was man kennt, um einen herum stirbt, ist Sterben garnicht so qualvoll. Es ist, als wäre die Welt für Kawsar erbaut worden und würde bei ihrem Weggang nun wieder abgerissen. An einem Abend in den späten Sechzigern hatte Kawsar im Nationaltheater in Mogadischu gewartet, dass Farah an ihren Tisch zurückkehren würde. Sie hatte ihn inständig gebeten, sie einmal auszuführen, während sie wegen seiner Polizeiausbildung in der Hauptstadt waren, aber überall, wo sie hingingen, wurde seine Aufmerksamkeit von seinen Freunden von der Somalischen Jugendliga beansprucht. Deprimiert und verlassen hatte sie zugesehen, wie der Putztrupp den Boden fegte und die Bühnenarbeiter die Stadt zerlegten, die wenige Minuten zuvor noch so belebt gewirkt hatte. Zimmermannslehrlinge mit glatten Gesichtern, die aus den goldenen Backsteinen echten Halwas die Mandeln stibitzten, zerrten den Süßwarenstand des Komikers von der Bühne. Eine Sonnenuntergangskulisse, auf der tintige Vögel flatterten, wurde aufgerollt und von einem Jungen in eine Papprolle geschoben. Kawsar, die als Erste in der October Road einen Bungalow gebaut hatte, würde mit ansehen müssen, wie die Straße wieder in ihren Urzustand zurückkehrte und die Häuser dem Erdboden gleichgemacht wurden, damit die Wacholderbäume und die Paviane wieder zurückkommen konnten.
    Mit einem Ruck schlägt Deqo in ihrer Tonne die Augen auf. Es klingt, als würden Männer die Außenseite mit Hämmern bearbeiten. BUMM, DONG, BUMM. Sie geht in die Hocke und späht hinaus, aber da ist niemand, nur der übliche Kreis schweigender Bäume. Es dröhnt weiter, und Deqo kriecht aus der Tonne, will die Ursache herausfinden. Wochenlang hat sie keine Menschenseele gesehen, die Stadt und den Markt gemieden, für den Fall, dass der alte Mann sie dort finden könnte. Ihr Haar ist struppig und hoffnungslos verfilzt und durch das mittlerweile zerlumpte Kleid, in dem sie aus Nasras Haus geflohen war, schimmert die Haut. Ihre Nahrung besteht aus hartem, unreifem Obst und ihr Mund ist wund. Jedes Gramm Gewicht, das sie in Hargeisa zugelegt hat, ist wieder verschwunden; sie ist größer und überschlank, hört beim Gehen ihre Schritte nicht, schwebt vielmehr über den Boden, hinterlässt keine Fußabdrücke. Die Blitze am Himmel sind willkommen,je mehr Regen fällt, desto größer ist ihr Trinkwasservorrat in dem Eimer, den sie aus dem Müllhaufen unter der Brücke gefischt hat.
    Als Deqo einen kurzen Blick nach

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