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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Stoff blieb gespannt.
    »Was ist das?«, fragte ich verwundert und betrachtete den seltsamen Gegenstand.
    Als Sydoni meinen verwirrten Gesichtsausdruck sah, lachte sie lauthals auf. Das Geräusch war purer Zauber: Es war ein warmes, weibliches Geräusch voller Freude, das zwar ein wenig überlegen klang, doch frei von jeglichem Spott. »Habt Ihr noch nie einen Sonnenschirm gesehen?«, fragte sie lachend.
    »Ein Sonnenschirm«, wiederholte ich, glücklich darüber, sie durch meine Dummheit fröhlich gestimmt zu haben. »Nennt man das so? Einen Sonnenschirm?«
    Noch immer lachend fragte sie: »Was benutzen denn die Frauen in Eurer Heimat, wenn sie über Land reisen?«
    »Nichts«, antwortete ich.
    »Aber wie«, verlangte sie ungläubig zu wissen, »schützen sie sich denn vor der heißen Sonne, um nicht vorzeitig zu altern?«
    »Bei uns scheint die Sonne so selten«, erklärte ich, »dass die Menschen sie willkommen heißen, wenn sie denn einmal am Himmel steht, anstatt sich zu verstecken.«
    »Wollt Ihr mir damit etwa sagen, dass die Sonne bei Euch niemals scheint?« Sie blickte mich von der Seite her an. »Ich glaube Euch nicht.«
    »Es ist aber so«, beharrte ich auf meiner Aussage. »Wenn die Männer und Frauen von Schottland einmal die Sonne sehen, ist das ein
    Grund zum Feiern. Niemand käme auf den Gedanken, sich vor ihrer Wärme und ihrem Licht zu schützen.«
    »Dann hoffe ich, niemals dorthin zu kommen«, erwiderte Sydo-ni voller Leidenschaft. »Dieses Schottland scheint mir ein wirklich düsterer und trostloser Ort zu sein.«
    Unerklärlicherweise versetzten mir ihre Worte einen Stich. Ich bedauerte, über mein Heimatland auf eine Art und Weise gesprochen zu haben, die Sydonis Verachtung hervorgerufen hatte. »Wie benutzt man diesen . diesen Sonnenschirm?«, fragte ich.
    »So«, antwortete sie und legte sich die Rute über die Schulter. Ihr Gesicht, ihr Hals und ihre Schultern lagen nun im Schatten des gespannten runden Tuchs. »Seht Ihr?«
    »Das ist sehr schlau«, musste ich gestehen. »Aber warum tragt Ihr nicht einfach einen Hut?«
    Seit ich nach Outremer gekommen war, hatte ich viele breitkrempige Hüte gesehen, die zumeist aus geflochtenem Stroh bestanden. Diese schienen mir weit geeigneter zu sein, den Träger vor der glühend heißen Sonne zu schützen als dieser so genannte Schirm. »Bauern tragen Hüte«, erwiderte Sydoni. »Hier, versucht es einmal«, sagte sie und reichte mir das Ding.
    Ich nahm es und legte es mir genau wie Sydoni über die Schulter. Der Anblick eines fremden Mannes mit einem Sonnenschirm schien für unsere junge Eskorte jedoch ausgesprochen belustigend zu sein, denn die beiden Mädchen begannen augenblicklich laut zu kichern und hörten auch nicht mehr damit auf. Ich gab Sydo-ni das Ding zurück, die es sich wieder auf die Schulter legte, die Stoffscheibe wie ein Rad drehte und fröhlich vor sich hin summte. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit genoss ich nun ihre fröhliche Gesellschaft und die damit verbundene unerwartete Vertrautheit zwischen uns.
    Als wir schließlich die Boote erreichten, berichtete Sydoni ihrem Vater, dass sie bei einer der Dorffrauen einen Umhang in Auftrag gegeben hatte, und sie bat ihn, das Geld dafür einem der Mädchen zu geben, das es dann seiner Mutter übergeben würde. Jordanus zähl-te ein paar Silbermünzen in die Hand des Mädchens. »Und auch noch etwas für den Sonnenschirm«, sagte Sydoni und legte selbst noch ein paar Silberstücke drauf.
    Dann kletterten wir unter den wachsamen Blicken der Einwohner von Marionis in die Boote und begannen die langsame, ruhige Reise den Fluss hinauf nach Mamistra. Padraig und ich teilten uns das Rudern mit den beiden Männern aus dem Dorf; waren sie müde, lösten wir sie ab und umgekehrt. Auf diese Art arbeiteten wir uns den gewundenen Fluss hinauf. Die erste Nacht verbrachten wir auf einer Kiesbank mitten im Fluss, nur der Sternenhimmel lag über uns.
    Die zweite Nacht lagerten wir in einem Olivenhain am Ufer, und als die Sonne am dritten Tag unterging, erreichten wir Mamistra. Während Padraig und Roupen den beiden Dörflern halfen, das Boot zu entladen, gingen Jordanus und ich am nächsten Morgen in die Stadt, um den Pferdehändler zu suchen, von dem der alte Kaufmann uns erzählt hatte.
    Auf dem Weg hielten wir einen Bauern an, der ein Ferkel unter dem Arm trug, und fragten ihn, ob er jemanden kenne, der Pferde züchte oder verkaufe. Der Bauer kniff die Augen zusammen, rieb sich das stoppelige Kinn,

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