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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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einem solch fröhlichen Hämmern ausgesetzt, dass ich schon fürchtete, gleich würden mir die Knochen brechen.
    Padraig und ich wurden zu einer höher gelegenen Festtafel geführt, wo ein gekämmter, rasierter und frisch eingekleideter Jordanus mit einem sichtlich angespannten Konstantin sprach; Sydoni, die ein makelloses dünnes Sommerkleid aus schimmernder grüner Seide trug, lauschte einer grauhaarigen Frau mit traurigen dunklen Augen. Als wir näher kamen, streckte die Frau Roupen die Arme entgegen, der sie daraufhin küsste, umarmte und anschließend erklärte: »Herr Duncan, Bruder Padraig, darf ich Euch meine Mutter vorstellen, Fürstin Elena.«
    Ich verneigte mich respektvoll. Die Fürstin bot mir ihre Hand an, und ich küsste sie. Padraig tat es mir nach, woraufhin sie sagte: »Mir fehlen die Worte, um die Dankbarkeit einer Mutter zu beschreiben, dass Ihr ihr den verlorenen Sohn zurückgebracht habt.« Ihr Latein war sehr formell und klang ein wenig gestelzt. »Doch vielleicht gestattet Ihr mir Euch dies hier zu geben, auf dass es das Haar einer Dame zieren möge, die Ihr liebt; und wann immer Ihr es seht, soll es Euch an die Frau erinnern, deren Gebete Ihr beantwortet habt.«
    Mit diesen Worten griff sie hinter sich und nahm zwei Holzkästchen von einem Tisch. Eines davon gab sie Padraig, das andere mir; dann bat sie mich, es zu öffnen. Darin lag eine Brosche mit goldener Nadel. Die Brosche bestand aus einem einzigen blutroten Rubin umgeben von einem Ring aus winzigen Saphiren. In den Rubin war ein seltsames Symbol eingraviert: Es schien eine Kugel mit Adlerschwingen zu sein, und über der Kugel war der griechische Buchstabe chi zu sehen, der unserem X ähnelt.
    Padraig hatte einen goldenen Reiferhalten, dessen Enden wie Vogelköpfe geformt waren - Störche oder Schwäne glaube ich -, und zwischen ihren Schnäbeln hielten sie einen funkelnden Smaragd. An Größe und Glanz übertrafen beide Edelsteine alles, was ich je gesehen hatte.
    »Meine Mutter hat sie mir vermacht, und ich habe sie an meinem Hochzeitstag getragen. Ich weiß nicht, ob es den Priestern in Eurer Heimat gestattet ist zu heiraten - man hat mir gesagt, dass es einigen in der Tat verboten ist -; aber ich hoffe, dass Ihr diese Geschenke für eine Frau verwahrt, die Euch einen so liebevollen Sohn schenkt wie meinen Roupen.«
    »Nichts wäre mir eine größere Freude, edle Frau«, sagte Padraig und dankte ihr mit einem gälischen Segen.
    »Und Ihr, Herr Duncan«, sagte die Fürstin und klopfte mit dem Finger auf das Kästchen in meiner Hand. »Habt Ihr eine Gemahlin?«
    »Leider nein, edle Frau«, antwortete ich schlicht. Ich wollte nicht die Erinnerung an deine liebe Mutter wieder wecken, liebe Cait. »Eines Tages vielleicht. So Gott will.«
    Sydoni, die hinter der Fürstin stand, blickte mir bei diesen Worten in die Augen, und dieser Blick war so offen und direkt, dass ich ein wenig verlegen wurde.
    »Dann bete ich, dass die Frau, die Ihr Euch erwählt, es stets in Liebe und Glück tragen wird«, sagte die Fürstin. Sie deutete aufdas Symbol auf dem Rubin. »Dies ist das Siegel des königlichen Hauses von Armenien, unser Wappen seit tausend Jahren.«
    »Euer Geschenk ist überwältigend, und ich danke Euch, aber ich kann es nicht annehmen«, wandte ich ein und riss mich von Sy-donis Augen los ... was mir weit schwerer fiel, als ich für möglich gehalten hätte. »Ich habe Euren Sohn nur auf seinem Weg begleitet.«
    Das Gesicht der Edelfrau nahm einen gönnerhaften Ausdruck an. »Nun kommt aber. Falsche Bescheidenheit ist genauso unschicklich wie Eitelkeit. Roupen hat mir erzählt, dass Ihr ihm zweimal das Leben gerettet habt und dass Ihr den ganzen Weg über sein Schutzengel gewesen seid.«
    Ich sah, dass es sinnlos war, noch weiter zu protestieren, und so verneigte ich mich erneut und nahm das Geschenk mit glühenden Wangen und so huldvoll wie möglich an. Zu meiner Erleichterung erschien in diesem Augenblick ein Diener mit einem Silbertablett voller kleiner Weingläser. Konstantin nahm ihm das Tablett ab und verteilte den Wein. Zu guter Letzt nahm er auch selbst ein Glas und sagte: »Lasst uns aufsichere Reisen und glückliche Heimkehrer trinken.«
    Wir hoben die Gläser und tranken. Der Wein war süß und gut, und während wir tranken und sprachen, entspannte ich mich allmählich. Dann und wann kam einer der anderen Gäste an unseren Tisch, um Padraig und mir vorgestellt zu werden. Meistens übernahm Roupen die Vorstellung; doch wenn ihm

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