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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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dicht aneinander drängten und weinten. Zwei Männer, die ich bis jetzt nicht bemerkt hatte, lösten sich aus der Gruppe der Frauen. Die Römer lehnten die Leiter an das Gerüst, und einer von ihnen kletterte mit gezogenem Schwert hinauf, um dem Toten die Hände abzuschlagen.
    »Nein! Bitte, nein!«, rief der junge Mann. »Ihr dürft den Körper nicht verstümmeln.«
    Der Legionär verzog das Gesicht. »Ich dachte, du hättest es eilig, Freund.« Er wedelte mit seinem Schwert. »Ein sauberer Schlag, und das war's dann.«
    »Der spürt sowieso nichts mehr«, fügte der andere Legionär hilfsbereit hinzu. »Der ist so tot wie ein Haufen Scheiße.«
    Der junge Mann deutete auf die Frauen, die sich inzwischen unter dem Toten versammelt hatten, und sagte: »Bitte, um seiner Mutter willen, lasst ihm wenigstens diesen Rest an Würde.«
    Der Legionär zuckte mit den Schultern, und anstatt die Hände abzuhacken, zerschlug er mit dem Schwert das Seil, das den Kreuzbalken unseres Herrn am Gerüst festhielt. Der Leichnam sackte zu einer Seite weg, woraufhin der Römer sich über ihn beugte und auch das andere Seil durchschlug. Das wiederum hatte zur Folge, dass nun der ganze Körper vornüber fiel; die Beine waren allerdings noch immer am unteren Balken festgenagelt. Jene, die sich unter dem Kreuz versammelt hatten, fingen den gesegneten Leib unseres Herrn auf und hielten ihn fest, während der zweite Legionär mit einer großen Zange die Nägel aus den Fußgelenken zog.
    Das Ganze war eine ausgesprochen schwierige Arbeit, und der junge Jude ermahnte die Legionäre ständig, vorsichtig zu sein. Alle Trauernden waren vonnöten, um den Leichnam zu stützen, damit ihm die Füße nicht abgerissen wurden. Schließlich jedoch gelang es dem Legionär, den Toten zu befreien, und die Trauernden legten den reglosen Körper unseres Herrn Jesus auf die feuchte Erde.
    Als Nächstes machte sich der Legionär an den Nägeln zu schaffen, die die Arme des Toten festhielten. Während er versuchte, mit der schweren Zange die verbogenen Nägelköpfe zu packen, ermahnte ihn der junge Jude wieder, dass er sich beeilen solle, denn es sei schon spät. Der Legionär wurde wütend. »Willst du es schnell oder sauber?«, verlangte er zu wissen. »Was denn nun?«
    »Josef«, sagte eine der Frauen in sanftem Tonfall. Sie war jünger als die anderen, und langes dunkles Haar quoll unter der Kapuze ihres Umhangs hervor. »Ärgere den Mann nicht. Er versucht nur, uns zu helfen.« Der Klang ihrer Stimme war wie Balsam für die Seelen derer, die diesen schrecklichen Tag hatten miterleben müssen.
    »Miriam, wir müssen.« Der junge Mann wollte ihr widersprechen, doch die Frau brachte ihn mit solch einem wunderbaren, traurigen Lächeln zum Schweigen, dass es mir das Herz zerriss. »Bitte, Josef. Es wird schon alles gut werden. Es gibt keinen Grund zur Eile mehr.«
    »Nun gut«, gab der wohlhabende junge Mann nach. Und an den Legionär gewandt sagte er: »Nehmt Euch Zeit, mein Freund.«
    Der Legionär blickte zu der Frau namens Miriam, und sein Blick zeigte mehr als nur wohlwollendes Interesse; dann machte er sich wieder an die Arbeit, und schließlich gelang es ihm auch, zuerst das linke und dann das rechte Handgelenk zu befreien. Vorsichtig breiteten die Frauen das Leichentuch auf dem Boden aus, und darauf legte man dann den irdischen Leib von Gottes Sohn. Die Männer schauten zu, während die Frauen die Glieder und Haare des Leichnams richteten und dabei unablässig Gebete murmelten. Schließlich wurde das Leichentuch über dem Toten gefaltet und an Hals, Brust und Füßen mit breiten Stoffstreifen zusammengebunden. Die Männer dankten den römischen Legionären, hoben den Leichnam hoch und trugen ihn den Hügel hinunter zu dem Eselskarren. Dort angekommen, legten sie unseren Erlöser hinein und machten sich langsam auf den langen Weg zurück in die Stadt.
    Die Legionäre wiederum teilten das Geld des jungen Juden unter sich auf, warfen einen letzten Blick auf die beiden toten Diebe, legten die Speere über die Schultern und gingen ebenfalls.
    »Wer, glaubst du, war das?«, hörte ich einen von ihnen fragen, als sie den Hügel hinuntergingen.
    »Egal«, erwiderte der andere. »Jude ist Jude. Die sind alle gleich. Allesamt Eiferer, Verrückte und Mörder.«
    Sie entfernten sich, und ich fand mich allein auf dem Hügel wieder. Ich starrte auf den Kreuzbalken, den man einfach auf dem Boden hatte liegen lassen, auf die herausgerissenen Nägel, die noch vor kurzem

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