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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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antwortete der Sergeant. »Ich habe gedacht, er sei es gewesen, der Euch befreit hat.«
    »Ich bete, dass ihm nichts geschehen ist«, mischte sich Padraig rasch ein. Der listige Priester hatte die Gelegenheit erkannt und beschlossen, sie beim Schopf zu packen. »Vielleicht solltet Ihr ihn suchen gehen.«
    Unentschlossen runzelte Gislebert die Stirn. Ihm gefiel ganz und gar nicht, in welche Richtung sich die Dinge entwickelten, aber er war nicht schnell genug, um etwas dagegen zu unternehmen. »Ich glaube, der Priester hat Recht«, fügte Jordanus unschuldig hinzu. »Ja, geht sofort, Gislebert. Komtur de Bracineaux könnte Euch brauchen.«
    »Mein Befehl lautet, hier mit Euch zu warten«, erwiderte der Sergeant bedrückt.
    »Und das habt Ihr auch getan«, mischte sich Sydoni plötzlich ein. Sie trat vor, ergriff Gisleberts Arm und drehte ihn zur Reling um. »Dank Euch und der Umsicht des guten Komturs ist alles in Ordnung. Wir kommen hier ganz gut allein zurecht - zumindest, solange Ihr fort seid, um zu sehen, ob Eure Hilfe andernorts benötigt wird.«
    Die Falten auf Gisleberts Stirn vertieften sich. Sydoni hatte ihn sanft bis an die Reling geführt. Unfähig, ihr noch länger zu widersprechen, sagte er: »Also gut, wenn Ihr glaubt.«
    »Macht Euch keine Sorgen um uns«, unterbrach ihn Sydoni. »Eure Pflicht gilt jetzt Eurem Komtur.«
    »Ohne Zweifel wird es ihn freuen, von Duncans sicherer Rückkehr zu erfahren«, sagte Padraig. »Es wäre gut, ihm so rasch wie möglich davon zu berichten, damit er sich keine unnötige Mühe macht.«
    Widerwillig kletterte der Templer über die Reling. »Ich werde den Komtur davon in Kenntnis setzen, dass Herr Duncan wieder zurückgekehrt ist«, sagte er, warf mir einen letzten misstrauischen Blick zu und sprang aufs Kai. Er rief den zwei Templern vor dem Schiff
    zu, ihn zu begleiten, und gemeinsam eilten die drei davon. Wir blickten ihnen hinterher, bis sie außer Sichtweite waren.
    »Jordanus«, fragte ich, »wie schnell ist das Schiff bereit abzulegen?«
    Von der Frage überrascht zögerte er kurz. »Du willst absegeln? Aber der Komtur wird.«
    »Wie bald?«
    »Nun, sobald wir ein paar Vorräte an Bord genommen haben«, erwiderte er nachdenklich. »Ich weiß, dass du begierig daraufbist, nach.«
    »Vorräte können wir auch unterwegs aufnehmen«, unterbrach ihn Sydoni, und an mich gewandt sagte sie: »Wir können sofort ablegen, wenn es das ist, was du willst.«
    »Wir können Komtur de Bracineaux doch nicht einfach hier zurücklassen, ohne ihm zumindest.«, begann Jordanus.
    »Vater, ich glaube, Duncan möchte den Templern aus dem Weg gehen«, sagte Sydoni und blickte auf der Suche nach Bestätigung zu mir.
    »Das ist wahr«, gestand ich. »Ich weiß, dass ihr alle sehr viel um meinetwillen getan habt, aber ich fürchte, ich muss euch bitten, mir noch ein wenig länger zu helfen. Verrat ist hier am Werk, und ich fürchte, wir können Komtur de Bracineaux nicht mehr vertrauen. Wir müssen sofort aufbrechen.«
    »Der Steuermann schläft unter Deck«, sagte Sydoni. »Ich werde ihn aufwecken. Du und Padraig, ihr könnt schon mal alles vorbereiten.«
    Sydonis plötzlicher Stimmungswechsel überraschte mich, doch mir blieb keine Zeit, länger darüber nachzudenken. »Ich werde Wazim holen«, sagte ich zu Padraig und sprang über die Reling. »Macht schon mal die Leinen los.«
    Ich eilte zu der Stelle, wo ich Wazim zurückgelassen hatte, und fand ihn mit verschränkten Beinen und geschlossenen Augen auf dem Kai sitzend. Die heilige Reliquie war nirgends zu sehen. »Wo ist der Stamm?«, verlangte ich in scharfem Tonfall zu wissen. »Was hast du damit gemacht?«
    »Beruhigt Euch, mein Freund.« Wazim lächelte, stand auf, und ich sah, dass er aufder Reliquie gesessen hatte. »Möge Gott mir verzeihen«, er lachte leise und bückte sich nach dem heiligen Gegenstand; »aber was ein Dieb nicht sieht, das kann er auch nicht stehlen.«
    Ich zog mein Hemd aus und wickelte es rasch um das Heilige Kreuz; dann eilten wir zum Schiff zurück. Inzwischen waren der Steuermann und zwei Matrosen geweckt worden, die nun müde damit beschäftigt waren, das Schiff zum Auslaufen bereitzumachen. Jor-danus und die anderen kannten Wazim natürlich bereits, und sie hießen ihn willkommen und fragten ihn nach dem Grund für unsere Verspätung. »Wir haben euch schon letzte Nacht erwartet«, sagte Jordanus.
    Ich überließ es Wazim, alles zu erklären, und ging unter Deck, um dort das Kreuz zu verstauen.

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