Der Gast: Roman
wegen Marta?«
»Wegen beiden.«
Als er aus dem Bad kam, war das Wohnzimmer bis auf eine schwache Lampe neben dem Liegesessel dunkel. Sue hatte sich unter einer blauen Decke, die sie bis fast zu den Schultern bedeckte, auf dem Sofa ausgestreckt und den Kopf auf ein Kissen gebettet.
»Darf ich dir einen Gutenachtkuss geben?«, fragte Neal. »Marta muss es ja nicht erfahren.«
»Komm her.«
Er ging zu ihr. In dem trüben Licht sah er, dass ihre Schultern nackt waren. Er kniete sich neben das Sofa. »Was hast du an?«, fragte er.
»Siehst du doch.«
»Was denn?«
»Die Decke.«
»Ist das alles?«
»Brauch ich sonst noch was?«
»Was ist mit Marta?«
»Du lässt deine Klamotten an. Das reicht doch.« Lächelnd streckte sie einen nackten Arm unter der Decke hervor und streichelte seine Wange.
»Was ist mit Rasputin?«
»Ist er eifersüchtig?«
»Willst du nackt sein, falls er hier einbricht?«
»Spielt keine Rolle. Du wirst ihn erschießen.«
»Und was ist mit mir?«
»Was soll denn sein?«
»Wie soll ich in dem Sessel da drüben einschlafen, wenn ich weiß, dass du nackt ganz in der Nähe liegst.«
»Denk einfach nicht dran«, sagte sie. Ihr Lächeln verblasste. »Das Problem ist, ich kann angezogen nicht schlafen.«
»Soll das ein Witz sein?«
»Nein. Ich wälze mich zu viel hin und her. Wenn ich was anhabe, verwickelt und verdreht sich alles. Das halte ich nicht aus.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Ich glaube, das denkst du dir nur aus.«
»Nein. Gibst du mir jetzt einen Kuss?«
»Hm.« Er beugte sich vor und küsste sie auf den Mund. Sue legte ihre Hand auf seinen Hinterkopf und streichelte ihn.
Sie beschwerte sich nicht, als er eine Hand unter die Decke schob. Er strich über die Hügel ihrer Brüste und ihren Bauch. Als seine Hand weiter hinabwanderte, spürte er am ganzen Arm ihre nackte Haut. Sie war weich und warm. Sue stöhnte leise und wand sich.
Sie drehte den Kopf, um sich von seinen Lippen zu lösen und flüsterte: »Was hast du vor?«
»Nichts.«
»Dann hab ich mich wohl getäuscht.«
Er zog den Arm unter der Decke hervor.
»Aber es hat sich gut angefühlt«, sagte Sue und küsste ihn noch einmal.
»Ich glaub, ich gehe jetzt besser zurück in meine Ecke«, flüsterte Neal nach dem Kuss.
»Das glaub ich auch.«
Er ging zu seinem Sessel. Im Licht der Stehlampe zog er seine Schuhe aus und leerte seine Hosentaschen. Er legte das Armband und die Pistole auf den Beistelltisch, dann schaltete er das Licht aus und setzte sich. Nachdem er die Decke über sich gezogen hatte, kippte er die Lehne zurück. Die Fußstütze klappte nach oben und hob seine Füße vom Teppich.
»Wie ist es im Sessel?«, fragte Sue aus der Dunkelheit.
»Bequem. Und auf dem Sofa?«
»Einsam. Aber komm nicht auf die Idee, rüberzukommen, ja? Es würde mir zwar gefallen, aber es wär nicht richtig.«
»Ich weiß. Find ich auch.«
»Nacht«, sagte sie.
»Nacht.«
Er schloss die Augen, atmete tief durch und versuchte sich zu entspannen. Doch er bekam Sue nicht aus dem Kopf. Er dachte an ihren warmen nackten Körper unter der Decke. Und daran, wie es sich anfühlen würde, wenn er dort bei ihr wäre.
Vergiss es.
Wir hätten in meiner Wohnung bleiben sollen, dachte er. Wenn wir dort geblieben wären, wäre so etwas nicht passiert.
Aber dann hätten wir Angst gehabt, dass Rasputin über uns herfällt.
Dann schon lieber so, sagte er sich.
Obwohl Marta es nicht herausfinden würde, wenn wir …
»Neal?«, sagte Sue von der anderen Seite des Zimmers.
Der Klang ihrer Stimme ließ sein Herz schneller schlagen.
Sie hat es sich anders überlegt. Sie möchte, dass ich zu ihr komme.
»Ja?«
»Möchtest du mit dem Armband zu mir kommen?«
»Du willst das Armband haben?«, fragte er.
»Das meinte ich nicht. Möchtest du es benutzen? Damit in mich kommen?«
»Ein Besuch mit dem Armband?«
»Ja. Es würde mich freuen.«
»Ich würde viel lieber ohne Armband in dich kommen.«
Er hörte ein leises belustigtes Schnauben. »Schlaumeier«, sagte Sue.
Neal streckte die Hand aus und tastete auf der Tischplatte nach dem Armband. Er fand es und schob es sich über das Handgelenk. Im schwachen Licht, das durch die Vorhänge fiel, hielt er es sich vor das Gesicht und betrachtete es.
»Man soll es nicht bei jemandem benutzen, den man liebt«, sagte Neal.
Nach einer Weile entgegnete Sue: »Das ist schön.«
»Was?«
»Dass du sagst, du liebst mich.«
»Hm … das wusstest du doch schon.«
»Trotzdem schön, es zu
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