Der Gast: Roman
Zehen.
AU!, dachte Sue.
»Nein!«, kreischte Vince in Gedanken. Er versuchte, den Fuß wegzureißen, aber Glitt hielt ihn fest. Die Klinge schnitt sich tiefer hinein. »Nein!«, stieß er hervor. »Bitte nicht!«
In Glitts Augen lag ein entzückter Ausdruck. Grinsend führte er die Klinge in den Spalt zwischen dem dritten und dem vierten Zeh. Er drückte sie leicht gegen die Haut und drehte sie dann ganz langsam zu sich.
Sue erschauderte.
Vince kreischte, zuckte und wand sich.
Sue begann sich zu fragen, ob sie das aushielt.
Es ist nicht mein Fuß.
Aber sie spürte Vinces Schmerz trotzdem in vollem Ausmaß. Seinen ganzen Schrecken.
Jetzt bekommt er alles heimgezahlt, das Schwein.
Das Messer wurde weggezogen. Sue seufzte innerlich vor Erleichterung.
Vince hob den Kopf und sah auf seinen blutigen Fuß. Er schluchzte. Dann sagte er: »Tu mir nicht mehr weh. Bitte!«
»Du wolltest mich umlegen lassen.«
»Nein! Das war ich nicht!«
»Du konntest die Kohle nicht bringen, deshalb hast du ein Auto voller Arschlöcher angeheuert, um mich abzuknallen.«
»Nein! Das stimmt nicht. Du machst wohl Witze. Ich würde nie …«
»Nicht bewegen«, sagte Glitt und stand auf.
»Ich besorge dir das Geld.«
»Wirklich.« Glitt trat zur Seite. Er stieg ein paar Stufen irgendwo hinunter, verschwand aus Sues Blickfeld, tauchte wieder auf und kletterte zurück nach oben – mit einem Stück Seife in der Hand.
»Was willst du damit?«, fragte Vince. Aber er wusste, wofür es war.
»Du wirst dir die Lunge aus dem Leib schreien. Wir wollen doch nicht, dass die Nachbarn uns hören. Schlimm genug, dass du mit deinem beschissenen Revolver geschossen hast.«
Bei der Erwähnung des Schusses schöpfte Vince kurz neue Hoffnung. Doch als er sich erinnerte, dass er sämtliche Fenster und Türen geschlossen hatte, damit Glitt nicht ins Haus gelangte, sank sein Mut wieder.
Wie ist er überhaupt reingekommmen?, überlegte er.
»Als würde das eine Rolle spielen«, bemerkte Sue. »Er ist drin, und du bist am Arsch.«
Vince fiel ein, dass seine nächsten Nachbarn auf einer Mississippikreuzfahrt waren.
Es konnte gut sein, dass niemand den Schuss gehört hatte.
Glitt stellte sich breitbeinig über Vinces Brust, ging in die Hocke und streckte die Hand mit der Seife aus. »Mach den Mund weit auf und sag ›Ahhh‹.«
Vince begann zu weinen.
Er wollte seinen Mund nicht öffnen, doch Glitt würde ihm wehtun, wenn er sich weigerte.
Er riss ihn weit auf.
Er sparte sich das ›Ahhh‹.
Glitt schob die Seife hinein.
Das Stück fühlte sich riesig an in seinem Mund. An den Zähnen wie Wachs, an der Zunge glitschig.
Ganz toll, dachte Sue.
Das Gefühl und der Geschmack erinnerten Sue an ihre Kindheit. Ein paarmal war ihr ein böses Wort in Hörweite ihrer Eltern – oder einer Petze – herausgerutscht. Dann hatte ihr Vater sie mit ins Bad genommen und ihr ein Stück Seife in den Mund gestopft.
Egal welche Farbe, egal welcher Geruch, sie schmeckten alle ziemlich gleich.
Vince hatte nie diese Erfahrung gemacht, doch er wusste, dass Glitt dasselbe mit Elise getan hatte. Er hatte in den Nachrichten davon gehört, hatte es in der Zeitung gelesen. Und er hatte Glitt dafür bewundert, sich einen so praktischen und effektiven Knebel ausgedacht zu haben. Ein Waschlappen hätte genügt, aber ein Stück Seife hatte Stil.
Nun bereute er diese Gedanken. Damit hatte er das Schicksal herausgefordert. Dies war die Strafe dafür, dass er Elises Knebelung mit der Seife genossen hatte.
Mit dem Stück Seife im Mund konnte Vince kaum atmen. Er saugte die Luft durch die Nasenlöcher ein.
Sue fürchtete zu ersticken.
Wenn er es durchhält, schaffe ich das auch. Ich muss nur daran denken, rauszuspringen, ehe er den Löffel abgibt.
Sie überlegte, ob sie ihn gleich verlassen sollte.
Nein, nein, nein! Jetzt wird es erst richtig gut!
Glitt kauerte noch über Vince. Er ging in der Hocke rückwärts und zog dabei den Reißverschluss von Vinces Trainingsjacke herunter.
Vince gefiel das nicht. Warum macht er das?
Dann zog Glitt ihm die Hose aus.
Nein! Was macht er? O Gott, nein!
Vince grunzte in die Seife und schüttelte energisch den Kopf.
Der geflieste Boden fühlte sich an seinem nackten Rücken und Hintern kalt an.
Er war noch nicht ganz nackt; Sue konnte Riemen und einen weichen Beutel spüren.
»Eine richtige Sportskanone warst du noch nie.« Glitt hakte seine Finger unter den elastischen Riemen um Vinces Taille. Er zog ihn hoch, schnitt ihn an
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