Der Gast: Roman
Toilette.
Mit der Pistole in der Hand schaltete er das Licht aus und ging ins Schlafzimmer.
Auch dort löschte er das Licht.
Er nahm die Pistole mit ins Bett.
Die Laken waren angenehm kühl auf seiner nackten Haut.
Es gab ein leises Pochen, als er die Pistole neben seinen Radiowecker auf das Regal am Kopfende des Betts legte.
Die grünen Digitalziffern zeigten 5:42.
Mein Gott, dachte er.
Das erinnerte ihn daran, ein Gebet aufzusagen.
Neal betete immer, wenn er ins Bett ging. Meistens sagte er im Geiste ein kurzes Vaterunser auf, ohne groß darüber nachzudenken. Es war einfach etwas, das er seit seiner Kindheit tat.
Gott könnte irgendwo da draußen sein.
Neal bezweifelte jedoch, dass Er, wenn Er wirklich dort war, sich viel um Gebete scherte. Und er bezweifelte, dass ein Gebet Gottes Meinung änderte oder den Lauf der Dinge beeinflusste.
Aber man konnte nie wissen.
Heute Nacht endete Neals stummer Vortrag nicht mit: »Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.« Er fuhr fort: »Und lieber Gott, bitte gib acht auf Elise. Ich weiß nicht, warum Du zulässt, dass ihr so etwas geschieht. Wahrscheinlich hattest Du nicht viel damit zu tun, ich weiß es nicht. Scheiße. Entschuldigung. Vermutlich war sie einfach an der Reihe oder so. Jedenfalls, bitte sei gut zu ihr im Himmel, wenn es ihn denn gibt, denn auf der Erde wurde sie ganz schön gefickt. Tut mir leid. So fühle ich eben. Und falls Du zuhörst, würde ich es auch sehr zu schätzen wissen, wenn Du diesem Drecksack nicht erlaubst, sich hier reinzuschleichen und mich im Schlaf umzulegen. Danke, Amen.«
13
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Neal schlief unruhig. Er wurde von Albträumen und anderen seltsamen Träumen gequält und ständig vom Lärm der Nachbarn gestört, die ihren Tag begannen. Vom Morgen bis zum Nachmittag drangen Geräusche in seinen Schlaf: zuschlagende Türen und Gitter, Stimmen, Schritte, Lachen, Platschen vom Pool, ferne Rasenmäher und Laubbläser und Sirenen, ein ziemlich weit entfernter Knall, der von einem Schuss, einer Fehlzündung oder einem Brett, das auf den Beton geworfen wurde, stammen konnte.
Die Geräusche zogen ihn aus den Tiefen des Schlafs, doch nur wenige weckten ihn tatsächlich auf. Wenn er aufwachte, war er zu verwirrt, um sich darauf zu konzentrieren, was in der vergangenen Nacht geschehen war, und glitt zurück in seinen ruhelosen Schlaf.
Als Neal schließlich richtig erwachte, lag er nackt und verschwitzt in der Nachmittagshitze auf dem Rücken und hatte das Laken zur Seite getreten.
Er trocknete sein Gesicht an dem Kissen. Dann drehte er sich auf die Seite und sah auf den Radiowecker.
16:23
Er hatte ungefähr zehn Stunden geschlafen.
Er warf einen Blick auf die Pistole, die neben dem Wecker auf dem Regal lag.
Als die Last der Erinnerung sich auf ihn senkte, wünschte er, wieder einzuschlafen.
Unmöglich. Er war jetzt hellwach. Nicht nur wach, sondern krank vor Angst und Schuldgefühlen und Ekel und Mitleid.
Steh auf, sagte er sich. Wenn ich erst mal auf den Beinen bin, wird es nicht mehr ganz so schlimm sein.
Er sprang aus dem Bett. Obwohl die Steifheit und der Schmerz von seinen Verletzungen ihn aufstöhnen ließen, ließ er sich nicht beirren. Er eilte ins Bad, erinnerte sich an die Pistole, lief zurück ins Schlafzimmer, schnappte sie sich vom Regal und ging wieder ins Bad.
Er schloss die Badezimmertür ab, nahm die Waffe jedoch nicht mit in die Dusche.
Er wollte nicht, dass sie nass wurde.
Außerdem würde das ein bisschen zu weit gehen.
So paranoid bin ich nun auch wieder nicht, sagte sich Neal, während er duschte. Wenn der Mistkerl in den letzten zehn Stunden nicht aufgetaucht ist, ist es nicht gerade wahrscheinlich, dass er versucht, mich um halb fünf am Nachmittag umzubringen.
Was hat ihn eigentlich davon abgehalten?
Vielleicht hatte er Schwierigkeiten, meine Wohnung zu finden. Oder kein geeignetes Transportmittel.
Er könnte noch in Brentwood sein.
Oder in Polizeigewahrsam.
Oder sogar tot.
Träum weiter, dachte Neal. Ein Mann steht nicht auf, nachdem er von zwei oder drei oder vier Kugeln getroffen wurde, fährt die ganze Strecke nach Brentwood, schlägt Elise nieder, schleppt sie vom Flur bis zum großen Bad, macht all diese Dinge mit ihr und geht dann irgendwo hin, um an seinen Schusswunden zu sterben.
Vielleicht ruht sich der Mistkerl nur aus.
Das kam ihm wesentlich wahrscheinlicher vor.
Die ganze Sache mit Elise hatte ihn wahrscheinlich erschöpft, deshalb hatte er sich irgendwo
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