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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Gassen von Stadtlohn Richtung Niederlande geschafft. Der junge Herzog von Braunschweig wurde nicht etwa »toll« genannt, weil er so ein großartiger Mann gewesen wäre, sondern weil er, wo immer seine Kriegsscharen auftauchten, wütete wie ein tollwütiger Hund. Stadtlohn bildete da keine Ausnahme, auch wenn die Zeit zum Wüten knapp gewesen war.
    Nur einen der sechs Wagen mit dem Kriegsschatz hatten die Kaiserlichen dem Tollen Halberstädter noch abnehmen können, bevor er mit fünftausend Überlebenden über die Berkel Richtung Niederlande geflohen war; das hörte der Mönch auf der mit Menschen, Pferden und Wagen vollgestopften Straße vor dem Lager. Neben diesem einen Schatzwagen büßte der junge Feldherr allerdings auch sämtliche Geschütze, seinen gesamten Tross und an die zehntausend Mann ein; mehr als die Hälfte davon war innerhalb von zwei Stunden auf dem Schlachtfeld gestorben.
    Tilly hatte den Herzog von Braunschweig aus dem Hessischen bis ins Münsterland gejagt. Jetzt war Schluss mit der Tollheit.
    Erbeutete Wagen voller erbeuteter Waffen, Kanonen und Kleider stauten sich vor den Zufahrtswegen ins Lager. Die Marketender unter den Reisegefährten des Mönchs blieben mit ihren Karren stecken; die Landsknechte und einige Unverdrossene unter den Spielleuten überholten die Soldaten und nahmen den restlichen Weg ins Heerlager zu Fuß. Der Mönch zog sein Pferd hinter ihnen her. Manchmal erschrak er vor der Kraft, die ihn vorantrieb.
    Als sie die ersten Reihen der Wagenburg hinter sich ließen und zwischen Hütten und Zelte liefen, flammten im Lager schon tausende Fackeln und Feuer auf. Der 6. August des Jahres 1623 ging zu Ende.
    Die Landsknechte fragten sich zu den Feldwebeln ihrer jeweiligen Waffenart durch, die Spielleute packten beim erstbesten Marketenderstand ihre Flöten, Fideln und Lauten aus, und am Ende schritt der Mönch in der braunen Kutte ganz allein durch das Gewimmel von Menschen, Wagen, Tieren und Zelten.
    Bald erreichte er den Teil des Lagers, in dem die Offiziere mit ihren Pferdejungen, Huren und Frauen wohnten. Überall sah er abgekämpfte Männer, die sich von ihren Frauen oder Huren oder Pferdejungen Rüstung und Bandelier abnehmen und sich Wein einschenken ließen. Da und dort loderten große Feuer, und Landsknechte steckten Braten auf Spieße und schlugen Zapfhähne in Fässer. Die ersten Siegesfeiern begannen. Der Mönch achtete auf Standarten, Kleider, Kopftücher und Gesichtszüge; fragen konnte er ja niemanden.
    Auf einem größeren Platz zwischen den zylinderförmigen Zelten tummelten sich einige Frauen und Offiziere mit Öllampen und Fackeln. Die Offiziere hatten den Frauen Beute vom Schlachtfeld mitgebracht – überwiegend Kleider, Schmuck und Schuhe –, die sie nun sortierten und verteilten. Das aschblonde Haar einer der Frauen wurde von einem hellen Seidentuch verhüllt. Sie warschön, bis auf den bitteren Zug um den Mund. Zu ihr führte der Mönch sein Pferd.
    Erst sah sie ihm nur flüchtig ins Gesicht, als er neben ihr stehen blieb. Dann aber hob sie den Blick zum zweiten Mal, staunte ihn an, sah ihm in die Augen. »Du?« Der Mönch nickte. »Du machst mir Angst«, flüsterte die Frau.
    Als sie kurz darauf den Platz verließ und zwischen die Zelte huschte, folgte er ihr.
    *
    Wie allein man sich fühlen konnte unter Dutzenden, ja unter Hunderten! Je mehr einen umgaben, um so einsamer.
    Von Herzenburg hockte auf dem Kutschbock eines Wagens. Hinter ihm das Rohr einer erbeuteten Kartaune, neben ihm ein Mädchen von vielleicht achtzehn Jahren. Das hatte viel zu erzählen. Er nahm an, dass er die junge Hure dem Herrn Grafen zu verdanken hatte; das jüngste von vielen Friedensangeboten, das sein Vater ihm seit ihrem Zusammenstoß im Heidelberger Schloss zukommen ließ.
    Von allen Offizieren an der Feuerstelle lachte er am lautesten, der Herr Graf. Über der Glut drehte sich ein brutzelnder Ochse. Wieder und wieder stieß der Obrist, der Prinz von Bernstadt, mit dem Grafen von Herzenburg an. Vier junge Weiber umringten sie, teure Huren aus Stadtlohn allesamt.
    Der Rittmeister hatte Simon und Conrad ziehen lassen an diesem Abend. Sie vergnügten sich nun wohl mit den billigeren Trosshuren. Mathis von Torgau hatte es übernommen, dem gegrillten Ochsen die besten Teile herauszuschneiden und unter den Offizieren zu verteilen. Jetzt kam er zu Maximilian und dem Mädchen, brachte zwei dampfende Stücke vom Rücken auf einer Platte und einen neuen Krug Wein. »Mademoiselle? Herr

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