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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Kindern.
    Susanna dachte an den Tag, an dem sie Hannes zuletzt sah; an dem sie beschlossen, gemeinsam fortzugehen. Da riss noch keine Flut sie fort. Doch seit sie gezaudert hatte – seit jenem Morgen in der Vituskirche –, war sie Treibgut. Und sie würde es bleiben, wenn sie nur das Naheliegende tat, wenn sie keine Entscheidung traf. In diesem Augenblick begriff sie es mit schmerzhafter Klarheit.
    Der älteste Knabe des Großcousins trug die triefende Katze die Böschung herauf. Die Kinder umringten ihn. Susanna versperrte ihnen den Weg auf die Brücke. »Gebt sie mir.«
    Alle sahen sie an – die Kinder empört, die Soldaten amüsiert.
    »Nein«, sagte der Junge.
    »Ich habe sie zuerst gesehen.« Susanna nahm ihm die zitternde Katze ab, drückte sie an sich, hüllte sie mit ihrem Kopftuch ein. »Kommt schon, wir gehen nach Hause. Sie braucht Futter.«
    *
    In der Schatulle der Landgräfin lag seit Frühlingsbeginn so viel Geld, dass Stephan einen zweiten Wagen und ein zweites Pferdegespann kaufen konnte. Ende März packten sie ihre Sachen zusammen und zahlten dem Kürschner, was sie schuldig waren.
    David sah Susanna ihre Habseligkeiten auf dem neuen Zeugwagen verstauen. Ihm jubelte das Herz in der Brust.
    Ihr Gastgeber, der Kürschner, machte eine bedrückte Miene beim Abschied, seine Frau dagegen strahlte. Auf den Gassen und Straßen von Heilbronn winkten ihnen die Leute zu, als ihre Wagen zum Westtor rollten. David rief ihnen Sätze von Jean Potage zu, und sie freuten sich. Kinder und Halbwüchsige liefen neben den Gespannen her und begleiteten die Gaukler bis über die Neckarbrücke. Dort erst blieben sie allmählich zurück, winkten und riefen aber noch lange hinterher.
    David erinnerte sich nicht an viele Städte, in denen man sie so freundlich verabschiedet hatte.
    Am Neckar entlang zogen sie nach Süden. Noch zehn Tage, bis in Stuttgart der Ostermarkt begann. In Laufen nahm man sie freundlich auf und wollte Späße und Kunsttücke an drei Tagen hintereinander sehen. In Besigheim dagegen hatten die Leute keinen Kreuzer übrig, wie es aussah, denn nur wenige wollten dafür zahlen, die Gaukler sehen zu können.
    Nach der Vorstellung kam ein sehr dicker Mann auf die Bühne, um sich einen entzündeten Zahn ziehen zu lassen. Der zerbrach Stephan unter der Zange, sodass der beste Dentist unter dem Sternenzelt viel Mühe aufwenden musste, um dem geplagten Dickwanst die Einzelteile seines bösen Zahns aus dem Kiefer zu stemmen. Ob der es auch überleben würde, wollte Stephan lieber nicht abwarten – rascher als sonst ließ er die Bühne abbauen, die Wagen packen und die Pferde anspannen.
    Trotz aller Hast fand die Nachricht von dem Malheur schneller den Weg nach Bietigheim als die Gaukler – der Rat dort verbot ihnen, die Bühne aufzustellen, wollte sie nicht einmal durch die Stadt ziehen lassen.
    Doch in den Dörfern rund um Bietigheim fanden die Leute es lustig und drei Kreuzer wert, einen Tanzbären und eine Zwergin zu sehen, die mit Messern nicht nur werfen, sondern auch treffen konnte; und das, obwohl sie an den Armen gelähmt war.
    So kamen sie schließlich nach Asperg. Auf dem Markt dort verkaufte David das Bandelier, den Patronengurt und den Karabiner, den er in Heidelberg jenem Arkebusier abgenommen hatte. Von dem Geld kaufte er guten weinroten Stoff, Stick- und Nähnadeln, schwarzen Zwirn und buntes Garn, die er Susanna schenkte.
    »Damit du wieder sticken kannst«, sagte David. Er sah wohl, wie verlegen das Geschenk sie machte, sah aber auch das Leuchten, das durch ihren Blick ging.
    »Erinnerst du dich an die englischen Komödianten im Gartender Hofkanzlei?« Susanna nickte scheu. »Auch an das Kostüm des Pickelherings?«
    »Du meinst den Narren, der zu den Zuschauern gesprochen hat?« Sie schloss die Augen und dachte nach. »Doch. Auch an sein Kostüm erinnere ich mich.«
    »Der Mann hieß Christopher Greenley«, erklärte David, »und die Figur, die er gespielt hat, nennt man ›Pickelhering‹. Eines Tages werde ich ihn wiedersehen und mit ihm ziehen. Bis dahin hätte ich auch gern so ein Kostüm. Oder so ein ähnliches.« Er hielt ihr einen Stapel Tuch hin – gelb und blau und orangefarben. »Meinst du, du kannst mir eines nähen?«
    Susanna nahm den Stoff und betrachtete ihn genauer. Dabei wanderte ihr Blick immer wieder prüfend über Davids Gestalt. Sie ließ sich viel Zeit.
    Doch schließlich nickte sie. »Ich will es versuchen.«

11
    D ie Schlacht sei schon geschlagen, hieß es am späten

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