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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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an ihn und zog seine Arme um sich zusammen. »Aber nur wärmen, hörst du?«
    »Ich bin nicht taub.« Ganz fest drückte er sich an sie, sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Ohr.
    Plötzlich fielen ihr wieder die Worte ein, mit denen sie in der Heilig-Geist-Kirche während des Sturms Gott gelobt hatte, ihm für immer zu dienen, sollte er sie retten. Rette mich und zeig mir d einen vollkommenen Weg für mich – ich werd ihn gehen , hatte sie versprochen.
    »Glaubst du denn an Vorherbestimmung?«, fragte sie.
    »In Augenblicken wie diesem schon. Und damals auch, als ich dich aus dem Haus in den Hühnerstall führte.« Leiser und mit brüchiger Stimme fügte David noch hinzu: »Es tut mir leid, dass ich mich nicht eher hineingewagt habe.«
    »Dass du dich überhaupt hineingewagt hast …« Susanna dachte zurück an die schlimmen Augenblicke. »Ohne dich wäre ich da nie mehr lebend herausgekommen. Und aus der Stadt auch nicht, wenn du nicht deine Bärin für mich …« Jetzt war es ihre Stimme, die versagte. Sie schluckte, versuchte sich vorzustellen, sie läge in Hannes’ Armen, nicht in Davids, und fragte sich, ob es nicht Gottes vollkommener Weg gewesen war, ihr diesen Gaukler zur Hilfe zu schicken und was es bedeuten würde, diesen Weg weiterzugehen. »Ich kann dir mein Herz nicht geben«, sagte sie schließlich.
    »Noch nicht.« Nicht die Spur von Bitterkeit lag in seiner Stimme. »Du lernst es schon mit der Zeit.«
    Sie wollte widersprechen, doch ihr Vater fiel ihr ein. Besser allemal einen kalten Topf auf einen heißen Herd, als einen heißen Topf auf einen kalten Herd . Das waren seine Worte gewesen, als sie miteinander nach Heidelberg fuhren; ein halbes Jahr nachdem Hannes zu seiner Wanderschaft aufgebrochen war. Auch der Vater hatte das Menschenherz für ein ganz unzulängliches Ding gehalten, für ein Wesen, das straffe Zügel brauchte, denen es folgen konnte. Und dachte die Landgräfin nicht ganz ähnlich? Gefühle vergehen, hatte sie gesagt, und wenn überhaupt etwas bleibe, dann der Wille und die Vernunft. »Der David hat dich sehr gern.« Auch das hatte die Landgräfin gesagt. »Und eine junge Frau sollte nicht unverheiratet durchs Land ziehen. Man hält sie sonst leicht für eine Hure und behandelt sie dann auch so.«
    »Du sagst gar nichts mehr, Susanna.« Davids Stimme holte sie aus ihrer Gedankenversunkenheit. »Gibst du mir also recht?«
    Sie antwortete nicht, schloss stattdessen die Augen. Ihr war inzwischen schön warm geworden in seinen Armen. »Ich schlafe jetzt. Hältst du mich fest?«, fragte sie ihn schließlich. Sie spürte ihn nicken. »Und sonst nichts?« Wieder ein Nicken, wenn auch zaghafter diesmal. »Gut. Ich vertraue dir.«
    *
    Das Jahr endete mit milden Stürmen und kräftigen Regengüssen. Der Schnee schmolz, das Eis auf der Zenn taute. Doch schon nach einer Woche kehrte der Winter mit Schnee und Frost zurück. Susanna schlief nun öfter in den Armen des jungen Gauklers, ließ sich von ihm wärmen und sonst nichts.
    Den Winter über halfen sie dem Bauern, Fenster und Dachbalken auszubessern, und seiner Frau, Kleider und Bettzeug zu stopfen. Im Frühjahr verkaufte er ihnen einen kleinen Wagen und ein Pferd. Danach nahmen sie Abschied von den freundlichen Bauersleuten und von Neuhof und zogen durch die Markflecken des fränkischen Waldes hinunter bis nach Ansbach.
    Dort brach Stephan einem Kaufmann aus Nürnberg zwei faule Zähne aus dem Maul. Als der erlöste Mann zahlte, fiel ihm ein zusammengefalteter Zettel aus der Tasche, was er nicht bemerkte.
    David klaubte den Zettel später von der Bühne auf und las ihn. Es war ein gedruckter Theaterzettel – englische Komödianten kündigten darin »allerlei liebliche Tragödien und Komödien und den Auftritt des allseits geliebten Pickelherings« im Heilbrunner Hof in Nürnberg an. Darunter war der Name des Prinzipals gedruckt: Christopher Greenley . David blickte auf das Datum – die erste Vorstellung sollte in diesen Tagen gegeben werden.
    »Ich will nach Nürnberg«, sagte er daraufhin zu Stephan. »Ich will, dass wir gleich morgen aufbrechen.«
    »Hat dir ein Gaul vors Hirn getreten?«, platzte es aus der Landgräfin heraus. Sie war ganz und gar dagegen. Und Stephan gab ihr recht. Nürnberg? Nein – München hieß noch immer sein Ziel.
    »Gut, dann gehe ich allein«, sagte David. Er wandte sich an Susanna. »Gehst du mit mir?«
    Nur eine schlichte Frage war das, doch die verschlug Susanna den Atem. Bevor sie sich sammeln und

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