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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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antworten konnte, sagte Stephan. »Unsinn! Was willst du ohne uns in Nürnberg, und was sollen wir ohne dich in München? Wir fahren zusammen über Nürnberg nach München.«
    *
    Entlang des Mainufers reihte sich Bude an Bude und Messestand an Messestand. Der letzte Tag der Frankfurter Ostermesse begann, überall drängten sich die Menschen, und Hannes hörte fast mehr fremdländischen als deutschen Zungenschlag.
    Frankfurt erschien ihm größer als vor vier Jahren, als er als Zimmermanngeselle in der Stadt gearbeitet hatte. Und noch reicher und noch eleganter. Das mochte an den vielen Reisenden aus aller Herren Länder liegen, die in diesen Frühlingstagen die Stadt bevölkerten. Spanier in schwarzen Gehröcken und mit gewaltigen Halskrösen stelzten vorüber. Venezianische Kaufleute in farbenprächtigen, pelzbesetzten Mänteln aus Seide palaverten vor den Auslagen eines Tabak- und Pfeifenhändlers. Französische Kavaliere mit wallenden Mähnen unter großen Hüten voller bunten Federgebüschs und mit Prunkdegen an den silberbeschlagenen Lederbandelieren flanierten in Begleitung eleganter Damen entlang der Buden. Spitzbärtige deutsche Herren in langen Mänteln und gespornten Stulpenstiefeln schritten mit ernsten Gesichtern und an der Seite ihrer in teure Reifröcke gezwängten Gattinnen mitten auf der Zeile zwischen den Ständen.
    Solchen Paaren folgte Hannes von Zeit zu Zeit, um schneller voranzukommen, denn die Menge musste dem aus der Hüfte gekrümmten Ellenbogen des deutschen Herren und dem Reifrock der deutschen Gattin weiträumig ausweichen.
    Ihn selbst wärmte der braune Wollkasack, den man ihm in Dilsberg gegeben hatte; es war erst Anfang April und noch ziemlich kühl. Darunter trug er den Rindslederkoller, das Lederwams und das blaue Hemd. Ohne Degen ging auch er nicht mehr. Sein inzwischen wieder sprießendes Blondhaar bedeckte ein schlichter schwarzer Filzhut ohne jeden Federschmuck.
    Manchmal, wenn er glaubte, an Kleidung, Seitenwehren und Helmen Soldaten zu erkennen, zog er die Hutkrempe tiefer in die Stirn, mischte sich in die Menschentraube vor irgendeinem Marktstand und tat, als würde er einem Zahnbrecher bei der Arbeit zusehen oder einem Quacksalber lauschen, der lautstark seine Pülverchen gegen die rote Ruhr oder seine Wässerchen gegen die Pest anpries.
    Hannes blieb misstrauisch und wachsam: Wusste er denn, ob der Generalprofos von Tillys Armee ihn nicht mittlerweile suchen ließ? Wegen der Toten in der Herzenburger Kompanie oder wegen Fahnenflucht oder wegen beidem. Zogen die Landsknechte endlich vorüber, ging auch er weiter.
    Hier unten am Main, so hatte man ihm gesagt, bauten während der Messe vor allem die Spielleute, Gaukler und Artisten ihre Stände und Bühnen auf. Hannes hielt Ausschau nach englischen Komödianten; er suchte einen Mann namens Christopher Greenley.
    Eine schöne junge Frau mit schwarzen Locken fesselte plötzlich seine Aufmerksamkeit. Er blieb stehen und starrte zu dem Marktstand aus Handkarren, Holzböcken und Körben hinüber, an dem sie Kräuter und Gewürze aussuchte. Susanna – ihr Bild und Name füllten sein Hirn aus. Als die Frau den Kopf ein wenig zur Seite drehte, sah er, dass sie weder jung noch schön noch Susanna war. Hannes ging weiter.
    Ein Stück flussaufwärts an der Mainbrücke würden Seiltänzerund Springer von den englischen Inseln ihre Künste zum Besten geben, so hatte er von einem holländischen Spielmann erfahren. Und tatsächlich sah Hannes nun von weitem die Brücke und eine große Bühne mit vielen Schaulustigen davor. Er erkannte auch ein hoch über dem Bühnenboden gespanntes Seil und einen Menschen, der darauf balancierte. Energischer als zuvor drängte Hannes sich durch die Menge. Vielleicht wussten diese englischen Akrobaten ja, ob ein Komödiant namens Greenley in Frankfurt Vorstellungen gab.
    Im vergangenen August war Hannes aus dem Münsterland nach Köln geritten und hatte dort auf Wanderkomödianten aus England gewartet. Während des Herbstmarktes pflegten sie dort ihre Bühnen auf dem Heumarkt aufzubauen, und dann wieder zur Fastnachtszeit und zu Ostern. Der Zimmermeister, für den er während seiner Wanderung gearbeitet hatte, war erst erschrocken, weil er Hannes kaum wiedererkannte. Dann aber nahm er ihn mit Freuden auf und trug ihm auch nicht nach, dass er seine jüngste Tochter damals nicht geheiratet hatte. Die hatte inzwischen drei Kinder. Dem Kölner Meister kam ein geschickter Zimmermann gerade recht, denn im Hafen war

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