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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Bandelier, blieb bei dem Verwundeten stehen und blickte auf ihn hinab, bis dessen Atem noch flacher ging und sein Kopf nach bald einer Stunde endlich zur Seite fiel. In Rufweite zogen Gefreite mit ihrem Pferdewagen vorbei. Maximilian winkte sie zu sich.
    Während sie später durch die Dämmerung zum Lager rollten, hockte Maximilian am Heck des Karrens, ließ die Beine hinabbaumeln und starrte auf das Schlachtfeld. Es verschwamm mit der hereinbrechenden Nacht. Er fühlte nichts mehr, gar nichts.
    *
    Spät am Abend ließ der General Tilly seine höchsten Offiziere zu sich in sein Zelt laden. Er resümierte die Schlacht, lobte, tadelte und dankte Gott für den Sieg und die angeblich geringen Verluste. Einige hundert nur seien auf der Wallstatt geblieben, hatte Maximilian gehört. Er konnte es nicht glauben, denn hunderte hatte allein er schon gesehen, und das auf einem begrenzten Abschnitt des Schlachtfeldes. Bei den Feinden seien mehr als viertausend gefallen, hieß es. Die Dänen hatten unerwartet hart und leidenschaftlich gekämpft.
    Doch davon keine Rede, auch nicht von der Verfolgung und dem Niedermetzeln der fliehenden Gegner. Tilly ließ guten Wein ausschenken und seinen achtzehnten Sieg feiern. Der sei noch wichtiger als der bei Prag am Weißen Berg, ließ er verlauten.
    Am Eingang des Feldherren-Zeltes tauchte ein kroatischer Offizier auf. Ein kaiserlicher Leutnant wolle Tilly und Des Fours sprechen, erklärte er in gebrochenem Deutsch. Von zwei Gefangenen und Verrat war die Rede.
    Maximilian gefror das Blut in den Adern. Mit vielen anderen verließ er das Zelt – da stand der General Tilly schon bei einem blonden Mann. Maximilian erkannte den vermissten Leutnant Stein und begriff überhaupt nichts mehr.
    Bis er die beiden Gefangenen sah – einer blond und in Steins Alter, der andere ganz in Schwarz und mit grauen Strähnen im Haar. Der dänische Oberst von Mosbach, dem er heimlich Tillys Schlachtplan überbracht hatte. Und der Blonde, sein Rittmeister – wie sehr er doch dem Leutnant Stein ähnelte …
    Stein übergab dem General ein gefaltetes Papier, und Maximilian wusste augenblicklich, was die Stunde geschlagen hatte. Während Tilly und Des Fours mit von Mosbach sprachen, trat er rückwärts zwischen die Zelte. Dort ließ er den Weinkelch fallen und rannte los.
    Er lief gar nicht erst zu seinem Zelt und seinen Trabanten, er rannte direkt zur Pferdekoppel. Irgendeinen Sattel packte er dort und warf ihn auf seinen Schimmel. Keinen Gedanken verschwendete er an seine Beute im Zelt, an das viele Silber und Gold, an seine teuren Kleider, seine Waffen. Alles ließ er zurück, nur mit dem, was er am Leibe trug, galoppierte er in die Nacht hinaus.

11
    D ie ersten beiden Augustwochen über lag David krank zu Bett. Fieber und Gliederschmerzen plagten ihn, nachts warf er sich schlaflos von einer Seite auf die andere. Jeden Tag besuchten ihn Komödianten, am häufigsten der Prinzipal. Auch die Prinzessin saß oft an seinem Bett; Susanna dachte an Helenas Verdacht – doch schon im nächsten Moment tadelte sie sich dafür.
    Anfangs erschrak der Arzt über Davids Zustand, weil er fürchtete, die Beulenpest könnte im Dresdner Schloss Einzug gehalten haben. Doch keine der typischen schwarzen Schwellungen zeigte sich an Davids Körper, er war auch nicht wirklich benommen. Der Hofarzt des Kurfürsten zeigte sich erleichtert, und Greenley gab seinen Komödianten ein Fest, so glücklich machte ihn die Nachricht.
    Susanna jedoch blieb besorgt. Das Fieber wollte und wollte nicht sinken, und David, sowieso nicht mit Muskelpaketen und Fettpolstern gesegnet, verlor mächtig an Gewicht.
    »Es ist seine Seele, nicht sein Leib«, sagte Helena leise zu Susanna, als sie und Piet ihn besuchten. »Seine Seele leidet.«
    »Aber worunter denn?« Susanna wusste nicht viel mit Helenas Worten anzufangen.
    Einmal hörte sie ihn in seiner Kammer reden; mit sich selbst, wie sie glaubte. Als sie ihm dann zu trinken brachte, lag er auf gestapelten Kissen und hielt den Totenschädel des Komödianten Will Kemp vor sich fest. David betrachtete ihn, als würde er lauschen.
    In der dritten Woche erst ging das Fieber und kehrte der Appetit zurück. David begann wieder mit seinem Söhnchen zu spielen, blieb aber merkwürdig in sich gekehrt. In der vierten Wocheschnürte er sein Bündel, sagte, er müsse allein sein, und verließ Schloss und Stadt, um durchs Elbtal zu streifen. Susanna ließ ihn ziehen. Als er nach Tagen wiederkam, sprach er immer

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