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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Stein«, sagte von Arnim. »Da ist nämlich noch etwas, das Euch interessieren dürfte: Einer meiner Spione hat den Verräter entdeckt.«
    Hannes’ Gestalt straffte sich. »Maximilian von Herzenburg ist in Stralsund, Herr Obrist?«
    Von Arnim nickte. »Wie wir es vermutet haben. Wird seine Beziehungen nach Kopenhagen vertiefen wollen.« Prüfend betrachtete er Hannes, und der wusste im selben Moment, dass der Obrist ihn nur wegen dieser Neuigkeit hatte kommen lassen. »Und so wie ich Euch einschätze, Stein, stündet Ihr bereit, sollte unser General begehlen, diesen ehrlosen Verräter aus der Stadt zu holen.«
    »Verlasst Euch auf mich, Herr Obrist«, antwortete Hannes. Und in Gedanken fügte er hinzu: Die Ratte wird kein weiteres Mal ihrer Strafe entgehen.
    *
    »Wir fahren übers Meer, John.« Susanna sah die Wintersachen durch – Mäntel, Socken, Wolljacken, Wollhosen. Der Kleine lief zwischen Bettstatt und Kleidertruhe hin und her. »Noch eine Woche, dann steigen wir auf ein Schiff und fahren nach Schweden. Vielleicht sogar nur noch drei Tage.«
    »Weden?« John blieb vor ihr stehen, sah mit großen Augen zu ihr herauf. Nicht ganz einen Monat noch, dann würden sie seinen dritten Geburtstag feiern.
    »Schweden, ja. Dort werden wir in einer großen Stadt wohnen, bei einem mächtigen König.« Susannas Stimmung stieg mit jedem Tag. Für Mitte Mai erwartete man in Stralsund ein schwedisches Schiff. Auf ihm sollte ein freundschaftlicher Gruß des Schwedenkönigs die Stadt erreichen: hundert Zentner Schwarzpulver. Das hatte Susanna gehört, als Maria im Nebenraum mit einem schwedischen Gesandten gesprochen hatte. Was ihr Gemüt weit mehr bewegte als das teuflische Pulver: Mit diesem Schiff würden sie Stralsund endlich verlassen können. Weg von dem quälenden Kanonendonner, weg von dem Gebrüll der Bewaffneten, weg von dem Belagerungsring, der sich Tag für Tag enger um die Stadt zog.
    Und weg aus der Reichweite des Generals Wallenstein vor allem. Wie alle in der Stadt fürchtete auch Susanna ihn. Eine böse Legende schien der Mann zu sein, ein Dämon, der sich nach und nach in alle Hirne und Herzen einnistete. Gestern auf dem Markt hatte es geheißen, er würde in wenigen Tagen aus seinem Winterlager in Böhmen aufbrechen, um sein neues Herzogtum Mecklenburg in Besitz zu nehmen; und zuvor wollte er hier in Pommern nach dem Rechten schauen.
    Die Nachricht von Pestkranken innerhalb der Mauern Stralsunds hätte nicht drohender über der Stadt liegen können.
    Sie zog ein Schnupftuch aus der Jackentasche, um ihrem Sohn die Rotznase zu putzen. Ein Stück Papier knisterte, als sie es zurücksteckte. Eine Nachricht von Hannes. Das Herz schlug ihr in der Kehle, wenn sie an ihn dachte – mit dem Kaiserlichen Heer lag er zwischen den Teichen und Sümpfen vor der Stadt. Sie hatte ihm geantwortet, dass sie auf ein Schiff nach Schweden warteten. Das Gewissen schlug ihr deswegen, denn sie verstand sich als vor Gott verheiratete Frau; als solche schrieb man anderen Männern keine Briefe. Ob Hannes antworten würde? Ein Beben durchzitterte ihren Körper, wenn sie an ihn dachte.
    »König? Weden?« Wieder der großäugige Blick des Kleinen – er hatte Davids sanfte Züge und die schwarzen Locken beider Eltern.Susanna nickte, während sie die Winterkleidung aussortierte, die gestopft oder geflickt werden musste. »Papa auch Weden?«
    Susanna merkte, wie ihre Miene zu versteinern drohte. Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Ja, mein Kind. So Gott will, werden wir alle zusammen mit dem Schiff nach Schweden segeln.«
    Seit dem Winter wohnten sie in Stralsund. Noch keine einzige Komödie oder Tragödie hatten David und die anderen drei Schauspieler aufführen können. Und die Gespräche über ein festes Theater in der Stadt waren längst im Sand verlaufen. Der Krieg saugte alles auf – die Gedanken der Menschen, ihre Gefühle, ihre Zukunftspläne. Nur schnell weg von ihm und seinem Lärm und seinen Knechten! Susanna fieberte der Ankunft des schwedischen Schiffes entgegen.
    Die Mittagssonne fiel durchs Südfenster. Sie schob den Tisch dorthin, warf die schadhaften Kleider auf ihn und holte ihren Nähkorb. Im Mittagslicht begann sie zu arbeiten. John spielte mit der Katze.
    Susanna summte ein Lied, während sie Socken stopfte. Manchmal, wenn David ihr in den Sinn kam, unterbrach sie das Summen und ein Schatten legte sich auf ihre Miene. Nichts hatte sich geändert – oder doch: Er ging jetzt ganz offen bei Maria von Bernstadt ein und

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