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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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leisteten sie sich Kopfsteinpflaster. Vielleicht weil die Landstraße zur kurpfälzischen Residenz führte, vielleicht aber auch wegen des Hochwassers nach der Schneeschmelze in den letzten Jahren. Jedenfalls fühlte Susanna sich mächtig durchgeschüttelt, als ihr Vater Wagen und Pferdegespann durch das Dorf lenkte. Sie hielt sich am Seitenverschlag der Ladefläche fest.
    Am Ausgang des Dorfes bog die Landstraße nach Osten ins Neckartal ab. Hinter dem Pferdewagen, auf dem Kutschbock des Ochsenkarrens, schwenkte der Großvater seinen Hut und wechselte im Vorüberfahren ein paar Worte mit einem Bauern, der auf dem Dach seines Hauses Ziegel austauschte. Dessen Frau arbeitete im sich anschließenden Hühnerhof und war wie Susannas Mutter eine geborene Merkel, gehörte also zur Verwandtschaft des Großvaters.
    »Der Krabat und seine Gaukler sind in Heidelberg«, sagte sie und hielt sich die Backe. »Hat mir heute Morgen einen bösen Zahn gezogen, jetzt geht es mir wieder gut.«
    Dann blieb auch das letzte Neuenheimer Gehöft hinter ihnen zurück und mit ihm das Kopfsteinpflaster. Die beiden Wagen rollten nun wieder ruhiger über den staubigen Fahrweg nach Osten.
    Links, an den Hängen des Heiligenbergs, schlängelten sich Pfade in verblühte Obsthaine und stiegen Stufen in Weingärten hinauf; rechts glitzerten die Wogen des Neckars. Meister Almuts Wagen rollten den Uferweg entlang. Längst sah man die Kirchturmspitzen Sankt Peters und der Heilig-Geist-Kirche über den noch fernen Dächern Heidelbergs; jetzt rückte an der Wegbiegung unterhalb der Bergflanke auch der doppelte Südturmder Neckarbrücke ins Blickfeld und dann, nach und nach, deren Überdachung.
    Es war der erste Samstag im Juli, und in Heidelberg hielt man Markttag ab – nur die Großmutter und die Tante waren in Haus und Werkstatt zurückgeblieben. Alle anderen hatten schon um die Mittagszeit, nach nur sechs Stunden Arbeit, Nadel und Zwirn aus der Hand gelegt, um mit zwei Gespannen zur Stadt aufzubrechen.
    Susanna saß auf der Ladefläche des ersten – hinter ihren Eltern und gegenüber dem Gesellen, der sie so gern zur Frau gehabt hätte. Sie vermied es, ihm ins Gesicht zu schauen, und er hatte es aufgegeben, sie in ein Schwätzchen zu verwickeln.
    »Hast du gehört, Liesel?«, rief der Großvater seiner Tochter zu. »Der Zahnbrecher ist wieder in der Stadt. Er wird dich von allem Übel erlösen.« Die Mutter auf dem Kutschbock wurde ganz steif, zog die Schultern hoch und wandte ein wenig den Kopf. Seit Wochen plagte sie ein fauler Zahn.
    Man schrieb das Jahr des Herrn 1621, ein milder Frühsommer ließ die Menschen im Neckartal und an der Bergstraße den harten Winter vergessen. Hannes arbeitete inzwischen den neunzehnten Monat in der Fremde. Drei Briefe hatte er geschrieben in dieser Zeit – an seine Familie im Walddorf, nicht an sie, Susanna. Sie hatte den Steins die Briefe vorgelesen: In den letzten beiden stand nicht einmal mehr ein Gruß an Susanna.
    Ihre Blicke schweiften über den Hang, über Rebstöcke und Apfelbäume, zurück zu den kleiner werdenden Häusern von Neuenheim und hinunter zu den Anlegestellen und Fischerbooten am Neckarufer. Unvorstellbar, dass der Krieg mit Kanonendonner, Feuer und wilden Reitern in eine friedvolle Flusslandschaft wie diese einbrechen könnte. Und dennoch hörte man dergleichen in letzter Zeit viel zu oft aus viel zu vielen pfälzischen Gegenden jenseits des Rheins; sogar aus einigen Flecken der hessischen Bergstraße nördlich von Bensheim. Susanna mochte es nicht glauben.
    Doch in Heidelberg gab es Bürger, die glaubten es. Und einige waren bereits geflohen – nach Wiesloch, Bretten oder sogar Durlach. Unter ihnen angeblich so berühmte Leute wie der Magister Pareus und die Mutter des Kurfürsten.
    Ein Zweimaster glitt auf der Flussmitte dahin, eine Ostbrise blähte seine Segel. Hinter den Baumkronen der anderen Neckarseite sah Susanna den Turm des Speyrer Tors über der Heidelberger Westmauer aufragen. In der Kiste, auf der sie hockte, lag ein Teil der Stoffbahnen, die sie seit dem letzten Christfest bestickt hatte. Auf dem Markt wollte der Vater sie dem hugenottischen Tuchhändler verkaufen.
    Der Geselle ihr gegenüber auf der Kleiderkiste machte ein missmutiges Gesicht und pulte an seinen Fingernägeln herum. Körbe mit Salatköpfen, Kirschen und Erdbeeren standen zwischen ihnen.
    Vorn auf dem Kutschbock hatte der Vater allerhand zu erzählen. Er redete die ganze Zeit, schon seit sie in Handschuhsheim

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