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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Schiffsbrücke über den Rhein geschlagen und stießen nun entlang der hessischen Bergstraße nach Süden gegen die rechtsrheinische Kurpfalz vor.
    Jemand zog die Haustür auf. Ein Mann in Talar und eine Frau in schwarzem Kleid und mit weißer Haube traten aus dem Haus; beide weißhaarig und sicher weit über siebzig. »Wen sucht Ihr, Ihr Herren?«, fragte der Mann mit fester Stimme.
    Die Burschen des Rittmeisters blieben stehen. Simon, der ältere, wandte den Kopf ein wenig. Er schien auf ein Wort seines Herrn zu warten. Der aber blieb stumm. »Wen sucht ihr?«, wiederholte der alte Pfarrherr, und seine klare und feste Stimme wollte dem Rittmeister gar nicht gefallen. Die Kinder im Haus hatten inzwischen aufgehört zu singen; auch das gefiel ihm nicht.
    »Was von den Dukaten übrig ist, mit denen Er sein neues Haus bezahlt hat – das suchen wir!« Von Torgau lief los, drängte sich an den Burschen vorbei. Er sah furchterregend aus mit seiner Nasenstange zwischen den Glubschaugen und dem krebsschwanzartigen Nackenschirm am Helm. Den Haudegen auf den alten Mann gerichtet, marschierte er zur Tür. »Heraus damit!«
    Die Frau des Pfarrherrn – jedenfalls nahm der Rittmeister an, dass es sein Eheweib war – schob sich vor ihren Gatten, und die Degenspitze des Cornets berührte ihre Kehle. Sie riss Augen und Mund auf und wagte nicht mehr zu atmen.
    »Ich bitte Euch, Ihr Herren!« Der alte Pfarrherr zog seine Frau weg von Degenspitze und Türschwelle und schob sie hinter sich. »Benehmt Euch doch wie Christenmenschen, in Gottes Namen! Oder wenigstens wie Edle – das seid Ihr doch, oder?«
    »Wer hat dir das Wort erteilt, in drei Teufels Namen?!« Von Torgau griff in dessen schlohweißes Haar, drückte ihm die Klinge unter das Kinn und drängte ihn gegen den Türsturz. »Wo hast du deine Dukaten versteckt, Pfaffe?« Mit einem Blick winkte er die Burschen zu sich. Die stürmten an ihm vorbei ins Haus. Drinnenerhob sich Kindergeschrei. »Wo, verflucht?!«, zischte der Cornet. Der Hund hinter dem Haus kläffte wie tollwütig.
    »Erbarmen, Ihr Herren!« Der Alte im Talar verdrehte die Augen und lugte zum Rittmeister. Wenigstens begriff er, wer hier das Kommando führte. »Ich besitze kein Geld. Meine Gemeinde hat mir das Haus gebaut, und unsere Königliche Hoheit, der allergnädigste Landgraf Georg, hat uns einige Reichstaler zukommen lassen für Ziegel und Putz.«
    »Na, prächtig. Dann sind deine Dukaten also noch nicht auf und davon. Wo verbirgst du sie?« Mit einem Blick erbat der Cornet den Rittmeister um Zustimmung zu den üblichen Quälereien.
    Max von Herzenburg aber hängte seinen Karabiner ins Band, schritt über den Weg und betrat an seinem Cornet vorbei das Haus, ohne diesem zu antworten. Aus irgendeinem Grund zog ihn das Geplärre und Gezeter der Kinder an.
    »Ich flehe Euch an, Rittmeister«, rief ihm der Pfarrherr nach. »Denkt doch an das Gebot unseres Gottes!«
    An der Schwelle zur Tür, hinter der von Herzenburg die Kinder wähnte, fiel plötzlich die Alte vor ihm auf die Knie und begann unverständliches Zeug zu flüstern. Im Zimmer dahinter drängten etwa zwanzig Jungen und Mädchen sich um ein halbwüchsiges schwarzhaariges Mädchen, während Conrad, der jüngere seiner Burschen, Kind um Kind zur Seite zerrte, um es greifen zu können.
    Von Herzenburg traute seinen Augen kaum: Die Kinderschar versuchte wahrhaftig, das Mädchen zu beschützen!
    »Auch wenn Ihr es mit dem Papst haltet, Herr Rittmeister, so ist es doch der gleiche Gott, dem Ihr Rechenschaft ablegen werdet …«
    »Ich bin lutherisch wie Er«, schnitt von Herzenburg dem Pfarrherrn das Wort ab. Sein Blick hing an der Halbwüchsigen hinter der Kinderschar. Etwas loderte in ihren Augen, ihre Kaumuskeln zuckten.
    »Ihr seid …?« Weil sein Befehlshaber mit dem Pfarrer sprach, lockerte von Torgau den Druck seiner Klinge unter dessen Kinn. »Ihr haltet es mit den Evangelischen?«, krächzte der Alte ungläubig. »Aber warum kämpft ihr dann mit den Spaniern?«
    »Ich halte es mit dem Kaiser«, sagte Maximilian. »Wie mein Kurfürst. Anders als er jedoch kämpfe ich, wenn der Kaiser mich ruft, und bleibe nicht zu Hause sitzen.« Die Halbwüchsige hatte dunkelblaue Augen und einen stolzen Zug um den breiten Mund. »Schreibt nicht der Heilige Paulus ›seid der Obrigkeit untertan‹?«
    Von Herzenburgs Bursche trat und schlug nach den Kindern, und endlich bekam er das Mädchen zu packen.
    »Ihr sollt Gott mehr gehorchen als den Menschen«,

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