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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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»Bring ihn zum Schweigen.« Von Torgau trat zu – und der Pfarrherr verstummte.
    Die Standarte der Grafschaft Herzenburg wehte über Zwiebeln und letzten Tomaten, und an Karottenkraut und Kohl labten sich die Pferde, als durch das Tor des Anwesens der Feldwebel an der Spitze einer bayrischen Rotte hereinmarschierte. Alle trugen gelbliche Rindslederkoller über den Brustharnischen, und alle waren mit Kisten, Körben und Bündeln beladen.
    Dem Feldwebel klemmte sein Karabiner unter dem rechten und ein schlaffes, aus dem Hals blutendes Ferkel unter dem linken Arm. Er und seine Männer wichen den Pferden aus und stampften durch die Blumen. »Unser Tagewerk geht voran, wie ich sehe?«, tönte er.
    Der Feldwebel hieß Johann Schneeberger und hatte eine vom Rauchen und Saufen heisere Stimme. Seine großen, haarigen Hände und seine blauen Hosen und braunen Stiefel waren blutig, um den Kolben seines Karabiners hing ein Tuch, auf dem unter Blut- und Schmutzflecken das Bildnis der Jungfrau Maria zu erkennen war. »Wir haben mächtig Gewinn gemacht, wenn mich nicht alles täuscht!« Schneeberger feixte und wirkte sehr zufrieden.
    »Wird Er wohl gleich aus den Blumen springen?«, fuhr von Herzenburg ihn an.
    Verdutzt äugte Schneeberger an sich hinunter, hastete dann aus dem Blumenbeet und winkte auch seine Männer zu sich auf den Weg. Vor seinem Rittmeister blieb er stehen. »Sollen wir die restlichen Häuser anzünden?«
    »Es wird nichts mehr angezündet.« Dem Rittmeister war die Lust aufs Fouragieren vergangen, er wusste selbst nicht, warum. Er musterte den feisten Feldwebel von den blutigen Stiefeln bis zum roten Federbusch seiner Schützenhaube, musterte das tote Ferkel, musterte den Karabiner und das Bildnis der Jungfrau Maria. War es Ekel, was ihn auf einmal würgte und seinen Mund verzerrte? »Er hat sich schmutzig gemacht, Johann!«
    »Oha!« Schneeberger sah erneut an sich hinunter. »Schweineblut. Ich habe eine Sau und ein paar Ferkel abgestochen. Steht uns nicht ein Sonntagsbraten nach vollendetem Tagwerk zu, Herr Rittmeister?«
    Maximilian nickte. »So ist es, Johann, wahrhaftig, so ist es.« Seufzend und mit einer müden, schon beinahe resignierenden Geste klopfte er dem Bajuwaren auf die Schulter. Dann wandte er sich wieder dem Haus zu.
    Sein glubschäugiger Cornet winkte ein paar Bayern herbei,die den Pfarrherrn und seine Frau packten. »Er will nicht reden, Max.« In von Torgaus Augen glitzerte es kalt. »Er will um keinen Preis verraten, wo er seine silbernen und goldenen Göttlein versteckt hält.«
    »Dir wird schon etwas einfallen, Mathes. Dir ist noch immer ein Mittel eingefallen, jemanden von seinen Dukaten erzählen zu lassen.«
    Der andere grinste, drehte sich um und lief den Soldaten und Pfarrersleuten hinterher.
    Maximilian ging zu seinem Schimmel. Von der anderen Fahrwegseite ritten sein Leutnant und dessen Bursche herbei. Der Leutnant, nach dem Rittmeister der zweite Mann in der Kompanie, gab seinen Bericht. »Ich habe befohlen, das Plündern zu beenden«, schloss er. »Es kann weder Gott noch dem Kaiser gefallen, wenn wir auf dem Weg nach Heidelberg jede Jungfrau schänden und jeden Flecken niederbrennen.«
    »So, meint Ihr?« Der Rittmeister führte seinen Schimmel aus dem Tor und sah zurück. Ein Corporal lehnte eine Leiter gegen das Haus und kletterte aufs Dach. Ein Seil hing um seine Schulter. »Dann lasst also die Männer sammeln und gebt Befehl, die Beute auf Wagen zu packen. Wir ziehen weiter die Bergstraße hinunter.«
    Drinnen, in der guten Stube, zerrten der Cornet und der Feldwebel den an Füßen und Händen gebundenen Pfarrherrn zum Kamin. Durch das offene Fenster reichten Soldaten Holz hinein. Der mit dem Seil kletterte zum Schornstein.
    Maximilian von Herzenburg stieg auf seinen Schimmel, der Leutnant hielt ihm den Zügel. Im Haus hörte man die Pfarrfrau heulen. Im Nachtbargehöft schrie ein Mann und blökte Vieh. Überall züngelnde Flammen und dunkler Rauch. Von Herzenburg legte den Kopf in den Nacken und blickte zum wolkenlosen Spätsommerhimmel hinauf. »Seht Euch die Mittagssonne an«, murmelte er wie zu sich selbst. »Sie strahlte schon so freundlich und warm über diesem hübschen Flecken, als wir noch auf demWeg hierher waren. Und genauso freundlich und warm wird sie herabstrahlen, wenn wir weitergezogen sind.« Halb spöttisch, halb wehmütig lächelnd schüttelte er den Kopf. »Rätselhafte Welt, Herr Leutnant, habe ich nicht recht? Rätselhafte Welt.«

5
    I n Neuenheim

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