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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Frechheit, wenn Ihr mich fragt!« Beifall heischend blickte er nach links und rechts.
    »Die Gesandtschaft aus der Stadt wollt’ scho’ am Nachmittag hier vorsprechen«, ergriff der Salzburger Obrist von Mortaigne das Wort. »Doch hat man da Torschlüssel vergess’n und konnt’ so desverriegelte Tor net öffnen.« Er mühte sich, ohne allzu breiten Dialekt zu reden. »Über a Stund’ hat’s ’dauert, bis man von Mosbach da Schlüssel aus’m Schloss bracht’ hat.«
    Alle Offiziere schmunzelten, auch von Herzenburg. Nur Tilly guckte noch strenger und schüttelte schon wieder den Kopf.
    »Inzwischen brennt die Vorstadt.« Maximilian von Herzenburg wagte es und ergriff das Wort. »Inzwischen haben wir uns den Zugang zur Stadt mit Schwert und Muskete erkämpft. Unsere Männer, so hört man, bestürmen bereits das Mitteltor vor der Alten Stadt. Ich frage mich, wie man sie noch zurückhalten will, Herr Graf.«
    »Des scheint mir die richtige Frag’ zu sein.« Von Mortaigne zog die Brauen hoch und lächelte müde. »Kann man a Sturmflut zurückhalt’n?«
    »Unmöglich!«, bekräftigte auch von Bernstadt. »Mehr als vierhundert Kameraden haben unsere braven Landsknechte im Kugelhagel und unter den Hieben der Kurpfälzer sterben sehen. Von den vielen Gefangenen und Verwundeten gar nicht zu reden! Wen wundert’s denn, wenn sie jetzt brennen vor Wut?«
    »Und erst die Kroaten und Kosaken«, sagte ein bayrischer Obristleutnant. »Die haben wir doch schon auf dem Weg durchs Reich kaum bändigen können!«
    »Man mög’ bedenken: Die Kroat’n war’ns, die sich über da Neckar g’wagt ham«, ergriff wieder von Mortaigne das Wort. »Sie war’n zuerst in da Stadt. Welcher Befehl könnt’ ihnen jetzt noch Züg’l anleg’n? Welcher ihnen gar die Plünderung verbiet’n?«
    Keiner hatte dem noch etwas hinzuzufügen. Tilly langte nach seinem Rosenkranz und stand auf. Während die Perlen durch seine Finger glitten, schritt er zweimal nachdenklich zwischen Tisch und Beichtvater auf und ab. Neben seinem Sessel blieb er schließlich stehen und richtete seinen ernsten Blick auf Ruepp. »Gut. Lasst van der Merven also Folgendes wissen.« Der Generalkommissar setzte sich an den Tisch, nahm einen Papierbogenund tauchte die Feder ins Tintenfass. »Drei Mal habe ich Ihn zur Übergabe aufgefordert«, fuhr Tilly fort. »Warum hat Er nicht eher Verhandlungen angeboten? Jetzt ist es zu spät, jetzt sind meine Soldaten ganz und gar in Furie geraten, sodass es unmöglich ist, sie zurückzuhalten.« Und an seine Offiziere gewandt: »Heidelberg steht den Männern zur Plünderung frei. Drei Tage lang, bis zum Sonntag.«
    Der General überflog das Antwortschreiben, unterzeichnete und versiegelte es. Danach drehte er sich zu seinem Beichtvater um. »Am Sonntagvormittag dann wollen wir die Heilige Messe in der Stadt hören. Die erste in der Heilig-Geist-Kirche seit schon viel zu vielen Jahren.«
    Der Salzburger Obrist von Mortaigne übergab das Schreiben dem Heidelberger Capitän und nannte ihm in knappen Worten den Inhalt. Von Mosbach und die Männer der Bürgerschaft zogen schweigend ab. Der Rittmeister aber eilte zur Pferdekoppel, wo sein Cornet Mathias von Torgau und seine Trabanten Simon und Conrad warteten. »Drei Tage Plünderung«, rief er ihnen zu, während er sich auf seinen Schimmel schwang.
    Gemeinsam jagten sie hinauf in den Hang des Gaisbergs, wo ihre Kompanie noch immer am Trutzbayer lag. Wie oft nach einem mühevollen Sieg und vor einer Plünderung beflügelte den Rittmeister eine beinahe euphorische Erregung. Und heute, nach der Belobigung durch den General, fühlte er sich gar, als wüchsen ihm wirklich Adlerschwingen. Oh ja, und dazu gab es ihn doch, den Krieg – um zu offenbaren, was in einem Mann steckte, um einen wirklich guten Mann nach oben zu bringen, immer weiter nach oben und schließlich ganz an die Spitze. Mochte der Herr Graf ihm doch gestohlen bleiben mit seinen Heiratsplänen! Jetzt herrschten der Krieg und die Gesetze des Krieges. Und unter dem Kommando seines Vaters kämpfen? Niemals!
    Tief über die Mähne seines Rappens gebeugt, blickte er auf die reiche Stadt am Fuß des Hanges. Bot es nicht einen schönen Anblick, das brennende Heidelberg mit seinen aufgebrochenen Toren? Das Geschrei aus der Vorstadt drang bis in den Wald hinauf, das Feuer darin hatte sich ausgebreitet. Bedauerlich nur: Es würde allerhand wertvolles Gut vernichten.
    »Heidelberg gehört uns«, verkündete er, als er wenig später vor

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